Oslo Der Prozess - Anders Behring Breivik15/4

Gerichtsverhandlung Tagesbericht

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Mittwoch, 9.05.2012
15. Prozesstag, Teil 4, Zeugenaussage


Der nächste Zeuge ist Oddvar Hansen. Er nahm am 22.07.2011 Jugendliche in einem zivilen Boot mit.
Hansen sagt:" Der 22. Juli begann wie jeder andere Tag für mich. Es war ein ruhiger Tag auf der Arbeit. Ich sah die Tour de France im Fernsehen. Aber die Übertragung wurde von einem Bericht über das, was in Oslo passiert war, unterbrochen.
Als wir das sahen, kam mein Partner aus dem Keller und sagte, es hörte sich an als sei auf Utøya irgendetwas los.
Das Schießen wurde fortgesetzt.
Und dann sahen wir, dass die MS Thorbjörn eine Richtung nahm, die äußerst ungewöhnlich war.
Jens Stolberg sagte im Fernsehen, dass es auf
Utøya einen schwerwiegenden Zwischenfall gäbe.
Wir gingen hinunter zum Ufer und sahen, dass viele Menschen im Wasser waren.
Wir erkannten, dass das ein schlechtes Zeichen war. Ich sagte meinem Partner, dass ich mein Gewehr holen muss.
Es war ein Abwehrmechanismus.
Ich nahm das schnellste Boot. Wir wussten nicht, was uns erwartete, die Gedanken waren auf Hochtouren.
Reiulfs Boot war mitten in der Meerenge, mit vielen Menschen an Bord. Wir fuhren zu ihm und fragten, was passiert ist. Es gab einige Panik im Boot. Ich erkannte, dass etwas Schlimmes passierte auf Utøya.
Wir sahen noch zwei oder drei Boote, die vom Utøya-Campingplatz kamen.
Und wir sahen Jugendliche in alle Richtungen schwimmend flüchten.
Wir nahmen sie ins Boot.

Während wir diese Menschen aufnahmen, standen viele weitere an der Südspitze, die versuchten, zu uns zu schwimmen. Aber wir mussten eine Wahl treffen und beschlossen, jene zuerst aufzunehmen, die schon länger im Wasser waren.
Es gab viele schwierige Entscheidungen aufgrund dessen, was Breivik beschlossen hatte zu tun.

Hansen erzählt von einem Mädchen, das er ins Boot hob.
Währenddessen nahm ich einen Schuss ins Wasser wahr, nicht weit von unserem Boot. Ich gab Vollgas in Richtung der Insel. Wir waren nur 100-150 Meter vom Ufer entfernt.
Ich sah 20 bis 30 Personen im Wasser, und rund um die Schwimmenden schlugen die Kugeln ins Wasser.
Wir fuhren an Land und lieferten die Geretteten, die wir im Boot hatten, ab.
Einer von jenen, die wir am Pier trafen, fragte, ob wir die Polizei rufen könnten. Sie hatten Probleme mit dem Boot und kamen aus Storøya.
Dann gaben wir Vollgas Richtung Storøya.
Wir gingen zum Utvika-Campingplatz. Das Wetter und die Sicht waren schlecht.

Als wir ankamen, sahen wir, ca. 2 km von der Insel entfernt, die Polizei in einem offenen Boot, das sehr langsam fuhr. Es war überfüllt.

Vier der Polizisten sprangen in unser Boot. Es waren noch sechs Gefährten im anderen Boot. Wir wurden nach Utøya geleitet.

Mein Boot lief schneller als das andere Boot. Einer der Offiziere fragte, ob wir wissen, wo "er" ist, ob wir wüssten, welche Waffen "er" hatte.
Ich sagte, ich bin ziemlich sicher, dass er eine automatische Waffe hatte und dass ich auf der Insel bekannt bin.
Wir mussten damit rechnen, erschossen zu werden. Es war in der Folge hart, aber okay, dann. Wir hatten nicht wirklich Angst.
Es war eine ganz besondere Reise in unser eigenes Land, aber wir hatten keine Angst.


Hansen betont, dass er nichts vom Zorn gegen die Polizei halte.

Als wir am Pier anlegten, kam ein Kerl hinunter. Wir brachten ihn ins Boot. Sie drehten das Boot. Er war ein Junge, aber er musste warten. Aber wir spürten, dass er sicher ist, weil die Polizei da war.
Ich wusste, dass ich wenig Benzin an Bord hatte. Deshalb rief ich meinen Onkel an und bat ihn, uns Benzin zu bringen. Wir fuhren an Land und er brachte das Benzin.
Ich traf den Kapitän der MS Thorbjörn.
Er sagte, dass sein Partner erschossen wurde. Da lief es mir kalt den Rücken hinunter.
Ich hatte den Eindruck, der Kapitän sei geschockt und konnte nicht viel reden.
Es gab die ganze Zeit über Boote mit jungen Leuten vor der Insel. Manche fragten ganz hysterisch nach der Polizei, als sie schon sicher waren. Es war etwas ganz Besonderes.
Es war wirklich verrückt.
Es kamen immer mehr Kranken- und Polizeiwagen. Es gab einen großen Bedarf.

Ich nahm zwei Polizisten ins Boot. Einer war etwa 19 Jahre alt. Sie entschieden sich rund um die Insel zu fahren, in Richtung Norden.

Wir sahen jemanden am Wasser sitzen. Einer der Polizisten sagte: "Sie sind tot."
Sie wurden erschossen, dachte ich. Die beiden Polizisten sprangen an Land.
Dann sah ich fünf Tote.

Ich zog mich ein wenig zurück. Ich hatte Angst. Hätte mir ein Polizist gewunken, ich wäre nicht zu ihm gelaufen.
Wir wurden gebeten, ein wenig Abstand zur Insel zu halten, solange die Situation nicht geklärt ist.
Wir sahen, dass die MS Thorbjörn überladen war mit Menschen, die nicht verletzt wurden. Und es gab schon eine Menge Verkehr in der Luft.
Einer der Polizisten zielte auf die Insel. Wir erkannten, dass die Dinge noch immer nicht ganz geklärt waren.
Später am Abend sahen wir 7-8 Personen, die am Storøya starben. Bevor wir nach Hause gingen, liefen wir einmal um die Insel herum und sahen noch mehr Tote.
Danach fragten wir uns, ob wir die richtige Wahl getroffen hatten.
Aber es war besser, etwas, als gar nichts zu tun tun."


Staatsanwalt Svein Holden fragt, wie die Zeit vom 22 Juli bis heute gewesen ist.
"Der Zeitraum bis zum heutigen Tag ist durch Höhen und Tiefen geprägt. Es ist schwer, einen Sinn in dem, was geschehen ist, zu finden. Es waren junge Leute, auf die geschossen und die auf brutalste Weise getötet wurden. Es ist manchmal hart und schwierig gewesen. Es kann schwierig sein, einen Sinn im eigenen Leben zu finden",sagt Hansen.


Einer der Anwälte fragt nach den drei Mädchen, die zuerst abgeholt
wurden.
"Ich denke, dass sie Angst hatten. Sie unterhielten sich ein wenig. Und sie sagten, es sei ein Polizist gewesen, der geschossen habe", so Hansen.
"Wir hatten später noch Kontakt zu den Mädchen, da schienen sie soweit in Ordnung zu sein."

Wieviele Bootskundige haben geholfen, wird Hansen gefragt.

Hansen: "Es waren nicht mehr als zehn, bevor er verhaftet wurde."


Breivik wird gefragt, ob er die Zeugenaussage Hansens kommentieren möchte.

Er sagt, er hätte Warnschüsse abgegeben. Er hätte verletzen können, aber er hätte geschossen, um zu erschrecken.

aftenposten.no Tag 15

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Geschrieben von

SuzieQ

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