Der 14. Februar markiert den zehnten Jahrestag der Annahme der Nationalen Aktionscharta, einer Plattform für demokratische Reformen. Im Jahr 2001 wurde dieses Projekt von den Wahlberechtigten in Bahrain fast einstimmig angenommen, um vom absoluten Königtum zur konstitutionellen Monarchie voranzuschreiten. Dieses Kapitel in Bahrains Geschichte sollte Jahrzehnte der autoritären Herrschaft, des Ausnahmezustands und der Unterdrückung politischer Aktivisten beenden. Die Ergebnisse dieser Transformation sind sehr uneinheitlich – es gibt heute mehr den äußeren Anschein als den Tatbestand einer Demokratie. Dennoch wollte der Staat den diesjährigen Jahrestag der Aktionscharta für ein pompöses Spektakel nutzen, um die Herrscherfamilie zu legitimieren. Überall fanden Meetings und Feiern statt, waren Hochglanzanzeigen und Plakate zu sehen.
Für oder gegen den Staat
Durch Zufall fiel diese Zurschaustellung des Regimes mit Demonstrationen und weitreichenden Umbrüchen in der arabischen Welt zusammen. In Bahrain wurden seit August 2010 mehrere hundert politische Dissidenten und Menschenrechtsaktivisten verhaftet. Der Staat tat, was in seiner Macht stand, um Regierungskritiker als subversive Elemente darzustellen, besonders galt das für die „Gruppe der 25 schiitischen Dissidenten“. Man wollte der Opposition zu verstehen geben – sie habe die Wahl, könne „entweder für den Staat oder gegen ihn“ sein. Weite Teile der bahrainischen Gesellschaft empfanden diese Alternative als das, was sie war, der Hintergrund für umfangreiche Verhaftungen, die den autoritären Charakter des Staates dokumentierten.
Der sich um so mehr herausgefordert fühlt, seit die Aufstände in Tunesien und Ägypten die politische Sphäre der arabischen Welt völlig verändert haben. Bahrainische Online-Aktivisten riefen unter diesen Umständen für den 14. Februar auf Social-Networking-Seiten zur „Revolution in Bahrain“, was Tausende erhörten. Die linke Al-Wa’ad-Partei unterstützte die Demonstrationen offen, die schiitische Allianz al-Wifaq befürwortete sie zumindest, und die Mehrheit der Demonstranten rekrutierte sich aus jungen Bahrainern ohne politische Bindung.
Tote am Pearl Square
Die Demonstranten verfolgten die Strategie, an vielen Orten gleichzeitig Präsenz zu zeigen, um so die Sicherheitskräfte zu zerstreuen. Gefordert wurden eine von einem gewählten Gremium ausgearbeitete Verfassung und die Freilassung der politischen Gefangenen. Die organisierte Opposition sah sich größtenteils von diesen Entwicklungen überrascht, versuchte aber, eine gemeinsame Haltung zu finden. Ein Grund dafür, dass nach dem Tod zweier Demonstranten die vielen kleinen Protestzüge auf einem der belebtesten Plätze im Finanzdistrikt der Hauptstadt Manama – dem Pearl Square – zusammen kamen. Zu diesem Zeitpunkt bestand immer noch die Möglichkeit, einen Deal auszuhandeln, der die Legitimation des Königs anerkennt. Schließlich haben die Beispiele Tunesien und Ägypten gezeigt, dass eine gewaltsame Niederschlagung der Proteste nicht im Interesse der herrschenden Macht sein kann. Nur wurde diese Lektion in Bahrain offenbar nicht verstanden, denn am 17. Februar griff die Polizei ohne jede Vorankündigung um drei Uhr früh Männer, Frauen und Kinder an, die sich friedlich auf dem Pearl Square versammelt hatten und von denen die meisten zu dieser frühen Stunde noch schliefen. Plötzlich wurden sie durch Tränengas, Gummigeschosse und über sie herfallende Polizeieinheiten geweckt.
Selbst Rettungskräfte wurden angegriffen, als nach bisherigem Stand vier Menschen starben – unter ihnen ein Arzt – und Hunderte verletzt wurden. Überall in der Hauptstadt wurden Einheiten der Armee postiert, es gab Razzien, um politische Aktivisten aufzuspüren. Diese Ereignisse markieren einen Wendepunkt, denn bei alldem, was geschehen ist, sind Verhandlungen nunmehr schwer vorstellbar. Der Pearl Square und andere Plätze sind geräumt, aber die Bürger Bahrains entschlossener denn je, sich dem Regime entgegenzustellen.
Abdulnabi Alekry ist Mitglied der Gesellschaft für Menschenrechte Bahrains. Er ist Autor vieler Bücher in arabischer Sprache. Eines von ihnen trägt den Titel: Linke Bewegungen am arabischen Golf
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