John Major hatte seine Seifenkiste und Tony Blair seinen Battle-Bus, während Barack Obama voll auf das Internet setzte. Gordon Brown ist nun im Begriff, im anstehenden Wahlkampf um das britische Unterhaus eine andere geheime Wunderwaffe in Anschlag zu bringen: das Sofa seiner potentiellen Wähler.
Indem er die Bürger zu Hause auf ihrem Sofa besucht, möchte Brown sich im Wahlkampf offen und persönlich geben. Er hofft, durch Treffen mit Stützen der Gesellschaft in deren Wohnzimmern würden sich seine Botschaften unter dem Wahlvolk verbreiten und die Menschen überzeugen.
Keine Hubschrauber
Diese Wohnzimmer-Sitzungen mögen vielleicht nicht sehr glamourös sein, aber sie passen gut zu Brown und – so die Überlegung der Labour-Strategen – werden es ihm ermöglichen, als ganz normaler Menschen zu erscheinen. Zugleich passen sie auch besser in unsere von Sparzwängen bestimmte Zeit und könnten womöglich sogar einen positiven Kontrast zu Glanz und Hubschraubern bilden, die das Erscheinungsbild des finanziell gut ausgestatteten Wahlkampfs der Konservativen prägen.
„Wir glauben, dass dieses Format für Gordon funktionieren wird“, sagte ein Labour-Insider. „Wir müssen in Anbetracht der öffentlichen Meinung über die Politiker etwas Neues ausprobieren. Manchmal wird Gordon eine ganze Stunde brauchen, bis er seinen Gesprächspartner in einer Weise überzeugen kann, wie dies in fünf Minuten nicht möglich ist.“
Teetrinken mit dem Premierminister ist sicherlich das genaue Gegenteil der bombastischen Sheffield Rally nach amerikanischem Vorbild, mit der Neil Kinnock, einst auch Labour-Spitzenkandidat, wohl eher traurige Berühmtheit erlangte, als er 5.000 Anhänger in der Manier eines Rockstars mit den Worten „Well, all right!“ begrüßte, was auf Außenstehende eher peinlich wirkte und als nicht unwesentlicher Grund für die Wahlniederlage von 1992 angesehen wurde.
Viele Scherze
Der Strategie liegt die Überzeugung zugrunde, dass Politiker in einer Zeit des ungezügelten Zynismus, Meinungsbildner vor Ort von ihrer Authentizität überzeugen müssen, denn sie sind es, die Ansichten anderer beeinflussen können. Diese Strategie würde sich für Brown bewähren. Sie soll neben den traditionellen Fernsehinterviews und Town-Hall-Meetings einer der Hauptpfeiler seines Wahlkampfs werden, so die Meinung der PR-Crew in Downing Street. Brown und sein Team haben die Sofa Sessions an Orten wie Llanelli und Chatham getestet, um zu sehen, ob der Kandidat dabei auch gut in Szene gesetzt werden kann. Dazu lud man Krankenschwestern, Lehrer, Geschäftsleute und Gemeindevorsitzende ein.
Schulleiterin Diane Keating, die mit Brown zusammen Tee und Gebäck teilte, fand ihn sehr jovial. „Er machte einen Scherz. Das war kurz nachdem er der Familie eines Soldaten geschrieben hatte und wegen seiner Handschrift kritisiert worden war. Er sagte mir, er sei beim Elternabend in der Schule seines Sohnes gewesen und der Lehrer habe ihm gesagt, dieser mache gute Fortschritte, müsse aber seine Handschrift noch verbessern. Da sagte der Premierminister zu mir: „Das liegt in der Familie.“
Übersetzung: Holger Hutt
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