Wir-Klimaretter.de: Nach Kopenhagen ist scharfe Kritik an den Ergebnissen des Gipfels laut geworden. Was ist eigentlich schlimmer: Dass die Reduktionsziele bis 2020 im Kopenhagen-Papier fehlen oder dass die Ergebnisse nicht rechtlich verbindlich sind?
Christoph Bals: Der erste Entwurf, der ausgeteilt wurde, hätte ja in einem Jahr zu einem rechtlich verbindlichen Abkommen geführt. Das gegen die USA und China durchzusetzen, wäre ein großer Durchbruch gewesen! Doch diese Stärke hat sich die EU dann skandalöser Weise abverhandeln lassen. Ein anderes großes Problem sind die fehlenden Ambitionen. Die Ziele sind zu gering.
Moment, es gibt doch noch gar keine Ziele für 2020!?
Es gibt eine Tabelle – bislang mit Orientierungswerten. Im Januar sollen dort dann die richtigen Zahlen eingefügt werden.
Wer macht das?
Das entscheidet jedes Land für sich. Das ist eine der großen Schwächen bei der Struktur dieses Abkommens: Jedes Land kann freiwillig dort etwas eintragen.
Die EU hat diesen Vorschlag mitgetragen.
Ich hätte der EU empfohlen, das Abkommen in dieser Form nicht zu unterschreiben. Sie hat drei Kriterien genannt, die einen Deal ausmachen: Das ist erstens das Zwei-Grad-Limit, zweitens die Reduktionszahlen passend zu diesem Ziel, und drittens, dass das Ergebnis rechtlich bindend ist. Sie hat das Zwei-Grad-Ziel in unverbindlicher Weise bekommen, die Reduktionszahlen fehlen, und rechtlich verbindlich wird es auch nicht. Das ist schlicht und einfach zu wenig.
Hätte die EU geschickter verhandeln können?
Die EU hat große strategische Fehler gemacht. Sie hätte den ganzen Prozess stark voranbringen können, wenn sie am Anfang zumindest ein 25-Prozent-Reduktionsziel ohne Bedingung akzeptiert hätte. Für den Fall eines Abkommens hätte sie dann mehr ankündigen sollen und außerdem notwendige Langfrist-Finanzierungszusagen, zum Beispiel für Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern.
Also hat die EU eine Chance verpasst?
Ja, sie hat gepokert, anstatt eine Dynamik zu erzeugen. Letztlich war sie beim Deal zwischen den USA und den Schwellenländern dann nicht mehr dabei und konnte ihre Pokerkarten gar nicht mehr einsetzen.
Es war „viel Druck im Kessel“, wie es auf dem Verhandlungsparkett immer wieder hieß. Der ist nun raus. Wer könnte neue Impulse geben?
Ich denke da zum Beispiel an die kleinen Inselstaaten. Deren Existenz wird durch das nicht beschlossene Abkommen in Frage gestellt.
Christoph Bals ist politischer Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation
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