Oslo Der Prozess - Anders Behring Breivik 24

Gerichtsverhandlung Tagesbericht

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Ihre Freitag-Redaktion

Donnerstag, 24.05.2012

24. Prozesstag

Fünf Zeugen werden heute vor Gericht aussagen.

Der erste Zeuge ist Mathias Eckhoff (21). Er wurde von drei Schüssen getroffen und verbrachte etwa vier Wochen im Krankenhaus.

"Ich rannte aus dem Gebäude der Cafeteria bis zum Pumpenhaus. Viele Menschen waren dort. Ein Junge las news auf seinem Handy. Mehrere versuchten, die Polizei zu erreichen."

Staatsanwalt Svein Holden fragt, wie oft er schon im Camp auf Utøya war.

"Zwei Mal, 2010 und 2011."

"Was erlebtest du am Nachmittag des 22. Juli?"

"Wir waren im Cafeteria-Gebäude und sprachen über die Bombe in Oslo. Dann war da noch eine zusätzliche Sitzung für Menschen aus Oslo und Akershus, an der ich teilnahm. Nach der Sitzung suchten wir einen ruhigen Platz in der Nähe. Wir landeten in einer Ecke in der Küche. Dann hörten wir etwas, und jemand bat uns, hinein zu gehen. Drinnen hieß es: alle legen sich bitte auf den Boden. Ich fotografierte alles mit dem Handy, denn ich hatte keinen Zweifel, dass es ein Schuss war, den ich gehört hatte.

Wir flohen aus dem Gebäude durch den Speisesaal, durch die Tür, in den Wald, bis zur Klippe am Pumpenhaus. An Land sahen wir die Blaulichter der Polizeiautos. Wir saßen da und redeten und kamen so ein wenig ab von dem, was los war. Die Leute wurden nervös und dachten, wir redeten zu laut. Die social Medias rieten, Handys stumm zu schalten. Wir waren zwischen 15 und 30 Personen."

Auf Anfrage von Staatsanwalt Holden, sagt er, sie wurden damals nicht informiert, dass der Täter Polizeiuniform trug.

"Plötzlich erschien Breivik, in Polizeiuniform.

Er sagte, sie hätten den Täter noch nicht gefasst, aber es sei ein Rettungsboot in der Nähe, das er benutzen konnte, um uns in Sicherheit zu bringen.

Dann begann Breivik auf uns zu schießen. Ich hockte, als ich getroffen wurde. Ich spürte einen Schlag in den Oberschenkel, blickte nach unten und sah ein Loch in meinem Oberschenkel. Kurz darauf wurde ich auch in der Leistengegend getroffen. Dann lief ich zum Wasser lief und schwamm."

"Erkanntest du, als du schwammst, was dort am Pumpenhaus passierte?"

"Er stand da und schoss. Ich sah, dass er Vergnügen hatte."

"Hattest du mit einem der Getöteten dort Kontakt?"

"Abgesehen von Håvard Vederhus (AUF) nicht, er ist der einzige, an den ich mich erinnere. Dann traf ich einen anderen Jungen im Wasser. Ich sagte, ich wurde zweimal ins Bein getroffen. Er sagte, "es ist gut," und wir schwammen weiter. Die Schusswunden machten das Schwimmen schwierig. Ich konnte nur mit den Armen schwimmen, das Bein tat zu weh. Dann sahen wir zwei Mädchen, etwa hundert Meter vor der Insel. Im Fjord sahen wir mehrere Boote. In eins der Boote wurde ich gezogen und auf den Zeltplatz transportiert. Ich war der erste Verletzte, der an Land kam. In den ersten neun Tagen wurde ich elfmal operiert."

"Wie geht es dir heute?" "Es ist besser geworden, auch wenn es zu Fuß die Treppe hinauf noch schmerzt. Nach Angaben der Ärzte werden die Knochen vollständig heilen."

"Wie ging es dir nach dem 22. Juli?"

"Es ging überraschend gut, obwohl ich schon ein wenig Angst vor Geräuschen hatte. Ich bin ein bisschen unsicher, wenn mir Polizisten begegnen, vor allem wenn sie alleine kommen."

Verteidiger Lippestad fragt, wann Breivik am Pumpenhaus erschien. "Kannst du dich erinnern, in welchem Tonfall er sprach?"

"Er hatte eine kraftvolle Stimme, aber er schien ruhig und kontrolliert. Es dauerte maximal eine Minute von dem Moment, als Breivik erschien bis zu dem Moment, als er das erste Mal schoss."

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Der nächste Zeuge ist Mohamad Hadi Hamed (21). Er war mit seinem Bruder auf Utøya und wurde am Pumpenhaus zweimal angeschossen. Der junge Mann, gebürtig aus dem Irak, überlebte, lag aber zwei Monate im Koma.

ABB muss auf Antrag des Zeugen den Saal verlassen.

Hadi Mohamed Hameds linker Arm und linkes Bein mussten wegen der Schussverletzungen, die Breivik ihm zufügte, amputiert werden.

"Das Schlimmste sind die Phantomschmerzen. Ich bekomme quälende Schmerzen an Stellen, die nicht mehr Teil meines Körpers sind", sagte Hamed öffentlich im Januar.

Da der bestellte Dolmetscher nicht erschienen ist, wird für Ersatz gesorgt.

"Ich kann mich nicht genau erinnern, wann ich der AUF beigetreten bin, auf jeden Fall war es im Jahr 2010. Auf Utøya war ich zum ersten Mal. Zunächst gab es ein Treffen in der Großen Halle, bei dem es um die Explosion in Oslo ging. Nach dem Treffen gab es einige, die weinten, manche hatten Angst vor dem, was passiert war. Ich stand in der Cafeteria und sprach mit einem meiner Freunde. Dann hörten wir Geräusche, Schüsse. Vom Fenster aus sah ich, dass Menschen Richtung Camp liefen. Wir hörten Gewehrsalven.

Ich sah eine Person, die zum Café-Haus lief. Sie wurde getroffen und fiel zu Boden. Dann sah ich eine Person in Schwarz gekleidet. Er hatte Waffen in den Händen und ging ganz ruhig. Es gab noch vereinzelt Schüsse. Plötzlich sahen wir, dass die Fenster getroffen wurden. Als ich hörte, dass die Schüsse sich näherten, bedeckte ich meinen Kopf mit meinem Arm und rannte in Richtung Küche. Die Menschen schrien und weinten, niemand wusste, was er tun sollte.

Wir flohen gemeinsam und es ähnelte einer "Welle von Menschen". Ich sah Kinder laufen und dachte, dass ich mit ihnen gehe, dann müsste ich nicht allein sein. Ich lief ein wenig, aber es hatte geregnet, und es war viel Schlamm auf dem Boden, und ich rutschte aus. Ich stand auf und hatte Schmerzen, dachte aber in diesem Stress nicht viel darüber nach. Ich sah, dass einige Jugendliche sich am Pumpenhaus sammelten und folgte ihnen.

Dort versuchten viele zu Hause oder die Polizei anzurufen. Ich selbst gab mein Handy weiter, weil die Kommunikation etwas schwierig war.

Da gab es diese Explosion in Oslo, und ich überlegte, ob es eine Gruppe von Terroristen gewesen sei und ob sie jetzt nach Utøya gekommen waren. Alle sprachen ganz leise miteinander, um unseren Aufenthaltsort nicht zu verraten.

Dann hörte ich eine männliche Stimme, eine ruhige Stimme. Die Person, die sprach, war mit einer Polizeiuniform bekleidet.

Breivik sagte: "entspannen, es geht in Boote" oder etwas ähnliches, ich kann mich nicht genau erinnern. Als ich bemerkte, dass er in schwarz gekleidet war, erinnerte ich mich, dass ich einen solchen Mann schon vor dem Cafe gesehen hatte. Ich nahm an, er sei dieser Mann, dass er es war, der auf uns geschossen hatte. Ich sagte zu jemand, dass wir seine ID-Karte überprüfen sollten, um feststellen zu können, ob er ein echter Polizist ist. Ein paar Sekunden nachdem ihn einige daraufhin angesprochen hatten, begann Breivik zu schießen.

Ich versteckte mich zwischen Pumpenhaus und Wasser. Ich sah, dass er auf die Köpfe zielte und dachte, dass ich mich schützen könnte. Ich legte den Kopf auf den Boden und bedeckte ihn mit beiden Armen. Die Schüsse kamen immer näher. Plötzlich fühlte ich, dass er in der Nähe war. Ich dachte, "jetzt werde ich erschossen".

Der erste Schuss traf mich in den linken Arm, der nächste ins linke Bein. Dann bekam ich ein Pfeifen in den Ohren, und ich bemerkte, dass es sehr heiß in Arm und Bein war, bevor sie kalt und taub wurden.

Es war schwierig zu atmen, nachdem ich getroffen wurde, ich sagte laut, dass ich sterben werde. Ich glaube, Breivik hörte, dass ich noch am Leben war, denn ich merkte, wie seine Schritte näher kamen. Da hatte ich meinen Kopf noch auf dem Boden, so dass ich nicht weiß, was passierte.

Dann wurde ich von einem dritten Schuss getroffen.

Ich glaube, dass Breivik, als ich dort lag, nach mir trat.

Dann habe ich tief eingeatmet und den Atem angehalten, damit er denkt, ich sei tot. Breivik ging danach. Ich hörte ihn weggehen, bevor es ruhig war. Dann habe ich gemerkt, dass jemand neben mir gestorben war.

Ich konnte mich kaum bewegen, weil jemand auf mir lag.

Ich sah ein Boot in der Ferne und schrie um Hilfe. Ich sah überall tote Menschen um mich herum. Es war, als hätte es eine Explosion gegeben, und ich war der einzige Überlebende, ich dachte immer, es sei unmöglich, dass so etwas in Norwegen passieren könne, viel eher im Irak.

Das Boot näherte sich dem Pumpenhaus. Zur gleichen Zeit kam ein Junge zu mir. Er setzte sich neben mich. Ich fing an, ihm zu erklären, dass ich Luft brauchte, weil meine Lunge verletzt war. Der Junge holte ein Stück Tuch und wickelte es um mein Bein, um die Blutung zu stoppen. Er sagte zu mir, ich solle keine Angst haben, es käme Hilfe. Ich sah, dass das Boot näher kam.

Ich bekam Hilfe, um aufzustehen. Ich erinnere mich, dass ich starke Schmerzen im linken Bein hatte. Ich wurde in das Boot gebracht. Es gab ein Mädchen, das meinen Bruder kannte, sie sprach zu mir. Ich erkannte, dass sie es tat, damit ich nicht das Bewusstsein verliere.

Ich fragte nach meinem Bruder, und sie sagte, er sei in Sicherheit, und dass ich stark sein muss. Ich dachte, das Boot fährt schnell, weil die Wellen ans Boot schlugen, jedesmal schmerzte es besonders, wenn die Wellen das Boot trafen. Als wir ans Ufer kamen, sah ich viele Rettungsteams. Ich wurde auf eine Trage gelegt und mit dem Krankenwagen transportiert. Von dieser Fahrt weiß ich nicht mehr viel, aber ich erinnere mich an zwei Personen. Im Krankenhaus waren viele Ärzte um mich herum. Ich dachte, jetzt bin ich in guten Händen. Dann wurde ich ohnmächtig."

Hadi Mohamed Hamed wurde im Winter von König Harald und Königin Sonja im Krankenhaus besucht, wo er noch immer in der Reha ist. Hamed ist einer der Jugendlichen, die am schwersten verletzt wurden und überlebten.

Staatsanwalt Holden liest aus einem medizinischen Bericht von Hamed vor.

"Sein Zustand war instabil, als er ins Krankenhaus kam. Er hatte Schusswunden am Bauch, an der linken Schulter und am linken Oberschenkel. Magen, Leber, linke Lunge und Herz wurden verletzt. Er wurde mehrfach operiert. Die Schussverletzungen an der Schulter und am Oberschenkel führten dazu, dass der linke Arm und das linke Bein später amputiert werden mussten.

Wie war diese Zeit für dich?"

"Es war die schwerste Zeit meines Lebens."

"Wie geht es dir heute?"

"Ich kann nicht sagen, dass es ganz gut ist. Gleichzeitig kann ich sagen, dass ich eine Reise zu mir selbst begonnen habe. Ich glaube, ich muss weiter leben, und ich lebe mit einem Rollstuhl. Und dann denke ich an den Täter, wo er ist und wo ich bin, nach allem werde ich ein besseres Leben haben als er."

"Du hast mir gerade erzählt, was Breivik sagte, als er zum Pumpenhaus kam. Hast du gehört, ob er etwas mehr sagte, bevor er diesen Bereich wieder verließ?"

"Ich erinnere mich nicht, ich war nicht wirklich darauf konzentriert. Ich konzentrierte mich vor allem darauf, den Atem anzuhalten und so tun, als sei ich tot. Ich erinnere mich nicht, ob ich etwas hörte."

Verteidiger Lippestad fragt, ob Hamed mehr Details über das, was er hörte, als Breivik um das Pumpenhaus herumging, erzählen könne. "Ist es möglich zu sagen, ob du schnelle Schritte oder langsame hörtest?"

"Als er von oben kam, ging er langsam.. Doch nach der Schießerei konnte ich mich nicht konzentrieren. Ich erinnere mich, dass er auf mich schoss und dass er zurückkam, um ein drittes Mal auf mich zu schießen."

Lippestad liest aus Verhören vor, in denen Hamed bezeugte, dass es ihm so erschien, als wolle der Täter ihn hinrichten, genau so wie auch die anderen jungen Menschen, die er schon getötet hatte.

"Als er dorthin kam, waren wir unbewaffnet, es war klar, wer als einziger bewaffnet war. Ich bin aus dem Irak und habe Videos von Hinrichtungen gesehen, wo die Menschen gebunden sind. Wir waren an diesen Ort gebunden. Wir waren unbewaffnet und konnten nirgendwo hin, und er kam und richtete die Jugend hin."

"War Schwimmen nicht ein möglicher Fluchtweg?"

"Ich fühlte mit meiner Hand, dass das Wasser sehr kalt war. Ich wusste, ich würde nicht in der Lage sein, rüber zu schwimmen, dass ich wahrscheinlich Krämpfe bekäme. Als er kam, dachte ich, wenn ich ins Wasser spränge, wäre ich ein leichteres Ziel."

"Wie ist der Alltag im Krankenhaus?"

"Am Anfang war es schwer für mich zu verstehen, dass ich als Person halbiert worden war, nachdem ich sowohl den linken Arm als auch das linke Bein verlor. Da ich im Koma lag, waren die ersten zwei Monate, als wäre ich taub am ganzen Körper, die Muskeln waren sehr schwach. Zunächst wurde ich von der Familie und Pflegern gefüttert, und mein erstes Ziel war, mich selbst ernähren zu können. Das gelang mir. Seitdem setze ich mir immer neue Ziele. Es gibt nicht das große Ziel, aber jedes Mal, wenn ich ein Ziel habe, muss ich es erreichen.

Anfangs hatte ich Angst, auszusagen, wenn der Täter dabei sitzt. Ich dachte, wenn ich hierher komme, und der Täter sitzt hier mit diesem Grinsen vor mir, wird es für mich noch schlimmer. Das hätte sehr weh getan. Aber jetzt bin ich entspannt. Ich habe keine Angst."

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Der nächste Zeuge ist Einar Bardal (16). Er wurde von einer großen Anzahl Projektilfragmente (etwa 150) getroffen, nachdem eine der Kugeln, die Breivik abfeuerte, einen Felsen traf, in dessen Nähe er sich versteckte.

Holden fragt Bardal nach seinen Erfahrungen am 22 Juli.

"Wir besuchten eine Sondersitzung im Café, bei der es um die Bombe in Oslo ging. Uns wurde empfohlen zu bleiben, da die Insel der sicherste Ort sei. Ich sah eine Menschenmenge laufen. Dann ging ich raus und sah eine tote Frau auf dem Boden liegen. Da erkannte ich, dass etwas falsch war.

Wir flohen in Richtung Pumpenhaus. Ich rief Mama an und sagte, dass jemand auf Utøya schießt. Die Polizei ist auf dem Weg, wir können schwimmen, wenn wir müssen. Und: Ich liebe dich. Es war ein kurzes Gespräch. Wir entschlossen uns, weiter zu fliehen, am Ufer entlang zur westlichen Spitze von Utøya.

Ich versteckte mich am westlichen Ende. Plötzlich hörte ich ein lautes pfeifendes Geräusch in meinem Kopf. Ich stand auf, dort wo ich lag, kniete mich hin und weinte, "ich wurde getroffen", und sagte, dass ich jemanden brauche, der meiner Mutter sagen wird, dass ich sie liebe. Ich spürte, wie das Blut von meinem Gesicht tropfte.

Dann sah ich ein Boot in der Nähe. Ich erinnere mich nicht, ob ich Schüsse hörte. Aber ich sah das Boot, dass es umdrehte und schnell verschwand. Ich hatte viele "seltsame Gedanken", als ich dort lag. Ich war froh, alle Harry-Potter-Filme gesehen zu haben, bevor ich ins Camp ging.

Ich sah einen Hubschrauber über uns, es waren auch mehrere Boote auf dem Wasser. Ich glaube, jemand aus dem Boot rief, der Täter sei gefasst. Fünf andere und ich wurden an Bord eines Bootes genommen, als wir an Land kamen, war es etwa 20:00."

"Was passierte an Land?"

"Ich hatte keine Schmerzen oder so etwas. Ich wurde zunächst zu einem Krankenwagen gebracht. Nach 15 Minuten kam ich mit einigen anderen in einen Hubschrauber.

Ich habe immer noch mehrere Fragmente der Kugel im Körper. Die Ärzte sagten, sie werden vom Körper verkapselt, es sei denn, ich würde eine Veränderung bemerken. Physisch ist es für mich in Ordnung, und ich merke nichts von den Verletzungen."

"Wie geht es dir ansonsten?"

"Es ist ziemlich gut, und die ersten acht Monaten ging es ganz gut in der Schule, in den letzten Wochen bekam ich ein wenig mehr Angst und Konzentrationsschwierigkeiten. Aber jetzt ist es wieder ganz in Ordnung."

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Die nächste Zeugin ist Cecilie Herlovsen (17). Sie wurde angeschossen, als sie an der Südspitze von Utøya war. Cecilie Herlovsen sah ihre Freundin Andrine Bakkene Espeland auf Utøya sterben. Sie verlor einen Arm wegen ihrer Schussverletzungen.

'Zunächst hatte ich damit zu kämpfen, aber es wird immer besser. Ich habe gelernt, damit umzugehen, und habe viele Techniken gefunden, die mir helfen", sagte sie im Vorfeld.

"Ich war im Café-Gebäude, als ich die ersten Schüsse hörte. Es gab einige Verwirrung. Ich stand in der Ecke an einem Fenster der großen Halle. Dann sah ich, dass er dort ging. Ich erinnere mich, wie er sich umdrehte und stoppte. Ich bin mir nicht sicher, ob er zielte und feuerte oder einfach schoss, jedenfalls herrschte Chaos. Ich lief davon.

Dann gab es einen großen Knall, ich schätze, es war eine Tür, die eingetreten wurde. Ich fragte mich, ob das ein Scherz sein sollte oder ob es ernst war.

Ich floh zum Pumpenhaus. Ich war kaum am Pumpenhaus vorbei, als es hieß, sich in den Büsche zu verstecken. Ich legte mich hin und blieb dort für eine ganze Weile. Wir bewegten uns ein wenig weiter den Hang hinauf. Dann sahen wir eine Gruppe im Wald, es waren Jugendliche. Ein Freund war auch dabei.

Wir liefen den Weg entlang und waren unsicher, ob wir stoppen oder weiter laufen sollten, dann ging es weiter bis zur Südspitze. Wir saßen da und trösteten uns gegenseitig, doch dann schaute ich hoch und sah, dass er auf uns zu kam. Ich hatte ihn vor der Cafeteria gesehen und erkannte ihn.

Er kam zu uns und begann zu schießen.

Der erste Schuss traf mich über dem rechten Knie. Dann gab es einen Schuss, der mich am rechten Handgelenk traf. Ich schaute auf meinen Arm und er sah nicht aus, als sei er meiner. Mir wurde gesagt, dass der nächste Schuss in die Schulter traf, aber ich erinnere mich nicht.

Ich lag mit dem Kopf auf dem Boden, als ich den Schlag fühlte und ein Pfeifen in den Ohren begann. Ich glaubte, wenn ich ruhig atmete, denkt er vielleicht, dass ich tot bin. Aber ich begann zu hyperventilieren. Ich lag da und hoffte, dass er aufhören würde, auf mich zu schießen. Nach einer Weile merkte ich, dass es ruhig war.

Ich setzte mich an einen Baum. Ich sah meinen Freund mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden liegen. Ich sah keine Verletzungen, aber ich begriff, dass er tot ist. Ich bin nicht sicher, wie lange ich dort saß, als zwei Polizisten kamen. Ich fühlte mich so lange nicht sicher, bis sie ihre Waffen sicherten und mit Erster Hilfe begannen. Ich weiß, dass ich müde war und dass ich wusste, wie schlecht es um mich stand."

"Du hast erklärt, dass du Breivik erkanntest und dass er feuerte. Hat er etwas gesagt?" fragt Holden.

"Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, er sagte etwas wie 'Ist er hier gewesen, weißt du, wohin er ging'"

"Bei der polizeilichen Vernehmung sagtest du, dass er sagte: "Hast du ihn gesehen, war er hier?"

"Ja, das ist richtig."

"Wie beurteilst du sein Verhalten?"

"Am Anfang, am Haupt-Gebäude, schien er bestimmt. Aber als er zu uns kam, war er unkonzentriert. Er sprach zu uns, war aber an einer Antwort nicht interessiert."

"Woher stammt dein Eindruck?"

"Es war die Art, wie er fragte, der Tonfall der Stimme. Die Fragen kamen schnell nacheinander. Es schien, als sei er nicht daran interessiert, ob er eine Antwort oder keine Antwort bekommt."

Holden liest aus einem Arztbericht vor. Herlovsen wurde in den rechten Unterarm geschossen, in die rechte Schulter und den rechten Teil des Gesichts. Die Schulter wurde "im Wesentlichen zerstört", der rechte Arm musste am Ellbogen amputiert werden.

"In der Schule ging es gut, es gab ein paar Anpassungsschwierigkeiten."

"Wie geht es dir mental?"

"Ich bin erschöpft, und ich kämpfe um ein wenig Schlaf, habe ein bisschen Angst. Abgesehen davon, geht es mir gut. Eine weitere Operation an der Schulter ist geplant."

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Die nächste Zeugin ist Ingela Heie (18). Sie war auch an der Südspitze, als sie von Breivik zweimal angeschossen wurde.

"Seit ein paar Jahren bin ich Mitglied der AUF und war zum ersten Mal auf Utøya. Ich saß im Zelt, als ein Junge kam und sagte, dass ich an einer Informationsveranstaltung in der Cafeteria teilnehmen soll. Ich ging dorthin und erfuhr von der Bombe in Oslo. Wir saßen da und warteten auf weitere Informationen, riefen zu Hause an, wir erfuhren, dass es mindestens einen Toten gab.

Ich ging zu einem Freund, um ihn zu trösten, und war auf dem Weg durch den Speisesaal, als Breivik erschien. Es dauerte ein paar Sekunden, bevor wir verstanden, dass jemand schießt. Dann gab es Panik, schreiende Menschen. Ich wurde in den Flur geschoben, wo ich meinen Freund traf. Wir rannten aus dem Gebäude. Viele sprangen aus dem Fenster. Viele weinten. Wir rannten und rutschten einen Abhang hinunter und liefen hinter das Pumpenhaus, wo schon eine Gruppe von Menschen war.

Wir trösteten uns gegenseitig und wechselten uns im Weinen ab. Wir wussten nicht, wer es tat, nur, dass jemand es tat. Also liefen alle Leute in den Wald. Ich saß dort eine Weile, als jemand hinter mir schrie: "Jetzt kommt er." Wir liefen so gut es ging den Weg entlang. Wir liefen vorbei an einer Gruppe von Menschen, vielleicht zehn, ich weiß es nicht genau. Es war ruhig, so dass ich dachte, sie sind tot. Ich hielt an und schrie, bis jemand mich anstieß und sagte, ich müsste weiterlaufen.

Ich rannte bis zur Südspitze, dort setzte ich mich hinter ein Gebüsch."

"War schon jemand da, als du kamst?"

"Ja. Es gab eine Gruppe von Menschen, die im Wasser saßen."

Sie erwähnt die Namen von einigen der anderen, die dort waren.

"Mehrere riefen zuhause an. Ich sagte, es gibt jemanden, der auf uns schießt. Als ich sprach, sagten welche , "jetzt ist die Polizei hier."

Ich drehte mich um und sah die schwarze Kleidung und eine auf mich gerichtete Pistole. Ich verstand, dass er mich jetzt töten wollte.

Ich erinnere mich nicht, wie viele Schüsse es waren, aber Breivik kam um den Baum herum auf mich zu und schoss mir in den Arm, ein Schuss, der auch den Kopf streifte. Das war der schlimmste Schmerz, den ich je hatte.

Ich lag da und hoffte, dass er weitergeht. Ich schrie, und als er erkannte, dass ich nicht tot bin, schoss er mir in den Kopf. Ich hörte den Ton, und dann war ich bewusstlos.

Als ich aufwachte, sah ich Breivik weggehen.

Ich war müde und legte mich schlafen, obwohl ich wusste, dass man nicht schlafen darf, wenn man eine Kopfverletzung hat. Ich wachte auf, als die Polizei kam und uns Erste Hilfe gab. Sie sprachen mit mir und fragten nach meinem Namen. Nach einer Weile kam ein Boot, und ich wurde hinein gelegt. Ich merkte, ich kann mich bewegen.

Ich sah einen Toten im Wasser, aber ich weiß nicht, wo es war. Wir fuhren auf die andere Seite. Ich wurde in eine Decke gehüllt und in einen Krankenwagen gebracht. Ich erinnere mich, dass ich in einen Hubschrauber stieg. Das nächste, an das ich mich erinnere ist, dass mir im Krankenhaus die Kleidung aufgeschnitten wurde. Ich bekam so viel Schmerzmittel, dass ich einschlief. Ich habe noch viele kleinere Stücke der Kugel im Kopf.

"Wie geht es dir mit den Verletzungen?"

"Ich habe Kopfschmerzen, jeden Tag. Ich weiß nicht, was es ist, aber es ist noch nicht vorbei. Der Arzt meint, ich werde sie für immer behalten. Es ist, wie es ist, aber ich nehme den Kampf auf.

Am Anfang erschreckte mich jedes laute Geräusch. Es hat lange gedauert, bevor ich wieder ich selbst war, aber es wird, langsam aber sicher.

Ich habe den Geruchssinn verloren, weil die Kugel einen Nerv durchtrennte. Die ganze Zeit sagt jemand: "Riecht ihr das?" Oder "es riecht gut," und ich wünschte, ich könnte es auch riechen. Es ist sehr langweilig. Ich bin 18 Jahre alt, ich will leben.

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Staatsanwalt Svein Holden liest aus einem ärztlichen Attest vor, dass die Verletzungen von Benjamin Eriksen (16), der in den Bauch geschossen wurde, dokumentiert. Eriksen überlebte, ist aber kein Zeuge vor Gericht.

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Das Gericht macht eine Pause. Danach hat Breivik die Möglichkeit, etwas zu den Aussagen zu sagen. Breivik bekommt das Wort und bittet um einen Aufschub bis morgen, aber Richterin Arntzen sagt, heute sei angemessen. Diejenigen, die den Gerichtssaal vor seinem Kommentar verlassen wollen, bekommen dazu die Gelegenheit.

Breivik sagt, er habe zwei kurze Bemerkungen zu dem, was gestern gesagt wurde und zwei allgemeine Anmerkungen zu den Richtern.

"Es gab Vorwürfe, dass ich auf Utøya etwas sagte wie "wo zum Teufel ist er?" Ich habe nicht geflucht. Es wurde missverstanden, dass ich nach Eskil Pedersen suchte, aber ich sagte, dass die Menschen nicht weglaufen sollten und fragte "Wo ist der Terrorist?". Es ist auch nicht richtig, dass ich auf Utøya lächelte. Es heißt auch, dass ich vor Gericht keine Emotionen zeige. Das ist Absicht. Ich verwende darauf viel Energie, obwohl die Dinge für mich ein bewegendes Erlebnis sind, verberge ich es. Ich bin müde. Heute fühle ich mich geistig von diesen Zeugenaussagen verletzt."

Mehrere Menschen im Saal verhöhnen ihn nach diesem Kommenatr.

Breivik spricht auch über eine mögliche Berufung. Sein Ziel sei es, seine Nachricht, eine Ideologie, die Basis der "Aktion" zu vermitteln, wie er es nennt ist.

"Leider wird meine Erklärung nicht ausgestrahlt, aber der Text wird übertragen. Bis jetzt gab es nur eine minimale Beleuchtung des Falles. Es gibt jetzt für mich keinen Grund, erneut zu appellieren. Das werde ich erst tun, wenn ich für gesund befunden werde. Das sage ich allein an die Richter."

Richterin Wenche Arntzen fragt die Fachleute, ob sie Fragen an Breivik haben.

Haben sie nicht.

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Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

SuzieQ

never ever perfect

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