Oslo Der Prozess - Anders Behring Breivik 11

Gerichtsverhandlung Tagesbericht

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Donnerstag, 3.05.2012

11. Prozesstag


Beginn der Verhandlung um 09:00 nach fünf Tagen Pause.

Die Psychologen Terje Tørrissen und Agnar Aspaas legten eine Erklärung vor.
Sie sagten aus, dass sie durch Breivik für das Gutachten getäuscht wurden.
Dieses Gutachten hatte Breivik eine Persönlichkeitsstörung attestiert.


Korrektur 04.05.2012 21:28

Offensichtlich habe ich etwas missverstanden.

Die beiden Psychiater erklärten, sie seien nicht in die Irre geführt worden.

Quelle und s. mein Kommentar 4.05. 21:25, Entschuldigung, danke.


Es folgten Aussagen von Zeugen am Fähranleger Richtung
Utøya, ua. der Kapitän der Fähre und ein Wachmann,
Informationen der Polizei über Breiviks Bewaffnung.




Der erste Zeuge war Simen Brenden Mortensen, ein Wachmann am Fähranleger.

"Ich erinnere mich sehr verblüfft gewesen zu sein, dass Breivik in diesem grauen Lieferwagen kam. Er war sehr ruhig und ich bemerkte, dass er eine Waffe an einem Bein hatte."


Der Zeuge erklärte, dass er seine Kollegen auf der Insel benachrichtigte, dass ein Polizist übersetzen wolle. Die Fähre war zu diesem Zeitpunkt an Utøya, wurde aber für Breivik abgerufen.
Zur anderen Wache sagte, er beobachtete, dass Breivik Waffen klar machte, bevor das Boot ankam.

Mortensen sagte, er habe Breivik die Anmeldeinformationen abgefragt, als er eine Marke sah, die er um den Hals hängen hatte.

"Ich dachte daher, es sei ein Polizist", sagte Mortensen.



Breivik blickte direkt zum Zeugen Mortensen.



Mortensen erklärte, dass er beobachtete, wie Breivik und Monica Bosei, General Manager von Utøya auf der Insel standen und miteinander sprachen.


Der Zeuge schickte dann eine Nachricht an einen Freund auf Utøya, in der er mitteilte, dass ein bewaffneter Polizist auf dem Weg zu ihnen seien.

"
Ich hörte drei Schüsse. Und ich wusste, dass er Waffen hatte. Der erste Gedanke war, dass er die Waffe testete. Aber ich dachte, warum in aller Welt sollte er es tun. Es schien seltsam, aber es war mein Gedanke", sagte Mortensen.

"Nachdem wir Gewehrsalven gehört hatten, aus größerer Entfernung, sahen wir, dass Panik auf der Insel ausbrach, und wir fragten uns, was passiert ist", sagt Mortensen.
Er erklärte, dass etwa 15 Menschen am Fähranleger standen und herüber riefen.


"Die Nachricht war völlig klar: Es ist ein Polizist, der auf die Menschen schießt."

Breiviks Verteidiger fragte Mortensen, warum er glaubte, der Angeklagte sei ein echter Polizist.

"Es war das Abzeichen auf seiner Schulter. Auch sah ich als Anzeichen eine Marke, die an einer Kette um den Hals hing, die ich als legitime Polizei-Beweise wahrgenommen habe."

Gleichzeitig war er bewaffnet, was aber in Anbetracht des Bombenanschlags in Oslo nicht ungewöhnlich gewesen sei.

Der Kapitän kam nun in den Zeugenstand.
Der 48-jährige Vater von zwei Kindern, der Kapitän der MS Thorbjörn war, hatte über seinen Anwalt ausrichten lassen, dass er weder fotografiert noch interviewt werden möchte.
Sein Name wird nicht genannt.
Er war der Freund von Monica Bosei, welche als eine der ersten beiden Opfer auf Utøya erschossen wurde
.

"Wir sahen Fernsehbilder des Bombenanschlags im Regierungsviertels, als ich einen Anruf bekam, ich möge einen Polizisten nach Utoya übersetzen."

Er erklärte, dass sein Partner den Mann begrüßte, während er dabei half, die Ausrüstung zu verstauen.
Der Kapitän sagte, er habe es sich so erklärt, dass diese die Bomben-Such-Ausrüstung oder ähnliches sei.
Weiter erklärte er, dass er Breivik bat, das Gewehr, das er trug, zu verstecken, um nicht für Aufsehen auf der Insel zu sorgen.


Breivik suchte den direkten Blickkontakt zum Zeugen, wurde keines Blickes gewürdigt.


Der Zeuge sagte, er bekam eine SMS von seiner Tochter, die sich zu dieser Zeit noch auf Utøya, aber wohl in Sicherheit, befand.


Dann sei die Rede davon gewesen, Breivik hätte erwähnt, ihm würden noch zwei Polizisten folgen, was für den Kapitän bedeutete, er konnte nicht zurück zum Fähranleger.
Es war eine verzweifelte Stimmung an Bord, und sie erwarteten jeden Moment den Himmel voller Hubschrauber und die Bucht voller Boote zu sehen, doch nichts geschah.

Während sie mit der Fähre Richtung Norden flüchteten, retteten sie 9 Menschen das Leben.

Breivik saß die ganze Zeit über still und sah den Zeugen an.

Die Staatsanwältin Bejer Engh befragte den Kapitän:
"Weißt du noch, wie weit weg Breivik war, als er das erste Opfer erschoss?"
Er antwortet, dass es weniger als ein Meter gewesen sei und er Trond Berntsen rechts in den Rücken schoss.

"
Der Alltag nimmt uns mit. Es ist die Schule, wir haben Freunde. Meine Töchter vermissen ihre Mutter. Ich verbringe die meiste Zeit damit, darüber nachzudenken, ob etwas anders gemacht werden konnte", erklärte 48-Jährige.

Er sagte, er hätte niemals die Aussage verweigert, sondern dass er froh sei, sich vor Gericht zu äußern.



Die nächste Aussage im Gericht erfolgt über die forensischen Untersuchungen auf Utøya. Polizeidirektor Herr Dyvesveen von der Kriminalpolizei und der Polizeichef Trond Braaten Sand kamen in den Zeugenstand.

Staatsanwalt Holden merkte an, dass die folgenden Bilder sehr unangenehm sein werden.

Nach einer kurzen Pause verkündete Richterin Wenche Elisabeth Arntzen, dass die Bilder nicht übertragen werden, wenn sie mit Verstorbenen in Verbindung gebracht werden könnten.

"Die Mission von NCIS war die Arbeit vor Ort und die Identifizierung der Verstorbenen", sagte der Polizist.
Dyvesveen präsentierte Karten und Luftbilder von Utøya, auf denen erkennbar war, wo die Verstorbenen gefunden wurden.

"Der Angeklagte hatte eine große schwarze Kiste bei sich, als er auf der Insel ankam. Diese wurde mit Hilfe von anderen zum Haupthaus hinauf getragen. Zusätzlich trug Breivik eine schwarze Tasche."

Diese enthielt drei Gewehr-Magazine mit einer Kapazität von je 30 Patronen.
Und es gab eine 223-Kaliber-Pistole der Marke Glock und ein Gewehr der Marke Ruger (Das Mini-14 Rifle Ranch ist ein leichtes halbautomatisches Selbstladegewehr)mit 9mm-Parabellum-Patronen, sagte Dyvesveen, während er Illustrationen der Kartusche-Typen zeigte, und was mit ihnen geschieht, wenn sie ausgelöst werden.

Breivik hatte nach dem Anschlag noch 1036 Stück Munition übrig.

Es folgte eine Liste der kompletten Ausrüstung Breiviks.

Danach fuhr er fort mit den Beschreibungen, an welchen Stellen die Opfer und wie viele Patronenhülsen in ihrer Nähe gefunden wurden.

Die Bilder aus dem Inneren des Haupthauses werden nicht übertragen.
Sie wurden gemacht, nachdem die Toten nicht mehr im Gebäude waren, aber vor einer Reinigung.

Er sagte auch, dass einige Jugendliche mit einem Ruderboot fliehen wollten. Breivik feuerte so lange auf dieses Boot, bis es sank.

Immer mehr Fotos von Leichen und blutiger Kleidung werden gezeigt.

Für viele Anwesende ist das kaum zu ertragen.

Breivik betrachtete jedes einzelne Bild und zeigt keine Reue.

Die Opferanwälte schlugen vor, Fotos aus dem Leben der Opfer zu zeigen, wenn ab morgen die Obduktionsberichte vorgelesen werden.

Sprecherin Mette Yvonne Larsen: „Diese Obduktionsberichte sind klinisch und kalt, sie erzählen alles über den Tod der Opfer, aber nichts über deren Leben. Deswegen haben wir das Gericht darum gebeten, Fotos aus dem Leben der Opfer zeigen zu dürfen.



Der Bericht des NCIS ging jeden Fundort einzeln durch, nannte die Zahl der Opfer und die Zahl der treffenden Schüsse.

Wo stand Breivik, als er auf die Opfer schoss?

Antwort: "Er hat generell aus kurzer Distanz geschossen."

Die nächste Aussage von Polizeihauptmann Goran Dyvesveen aus dem NCIS erklärte die Festnahme des Angeklagten.

Zu diesem Zeitpunkt war die Glock mit 17-Schuss-Magazin nicht geladen, im Gewehrmagazin befanden sich in einem 30-Schuss-Magazin noch 8 Patronen plus 1 im Lauf..

Breivik wurde in die zweite Etage des Haupthauses verbracht und mehrere Stunden verhört.

Wände und Türen mit hunderten Einschusslöchern zeugten vom Tötungsrausch Breiviks.




I
nsgesamt wurden 92 Patronenhülsen gefunden und 374 nicht verwendete Kugeln aus der Pistole des Beklagten. Es wurden 97 Patronenhülsen und 765 nicht verwendete Kugeln aus dem Gewehr gefunden.

Man fand mehrere Kanister (oder doch nur einen?) mit einer Mischung aus Diesel- und Heizöl, verwendbar als Brandbeschleuniger zur Inbrandsetzung des Haupthauses.



Polizeidirektor Morten Stoen aus der NCIS kam in den Zeugenstand.
Er sprach über die Waffen und das benutzte Material.

Die Glock triebe die 9mm-Projektile mit einer Geschwindigkeit von 300-400 Meter pro Sekunde. Dies ist eine halbautomatische Pistole.
Das bedeutet, dass Sie nur noch den Auslöser drücken, wenn die Waffe geladen ist, sagte Stoen.

Die Waffe wurde mit einem Laserpointer ausgestattet, was keine weit verbreitete Ausrüstung sei.
Auf dem Gewehr wurden ein Bajonett und ein Laserpointer angebracht.

Diese Geräte dienen dazu, Ziele genau anzuvisieren und die Treffergenauigkeit zu erhöhen.

Breivik-Verteidiger Lippestad fragte, wie man einen Lasersucher an der Waffe befestigt. Der Experte erklärte, dass man es festmacht und dann über Versuche feststellt, ob der Laserstrahl dem Weg der Kugel entspricht.

So will Lippestad zeigen, dass Breivik zurechnungsfähig ist

.

Diese Ruger schießt Projektile mit Geschwindigkeiten von 800-900 Metern pro Sekunde ab.

Die Namen, die Breivik seinen Waffen gab, waren auf ihnen eingraviert.
"Mjölnir" mit Runen auf die Glock, (Hammer des Thor)
"Gungnir" in Runenschrift auf das Gewehr. (Speer des Odin)

Stoen erklärte, wie ein Schuss abgegeben werde.
"Einige der Kugeln haben die Tendenz sich nach dem Treffen zu verformen", sagte Stoen.

Die Projektile müssen eine Geschwindigkeit von 56 km/ = 16m/sec erreichen, um lebensbedrohlich zu verletzen.
Bis zu 1700 m Entfernung sind die abgefeuerten Kugeln gefährlich.

Der Techniker erklärte, dass die meiste Munition, die Breivik benutzte, im Körper des Getroffenen explodierte.


Breivik zeigte häufig ein Lächeln, als die Bilder von den Patronen zu sehen waren.




Anwältin Mette Yvonne Larsen fragte, ob einige der Kugeln bearbeitet wurden. Das bestätigte Stoen.
Es handelte sich um die übliche Jagdmunition auf dem norwegischen Markt.


Er wurde gefragt, warum der Angeklagte so viele verschiedene Arten von Munition besaß.
"Man kann sich vorstellen, dass er verschiedene Arten von Zielen hatte", antwortete der Polizist.


Stoen schätzte, dass 121 Kugeln aus dem Gewehr auf Utøya abgefeuert wurden. Dies beruht auf einer Berechnung dessen, was in der Lagerung und in der Ausrüstungs-Tasche gewesen sei.
"Es bedeutet, dass 29 Projektile fehlen in Bezug auf das, was wir gefunden haben, einige werden im Wasser gelandet sein", sagte er.

Es folgte die Befragung der Staatssekretärin im Ministerium für Verwaltung, Erneuerung und Kirche, Ingelin Killengreen zu den Ereignissen in Oslo.

Ihr Ministerium ist für die Regierungsgebäude zuständig.

"Zunächst waren die psychischen Folgeschäden des Anschlags tatsächlich so groß, dass man es nicht einzuordnen wusste. Es war unmöglich, sich dort aufzuhalten.
Es sei noch immer ein grundlegender Mangel an Vertrauen unter vielen Mitarbeitern.

Dies sei unabhängig davon, ob sie vor Ort waren, als die Bombe explodierte.
Sie fragen sich, ob es sicher ist, im Ministerium arbeiten.

Wir waren wirklich überrascht, wie schnell ein Hilfe-System in Gang kam. Im Nachhinein kann man sagen, dass ich überrascht bin, dass wir es geschafft haben, aber es war eine extreme Anstrengung.
Derzeit sind die meisten Ministerien in gemieteten Räumlichkeiten untergebracht.

Die Mitarbeiter der am stärksten betroffenen Departements sind noch immer schwer traumatisiert. Sie haben einen hohen Krankenstand und sie verwenden viel Zeit, um sich um einander zu kümmern.

Wir haben es tatsächlich geschafft, weiterzumachen.
Wenn Sie die Verwüstung gesehen hätten, so ist es fast unglaublich, wie die Abteilungen nach dem Terroranschlag weiter geführt wurden.
Hätte jemand vorher gefragt, wie so etwas funktionieren könne, hätte ich nie gedacht, dass es gut gehen würde, sagte sie.

Wir haben eine völlig andere Logistik als früher.

Die wirtschaftlichen Folgen betrügen für 2011 und 2012 600 Millionen Euro. Aber diese Zahl wächst ständig. Schätzungen gehen davon aus, dass diese Anschläge zwischen fünf und zehn Milliarden Dollar Kosten verursachen werden.

Killengreen möchte ausdrücklich betonen, dass viele in sich eine grundlegende Unsicherheit fühlen. Sie haben das Gefühl von Geborgenheit verloren.

Alle Ministerien seien auf Sicherheitslücken hin überprüft worden.

(Quelle: aftenposten.no)

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Geschrieben von

SuzieQ

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