Der französische Ökonom Thomas Piketty hat etwas sehr Unwahrscheinliches geschafft: mit einer dicken Schwarte über die Geschichte der Ungleichheit einen Bestseller zu schreiben. Pikettys Grundthese lautet in etwa so: Solange Einkommen aus Vermögen schneller wächst als Einkommen aus Arbeit – wie es in Westeuropa seit Langem der Fall ist –, muss die Ungleichheit zwangsläufig zunehmen. Doch er hat auch untersucht, wie Kriege,Katastrophen und Großkrisen in der Vergangenheit immer wieder zu einer Verringerung von Ungleichheit geführt haben. Könnte das auch durch die Corona-Pandemie der Fall sein?
der Freitag: Herr Piketty, wie schätzen Sie die Corona-Pandemie im Vergleich zu anderen Seuchen in der Geschichte ein?
Thomas Piketty: Die pessimistischsten Modellschätzungen der möglichen Todesopfer dieser Pandemie – also ohne jegliche Intervention – liegen bei etwa 40 Millionen Menschen weltweit. Das entspricht etwa einem Drittel der Todesopfer der Grippe-Pandemie von 1918, bereinigt um die Bevölkerungszahl. Was in diesen Modellen aber fehlt, ist die Ungleichheit: also die Tatsache, dass nicht alle sozialen Gruppen in gleicher Weise betroffen sind und auch nicht alle Länder, ob reich oder arm. Dies zeigte sich bei der Grippe von 1918, als in den USA und Europa 0,5 bis 1 Prozent der Bevölkerung starben, in Indien aber 6 Prozent. Ich finde es schockierend, dass auch die Corona-Pandemie ein hohes Maß an Ungleichheit offenbart: Ein Lockdown in einer großen Wohnung ist nicht dasselbe, wie wenn man obdachlos ist.
Sind die westlichen Gesellschaften heute ungleicher als 1918?
Das Niveau der Ungleichheit, das wir heute sehen, ist viel niedriger als das vor einem Jahrhundert. Im Grunde ist das meine Botschaft: Ich bin ein Optimist. Dieser Fortschritt ist das Ergebnis politischer Bewegungen, die dafür gekämpft haben, den Wohlfahrtsstaat und progressive Steuersysteme aufzubauen und unser Eigentumssystem umzugestalten. Im 19. Jahrhundert war Eigentum heilig, unantastbar, dann wurde es allmählich entweiht. Heute haben wir ein viel besseres Gleichgewicht der Rechte von Eigentümern, Arbeitnehmern, Verbrauchern und lokalen Behörden. Das bedeutet einen völligen Wandel in unserer Vorstellung von Eigentum, einhergehend mit einem breiteren Zugang zu Gesundheit und Bildung.
Zugleich ist die Ungleichheit heute größer als in den 1980ern. Ist also eine Korrektur erforderlich?
Ja, die richtige Antwort auf diese Krise wäre die Wiederbelebung des Sozialstaates im globalen Norden und die Beschleunigung seiner Entwicklung im globalen Süden. Dieser neue Sozialstaat würde ein gerechtes Steuersystem und ein internationales Finanzregister einfordern, was ihm ermöglichen würde, die größten und reichsten Firmen in dieses System hineinzuzwingen. Das gegenwärtige Regime des freien Kapitalverkehrs, das in den 1980er und 1990er Jahren unter dem Einfluss der reichsten Länder – insbesondere in Europa – errichtet wurde, fördert die Steuerhinterziehung durch Millionäre und multinationale Unternehmen. Es hindert arme Länder daran, ein gerechtes Steuersystem zu entwickeln, was wiederum ihre Fähigkeit untergräbt, einen Sozialstaat aufzubauen.
In Ihrem Buch „Kapital und Ideologie“ beschreiben Sie, dass auch Schocks wie Kriege und Pandemien solche Korrekturen bewirken können. Zugleich könnte man vermuten, dass extreme Ungleichheit selbst eine Ursache für solche Schocks ist.
Ich glaube, da ist etwas dran, ja. In dem Buch habe ich argumentiert, dass die beiden Weltkriege weitgehend das Ergebnis der extremen Ungleichheit waren, die in den europäischen Gesellschaften vor dem Ersten Weltkrieg herrschte – sowohl innerhalb dieser Gesellschaften als auch international, aufgrund ihrer Anhäufung von Kolonialvermögen. Diese Ungleichheit war nicht nachhaltig, und sie verursachte den Zusammenbruch dieser Gesellschaften. Aber das geschah auf unterschiedliche Weise: im Ersten Weltkrieg, den russischen Revolutionen, der Grippe-Pandemie von 1918. Die Pandemie traf die ärmeren Schichten der Gesellschaft wegen des fehlenden Zugangs zur Gesundheitsversorgung besonders, und sie wurde durch den Krieg noch verschärft. Das Ergebnis dieser kumulativen Schocks war eine Stauchung der Ungleichheit im Laufe des nächsten halben Jahrhunderts.
Zur Person
Thomas Piketty, 49, ist ein französischer Ökonom, der an der École d’Économie de Paris lehrt. Sein Buch Das Kapital im 21. Jahrhundert, das im französischen Original 976 Seiten dick ist und 2013 erschien, wurde ein Bestseller. Piketty versuchte darin zu zeigen, dass seit dem 19. Jahrhundert das Einkommen aus Kapital stärker steigt als das aus Arbeit, was zwangsläufig zu wachsender Ungleichheit führe. Kapital und Ideologie, sein neues Buch, erschien im März 2020 auf Deutsch
Das Hauptbeispiel in Ihrem Buch dafür, dass eine Pandemie eine Korrektur bewirkt, ist die Pest im 14. Jahrhundert.
Es gibt seit Langem die Theorie, dass das Ende der Leibeigenschaft mehr oder weniger eine Folge der Pest war. Man ging davon aus, dass mit dem Tod von bis zu 50 Prozent der Bevölkerung in einigen Regionen die Arbeitskraft knapp wurde und die Werktätigen sich dadurch mehr Rechte sichern konnten. Tatsächlich ist die Sache komplizierter. An einigen Orten verstärkte die Pest sogar die Leibeigenschaft: Gerade weil die Arbeitskräfte knapp wurden, wurden sie für die Landbesitzer wertvoller, die dadurch mit noch härteren Mitteln versuchten, ihrer habhaft zu werden. Natürlich haben Schocks wie Pandemien, Kriege oder Finanzcrashs Auswirkungen auf die Gesellschaft. Aber welcher Art diese Auswirkungen sind, das hängt von den Theorien über die Geschichte und die Gesellschaft ab, denen die Menschen anhängen – mit einem Wort: von ihrer Ideologie. Es ist immer die Folge einer massiven sozialen und politischen Mobilisierung, wenn Gesellschaften sich in Richtung Gleichheit bewegen.
Könnte die Corona-Pandemie den Weg zu einem partizipatorischen Sozialismus ebnen, wie Sie ihn vertreten?
Es ist noch zu früh, um das zu sagen, gerade weil Pandemien so widersprüchliche Auswirkungen auf die politische Mobilisierung und politische Ideologien haben können. Ich denke, dass sie zumindest die Legitimität der öffentlichen Investitionen im Gesundheitswesen stärken wird. Aber sie könnte auch ganz andere Folgen haben. In der Geschichte haben Pandemien manchmal zu Rassismus und dazu geführt, dass eine Nation sich nach außen abgeschottet hat. In Frankreich sagt die rechtsextreme Politikerin Marine Le Pen, dass wir nicht zu schnell zur Freizügigkeit in der EU zurückkehren sollten.
Was ist mit der öffentlichen Verschuldung, die als Folge dieser Pandemie in die Höhe schießt – werden die Regierungen nicht gezwungen sein, zu handeln, um diese wieder abzubauen?
Ja, das ist wahrscheinlich. Wenn es zu einer sehr hohen Staatsverschuldung kommt, wie es in Europa und den USA derzeit der Fall ist, muss man unorthodoxe Lösungen finden, weil die Rückzahlung einfach zu erdrückend und langsam ist. Die Geschichte bietet uns dafür zahlreiche Beispiele. Im 19. Jahrhundert, als Großbritannien seine Schulden aus der napoleonischen Zeit zurückzahlen musste, besteuerte es im Wesentlichen die unteren und mittleren Klassen, um Anleihen an die Gläubiger aus der Oberschicht zurückzuzahlen. Dies funktionierte, weil, zumindest zu Beginn des 19. Jahrhunderts, nur reiche Leute wählen konnten. Heute wäre so etwas wohl nicht mehr möglich ... Nach dem Zweiten Weltkrieg hingegen fanden Deutschland und Japan eine andere und meiner Meinung nach bessere Lösung. Sie besteuerten vorübergehend die Reichen. Das funktionierte sehr gut, sodass die beiden Länder ab Mitte der 1950er Jahre ohne öffentliche Schulden mit dem Wiederaufbau beginnen konnten. Not macht erfinderisch. Es könnte zum Beispiel sein, dass die Europäische Zentralbank, um die Eurozone zu retten, einen größeren Teil der Schulden der Mitgliedstaaten übernehmen muss. Wir werden sehen.
Das könnte die Europäische Union nachhaltig verändern.
Wir sollten uns nicht auf eine Krise verlassen, um die Probleme zu lösen, die wir sowieso lösen sollten, aber es könnte ein Anstoß zur Veränderung sein. Die EU ist durch den Brexit zersplittert. Das Problem ist folgendes: In einer EU mit Freihandel und gemeinsamer Währung, aber ohne soziale Ziele kommt die freie Mobilität des Kapitals den mobilsten und reichsten Bürgern zugute, während sich die Mittel- und Unterschichten zunehmend von dem Projekt Europa entfremden. Wenn wir die Freizügigkeit erhalten wollen, muss sie mit einer gemeinsamen Steuer- und Sozialpolitik einhergehen, zu der auch gemeinsame Investitionen in Gesundheit und Bildung gehören. Auch hier ist die Geschichte lehrreich. Der Aufbau eines Wohlfahrtsstaates innerhalb eines Nationalstaates war bereits eine große Herausforderung. Es bedurfte einer Einigung zwischen Arm und Reich und eines großen politischen Kampfes. Ich denke, dass es möglich ist, dies auf transnationaler Ebene zu wiederholen, aber es wird wahrscheinlich zuerst in einer kleinen Anzahl von Ländern geschehen müssen. Ich hoffe, das ist möglich, ohne dass die EU zerbricht.
Wird diese Krise zu einer De-Globalisierung führen?
Ich denke, dass das in einigen strategischen Bereichen, wie der medizinischen Versorgung, passieren wird, schon nur um besser auf die nächste Pandemie vorbereitet zu sein. Aber damit das in größerem Rahmen geschieht, muss noch mehr Druck entstehen. Im Moment ist es unsere ideologische Entscheidung, null Prozent Zölle auf den internationalen Handel zu erheben, denn die Befürchtung ist, wenn wir anfangen, die Zölle zu erhöhen, wo wird das dann enden? Das ist das klassische konservative Argument der Gefahr einer schleichenden Ausweitung. Aber wir müssen aus dieser Zollfrei-Mentalität herauskommen, und sei es nur, um für globale Bedrohungen wie den Klimawandel und Pandemien zu bezahlen
Kommentare 17
Sehr guter Mann! Er kann komplexe Sachverhalte hervorragend zusammenfassen und einfach verständliche, klare Schlussfolgerungen formulieren.
Ich finde, uns - der Menschheit - rennt ganz einfach die Zeit davon. Wir benötigen eine sozialistische Revolution in Europa (und darüber hinaus) zur Bewältigung der zahlreichen großen Probleme, vor denen wir stehen. Mit Klein-Klein und ein paar Versuchsballons bei Einzelthemen wird das nichts mehr. Und die Chance für solche umwälzenden Veränderungen wird nun bald kommen! Wenn selbst der deutsche Michel versteht, dass ein Weiter-so einfach nicht mehr möglich ist.
Danke an Thomas Piketty für seine Bemühungen immer wieder aufzuzeigen, dass gerechtere und nachhaltigere Lösungen möglich wären.
"Ja, die richtige Antwort auf diese Krise wäre die Wiederbelebung des Sozialstaates im globalen Norden und die Beschleunigung seiner Entwicklung im globalen Süden. Dieser neue Sozialstaat würde ein gerechtes Steuersystem und ein internationales Finanzregister einfordern, was ihm ermöglichen würde, die größten und reichsten Firmen in dieses System hineinzuzwingen. Das gegenwärtige Regime des freien Kapitalverkehrs, das in den 1980er und 1990er Jahren unter dem Einfluss der reichsten Länder – insbesondere in Europa – errichtet wurde, fördert die Steuerhinterziehung durch Millionäre und multinationale Unternehmen. Es hindert arme Länder daran, ein gerechtes Steuersystem zu entwickeln, was wiederum ihre Fähigkeit untergräbt, einen Sozialstaat aufzubauen."
Staatsverschuldung ist ein Pseudoproblem. Der Staat Deutschland exisiert seit zig Jahrzehnten mit einer riesigen Staatsverschuldung und nichts dramatisches passiert. Außer Gejammer über Staatsverschuldungen.
>>Sehr guter Mann! Er kann komplexe Sachverhalte hervorragend zusammenfassen und einfach verständliche, klare Schlussfolgerungen formulieren.<<
Kann er eben nicht. Er walzt auf 800 Seiten aus, was seit 150 Jahren die Spatzen von den Dächern pfeifen. Und debei vermeidet er peinlichst, auf das Ding an sich zu sprechen zu kommen, nämlich dass es zwei unterschiedliche Gruppen von Menschen sind, zwischen denen der Kampf um die Verteilung läuft, weil sie völlig unterschiedliche Voraussetzungen haben, ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Die einen arbeiten, die anderen lassen arbeiten.
Wer Piketty lesen will, sollte Kaufmann/Stützle lesen. Die schaffen es, auf 100 Seiten im halben Format die Inhalte von Pikettys Wälzer wiederzugeben und noch eine Kritik zu formulieren.
"Die Chance" macht von allein leider gar nichts.
Naja! Entgegen dem Eigenlob vieler Politiker gibt es in Deutschland aber noch viele Verbesserungspotentiale für die Pandemiebekämpfung.Und es wird noch viele Schritte zur Lockerung des Lockdowns geben, die insbesondere bei denen Empörung hervorrufen, diese nicht als Erste auf den Marktplatz getragen haben - insbesondere wenn es kein bayerischer Marktplatz war!
https://www.freitag.de/autoren/sigismundruestig/die-corona-krise-1
Und wer soll das alles bezahlen?Bisher galt zwar, dass in schlechten Zeiten - wie z.B. in der Finanzkrise 2007/2008 - die Super-Reichen und die Banker, aber nicht die Bedürftigen und die Supermarkt-Kassiererinnen gerettet wurden, die Bedürftigen, aber nicht die Super-Reichen dafür zur Kasse gebeten wurden. Aber können Politiker nach Corona nur noch für die oberen 10% Politik machen und die anderen mit Almosen still halten?Da die Superreichen in Deutschland bisher noch keinen sichtbaren und nachhaltigen Beitrag zur Corona-Krise geleistet haben - anders als die vielen Kranken- und Altenpfleger, Supermarkt-Verkäuferinnnen und -Verkäufer, Mitarbeiter in Gesundheitsämtern, Polizeidienststellen uva - ist die Einforderungen eines Beitrags im Rahmen einer Reichen-Vermögenssteuer sowie einer Reichen-Einkommenssteuer längst überfällig! Und zwar nicht die nach heutigen Steuergesetzen „Reichen“, sondern die wirklich Reichen.Da muss man dann schon klotzen: Reichen-Einkommenssteuer von 70%, Reichen-Vermögenssteuer von 10%! Und zwar nicht einmalig, sondern jährlich so lange, bis die Krise auch finanziell überwunden ist. Danach gerne reduzieren, z.B. Reichen-Einkommenssteuer auf 60%, Reichen-Vermögenssteuer auf 5% in Anbetracht der künftigen Herausforderungen (Demografischer Wandel, Klimawandel, Ausbügeln der neoliberalen Fehlentwicklungen,...). Und dass in diesen Post-Corona-Zeiten weiterhin Milliarden-Vermögen praktisch erbschaftssteuerfrei an die nachfolgende Generation weitergereicht werden können, sollte dann auch nur noch eine ungute Erinnerung an die Ante-Corona-Zeiten sein.
Ein kleiner Hinweis für Deinen anpassungsfähigen Kapitalismus:
Ein besonderer Hinweis gilt den neoliberalen Demokratie- und Gesellschaftszerstörern. Wir erinnern uns hoffentlich noch, was diese seinerzeit zur Finanzkrise beigetragen haben, auch wenn damals die notwendigen Schlussfolgerungen im Nachhinein nur halbherzig gezogen wurden.In dieser Krise haben sie dazu beigetragen, unser medizinisches System auf einen Stand zurückzufahren, der uns heute Probleme bereitet. Und wäre ihnen das CORONA-Virus nicht dazwischen gekommen, hätten sie unaufhörlich und unbeirrt weiter an dieser Schraube der behaupteten Ineffizienz unseres medizinischen Systems gedreht. Die einschlägigen Think Tanks wie z.B. die Bertelsmann-Stiftung haben das ja laut genug artikuliert. Und die Demokratiezerstörer hätten weiterhin "Bedenkenträger" in die Ecke gestellt, mit dem Königsargument der neoliberalen Weisheit, dass vergleichbare Volkswirtschaften wie Italien, Spanien, UK und die USA doch mit weit weniger Krankenhausbetten oder gar Intensivbetten auskommen als wir! Geht Neoliberalismus noch eindrucksvoller und widerwärtiger?Übrigens hatte 1985 die damalige CDU/„C“SU/FDP-Regierung unter Kohl begonnen, die Gesetze zu ändern, die es bis dahin untersagten, mit Krankenhäusern Gewinne zu erwirtschaften! Die Krankenhäuser wurden zum Geschäftsmodell. Nicht mehr das gesundheitliche Wohlbefinden stand im Mittelpunkt, sondern die Rendite. Nicht mehr die Behandlung von multimorbiden, meist älteren Menschen, von Kindern bzw. Geburten standen im Mittelpunkt, sondern lukrative Behandlungen wie Hüftoperationen etc. Danke Konservative! Danke Liberale!Und wenn diese Schlauberger bald wieder aus Ihren Corona-Schutzräumen kommen - wie vereinzelt bereits FDP-Lindner, CDU-Merz, „C“SU-Dobrindt - und uns ihre altbackenen Vorschläge wie z.B. auch Wachstums- und Globalisierungsfetischismus aus der Ante-Corona-Zeit wieder für die Post-Corona-Zeit andienen wollen, dann lasst uns diese Zunft endlich in den Orkus jagen! Diesmal aber bitte nicht halbherzig!
Ich habe nicht einen Feudalismus 2.0 herbeigeredet. Aber Sie werden ihre Gründe dafür haben. Warum verraten Sie uns diese nicht?
"Warum verraten Sie uns diese nicht?"
Wollen Sie die wirklich wissen? Was immer sich goalive dabei gedacht hat, viel kann's nicht gewesen sein.
Wer übersieht, dass Feudalismus den Interessen und Tendenzen des Kapitals zuwider läuft, qualifiziert sich nicht gerade für eine treffende Kritik an Piketty.
Wie Thomas Piketty sehe auch ich in den Zeiten von Corona einen Prozess der Verdichtung und Verstärkung. Die Dinge, die für Menschen mit Sehkraft bereits zuvor wahrnehmbar waren, sind es durch Covid 19 noch stärker geworden.
Vor allem gilt dies meines Erachtens für die Trennlinien zwischen Schein und Sein. Ich denke an die unzähligen Initiativen, die im März wie Pilze aus dem Boden schossen. Sportvereine und andere entdecken urplötzlich Ihr Herz für die als "Risikogruppen" Etikettierten. Sobald mediale Aufmerksamkeit erzeugt war, ließ die - herbeigeredete - Solidarität schnell nach. Lobende Erwähnungen in der Presse, Beiträge in Funk und TV wirkten offenbar motivationshemmend. Zum Schluss wurde der "schöne Schein" durch journalistische Verschwurbelungen ohne Realitätsbezug aufrechterhalten. Die Initiativen waren spätestens Ende Mai beendet.
Menschen, die bereits vor Corona sozial und finanziell in den Allerwertesten gekniffen waren, sind es auch jetzt.
Meine subjektives Fazit: wir leben in Zeiten grosser SCHEINheiligkeit. Oder wie Piketty sagt: in Zeiten schockierender Ungleichheiten. Die Frontlinien verlaufen an vielen Stellen: Nord-Süd, Weiss-Farbig, Reich-Arm, mit Bildung- ohne Bildung. Auch innerhalb der einzelnen Segmente. Nichts ist zwangsläufig. Auch weiße Menschen mit Bildung auf der Nordhalbkugel sind massiv von Ungleichheit bedroht.
Möge sich Piketty seinen Anflug an Optimismus (er spricht von "Chancen") bewahren. In meinem Alter verbieten sich solche Torheiten. Die Lebenserfahrung spricht dagegen.
Was mich zum Optimisten treibt, ist die Tatsache, dass die da oben auch nur mit Wasser kochen, also sterblich sind, deren Kinder auch eine lebenswerte Welt in der es Sauerstoff, Nahrung und die Schöpfung gibt, einfordern. Die Kinder der Bonzen laufen eben auch bei fridays for future mit!
Positiv stimmt auch, dass Menschen durch den Lockdown über die Werte nachdenken. Das ist die Mehrheit - glaub ich. Dass auch viele digital fake-news Überreizte um ihre Pfründe fürchten und deshalb die Wut auf der Strasse äußern, ist von der Demokratie auszuhalten. Dass es der abscheulichen Fleischmafia endlich an den Kragen geht, freut mich auch. Dass die Diversität der Nahrung im Angebot steigt, zeigt mir, inwieweit die Bürger begriffen haben, dass je besser die Immunität eines Menschen funktioniert, um so resistenter das Virus bekämpft wird. Hier hat das Angebot, quasi den Markt gesteuert, der jetzt doch mehr auf bio und bewusste Ernährung setzt.
Die Menschen sind nicht so blöd, wie Obrigkeit glaubt. Der soziale Friede der hier gelebt wird zeigt, dass vernommen wird (vernehmen-Vernunft) wie wichtig das tragen von Atemschutzmasken bei einer Tröpfcheninfektion wirkt.
Der soziale Zusammenhalt hier ist enorm und steht zumindest geschlossener - als die Abwehrreihe des 1. FC Nürnberg.
Aber auch dort - hoff ich morgen auf einen Verbleib in der zweithöchsten Klasse
..."deren Kinder auch eine lebenswerte Welt in der es Sauerstoff, Nahrung und die Schöpfung gibt, einfordern. Die Kinder der Bonzen laufen eben auch bei fridays for future mit!"...
Eben nicht, die "Bonzen" rechnen damit dass ihre Enkel mit der Space X - Rakete zum Mond oder MARS abheben, ein Scherbengericht hinterlassend...
Wobei ich davon ausgehe das sie ganz schoen auf die Nase fliegen, das Problem ist nur wenn du deine Billionen dafuer ausgibts hier abzuhauen fehlen dann hier wieder ein paar Billionen den Planeten zu retten.
..."Musk says he's going to space because "there's nothing more exciting than being out there among the stars”, while Bezos' ambitions are fueled by a belief that "we will run out of energy” on Earth."...
Bezos ist grad mit Amazon der reichste und Musk ist grad der reichste Autohersteller...
;-)
Net schloofe Chuwawa
Also Bezos und Musk bei allem Geld - stehen für materiellen Grössenwahn und Selbstüberschätzung. Glauben Sie die würden sich selber in ihre eigene Space X setzen und sich hochschiessen lassen auf den Mars...? Das wär eigentlich die Lösung - da könnten sie Donald auch gleich mitnehmen...
Es sind leider immer die anderen, die für ein one way ticket vorgesehen sind. Selbst die Bonzen im Silikon Valley verbieten ihren Kindern den Umgang mit dem Smartphone. Sie mißtrauen ihrer eigenen Technik.
Alles von der Wall Street überbewertete Schaumschläger meiner Meinung. Diese Ideale sind für unsere Jugend gottseidank out...
...und ob die Börse tatsächlich die ökonomische Realität abbildet, bezweifle ich auch.
..."Glauben Sie die würden sich selber in ihre eigene Space X setzen und sich hochschiessen lassen auf den Mars...? "...
Das ist deren Plan, sonst würden Sie den Kram nicht finanzieren. ¿Logik?, Schwierig...
...ist ja das Problem dieses erodierenden Finanzsystems. Sind so viele überschüssige Dollar in wenigen Händen im Spiel, dass Billionen Kapital in so viel Unsinn investiert wird - bis der Ballon wieder platzt...
...hat mit Rheinischem Kapitalismus nichts zu tun...
..."ist ja das Problem dieses erodierenden Finanzsystems. Sind so viele überschüssige Dollar in wenigen Händen im Spiel, dass Billionen Kapital in so viel Unsinn investiert wird - bis der Ballon wieder platzt...
...hat mit R (r)heinischem Kapitalismus nichts zu tun"...
Und was hat das mit mir zu tun?
Bitte auf meine Kommentare Antworten wie ich das bei Ihnen auch tue.
Danke
Zitat: "Die multikulturelle Gesellschaft ist hart, schnell, grausam und wenig solidarisch, sie ist von beträchtlichen sozialen Ungleichgewichten geprägt und kennt Wanderungsgewinner ebenso wie Modernisierungsverlierer ..."
Da vertauscht jemand aber Ursache und Wirkung und ich bin es nicht. Wenn man "multikulturell" durch "kapitalistisch" oder "neoliberal-marktwirtschaftlich" ersetzt, dann wird ein Schuh draus. Der Satz muss also richtig heißen:
Die kapitalistische Gesellschaft ist hart, schnell, grausam und wenig solidarisch, sie ist von beträchtlichen sozialen Ungleichgewichten geprägt und kennt Wanderungsgewinner ebenso wie Modernisierungsverlierer ...
Nationalisten, Neoliberale, Konservative und Pseudo-Sozialdemokraten bejubeln seit Jahren ein Wirtschaftssystem, das bei begrenzten natürlichen Ressourcen auf der Profitmaximierung durch die Ausbeutung von Menschen und Natur beruht. Gleichzeitig beschweren sich Nationalisten, Neoliberale usw. dann darüber, dass Menschen, die nichts mehr zum Fressen haben, dorthin "wandern", wo es etwas zum Fressen gibt.
Ist das nicht extrem verlogen bzw. schizophren oder ist das einfach nur strunzdumm?
>>Das könnte die Europäische Union nachhaltig verändern ... << Meine Kritik an den Mängeln der verschiedenen Wirtschaftssysteme ist eher begrenzt. Mich ärgert einfach, wie selbstverständlich die explodierende Wirtschaftskriminalität, Steuerbetrug, Kapitalverbrechen usw. unter der Rubrik "Wirtschaft" verharmlosend "geduldet" werden. Für derartige Verbrechen sollten nicht Wirtschafts- oder Finanzminister zuständig sein, sondern die Justiz-Behörden.
Das könnte nicht nur die EU, sondern die Weltwirtschaft verändern ... nachhaltig!