Das Ende von Affirmative Action für Schwarze: Ein bitterer Vorgeschmack
Meinung Der Supreme Court hat entschieden, dass „race“ bei der Zulassung zu US-Universitäten nicht mehr berücksichtigt werden darf. Das Urteil ist fatal. Ginge es wirklich um fairen Zugang für alle, könnte man beim Kriterium „Kind von …“ anfangen
Die Polizei räumt den Platz vor dem Supreme Court in Washington
Foto: Anna Moneymaker/Getty Images
Affirmative Action, wie wir sie kennen, ist offiziell vorbei. Der Oberste Gerichtshof der USA hat diese Woche entschieden, dass race bei der Zulassung zu Universitäten nicht mehr berücksichtigt werden darf. Und nur um das klarzustellen: Die Fördermaßnahmen als Ganzes werden nicht abgeschafft, sondern nur der Teil, der sich auf race bezieht.
Affirmative Action war schon immer umstritten. Doch zwei aktuelle Fälle, die Harvard und die University of North Carolina (UNC) betrafen, haben sie endgültig zu Fall gebracht. Das Gericht entschied gegen beide Universitäten und gab einer Organisation namens Students for Fair Admissions Recht, die argumentierte, die Berücksichtigung von race bei Zulassungen an amerikanischen Universitäten stelle einen Versto
ersitäten stelle einen Verstoß gegen Titel VI des Civil Rights Act von 1964 dar – jenen Teil also, der Diskriminierung aufgrund von race, Hautfarbe oder nationaler Herkunft verbietet.„Racial Segregation“ wurde erst Mitte der 1950er verbotenEs ist ziemlich offensichtlich, warum race innerhalb der gezielten Fördermaßnahmen so wichtig ist. Erst Mitte der 1950er Jahre wurde die racial segregation an Schulen (zumindest auf dem Papier) endgültig verboten. Viele glauben, gezielte Fördermaßnahmen sei einfach nur ein „Freifahrtschein“ für schwarze Hochschulstudent*innen. Dabei haben Frauen, Menschen mit Behinderungen und andere historisch marginalisierte Gruppen davon profitiert, dass gesetzlich anerkannt war, dass Umstände, die sich ihrer Kontrolle entziehen, sie von diesen Einrichtungen ausschließen können.Doch ähnlich wie bei der Sozialhilfe, dem sozialen Wohnungsbau und anderen Sozialprogrammen, die für alle Bedürftigen in den USA geschaffen wurden, wurden schwarze Studierende zu Aushängeschildern für diese Maßnahmen.Das vielleicht schlimmste Ergebnis dieser rassistischen Stereotypisierung ist die Art und Weise, wie Schwarze und Asiat*innen erfolgreich gegeneinander ausgespielt werden. Der rassistische Diskurs über Affirmative Action lehrt asiatische Studierende, sie würden bei der Zulassung zu Hochschulen gegenüber schwarzen Studierenden benachteiligt. Der Mythos von der vorbildlichen Minderheit, die sich an die Regeln hält und aus eigener Kraft hochgearbeitet hat, hat viele asiatische Amerikaner*innen zu Kompliz*innen der als Fairness getarnten Strategie der weißen Vorherrschaft gegen Schwarze gemacht.„Ein großer Tag für asiatische Amerikaner“, kommentierte Yukong Zhao„Heute ist ein großer Tag für asiatische Amerikaner und alle Amerikaner“, kommentierte Yukong Zhao, Präsident der Asian American Coalition for Education, die Entscheidung des Gerichts gegenüber der BBC. „Dieser Entscheid wird die Leistungsgesellschaft bewahren, die das Fundament des amerikanischen Traums ist.“Zhao greift hier nach etwas, das es einfach nicht gibt. Die amerikanische Leistungsgesellschaft ist ein Mythos, der von den Mächtigen erfunden wurde, um ihre Rolle bei der Ungleichheit zu entschuldigen. Arbeite hart, und du kannst alles haben, was du willst. Aber was sie eigentlich sagen wollen, ist: Ignoriere alle sozio-politischen Realitäten, die das Leben für einige Menschen schwieriger machen, damit wir nicht darüber reden müssen, was es für andere einfacher macht. Oder was beides untrennbar miteinander verbindet.Wenn es wirklich darum ginge, dass die Menschen sich ihren Platz verdienen, warum ist dann race der einzige Faktor, der als Sündenbock herhalten muss? Denn es geht um Folgendes: Es gibt noch ganz andere Formen gezielter Fördermaßnahmen: Zulassungen aufgrund familiärer Verbindungen, für Sponsoren, für Sportler und andere mehr. Eine Studie aus dem Jahr 2021 hat ergeben, dass fast die Hälfte aller weißen Studenten in Harvard entweder Sportler waren, Eltern hatten, die Alumni waren oder Geldgeber oder sie waren Kinder von Harvard-Mitarbeitern. Nur 57 Prozent der weißen Harvard-Studenten wurden aufgrund eigener Verdienste aufgenommen. Doch irgendwie entscheidet der Supreme Court zwei Jahre später, dass dieselbe Schule nicht auf Vielfalt achten muss? Ich bitte Sie.Selbst Richter Clarence Thomas, Gegner der Affirmative Action, profitierte davonAber natürlich wäre dies keine amerikanische Geschichte, wenn die Leute, die an der Abschaffung der positiven Diskriminierung gearbeitet haben, nicht auch diejenigen wären, die am meisten davon profitieren. Und niemand hat mehr von der Antidiskriminierungsgesetzgebung profitiert (sowohl bei der Hochschulzulassung als auch außerhalb) als weiße Frauen. Weiße Frauen haben seit der Einführung des Begriffs „Affirmative Action“ im Jahr 1935 weitaus größere soziale Fortschritte gemacht als jede andere Minderheit, und doch gehören sie nach wie vor zu den schärfsten Gegnern dieses Gesetzes.Selbst Richter Clarence Thomas, der seit langem gegen Affirmative Action ist und schrieb, sie sei „offenkundig verfassungswidrig“, ist selbst ein Nutznießer. Er konnte froh sein, in Yale aufgenommen zu werden und dort zu studieren, als sich die Universität in den 1970er Jahren der Affirmative-Action-Bewegung anschloss und sich um schwarze Studierende bemühte, die etwa 10 Prozent der neuen Studenten ausmachten. Das nenne ich Heuchelei.In ihrer abweichenden Meinung ging Richterin Ketanji Brown Jackson darauf ein, welch offensichtliche Dummheit es ist, Affirmative Action im Hinblick auf race zu verbieten, insbesondere angesichts des gegenwärtigen Zustands der Beziehungen zwischen unterschiedlichen ethnischen Gruppen im Land.„Obwohl die formalen rassistisch bedingten rechtlichen Schranken weggefallen sind, spielt race für die Lebenserfahrungen aller Amerikaner auf unzählige Arten eine Rolle, und das heutige Urteil macht die Dinge schlimmer, nicht besser“, schrieb sie.Und als ob der künftige Zustand der Hochschulbildung nicht schon deprimierend genug wäre, dürfen wir das große Ganze nicht vergessen. Die Entscheidung über die positive Diskriminierung fällt in eine Zeit, in der verschiedene Gesetze zum Schutz der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft schrittweise abgebaut werden, darunter das Recht auf Abtreibung, Waffenschutz, Wahlrecht und sogar das Recht auf verschuldensunabhängige Scheidung.Diese Bestrebungen, die Autonomie der Frauen zu beschneiden und die Rechte von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zu unterdrücken, sind keine Anomalien – sie sind ein bitterer Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird.