Warnung vor dem Stiere

Hintergrund Eine kurze Geschichte der Corrida und ihrer Opfer

Der Stierkampf galt ursprünglich als rein aristokratischer Zeitvertreib für spanische Adlige hoch zu Ross. 1726 forderte der Matador Francisco Romero als Erster einen Stier zu Fuß heraus. Er führte auch das berühmte rote Tuch (muleta) und den Degen (estoque) ein.

Dieser neue Stil, der eine größere, begeisterte Masse anzog, regte den Bau von Stierkampfarenen an. Ursprünglich waren diese Bauten quadratisch, doch sie wurden schon bald als Rund gebaut, damit das Geschehen sich nicht in einer Ecke konzentrieren konnte.

Stierkampfarenen gibt es in den meisten spanischen Großstädten. Die älteste ist "La Maestranza" in Sevilla (erbaut 1758), in der alljährlich das Stierkampf-Festival Feria de Abril abgehalten wird. Die "Plaza de Toros de Las Ventas" in Madrid gilt wiederum als die renommierteste Arena.

Die größte Stierkampfarena der Welt wurde 1946 in Mexiko City eröffnet. In der "Plaza México" haben 48.000 Zuschauer Platz.

Juan Belmonte (1892-1962) gilt als der größte Matador aller Zeiten. Obwohl er mehrere Male von einem Stier aufgespießt wurde, eifern die Matadores noch heute seinem Stil nach. Belmonte nahm sich 1962 das Leben, nachdem ihm seine Ärzte gesagt hatten, seine Verletzungen ließen es nicht länger zu, dass er seiner Vorliebe für Zigarren, Wein und Prostituierten fröne.

Im 18. und 19. Jahrhundert wurde der Stierkampf mehrere Male verboten, am bemerkenswertesten ist wohl das Verbot durch Philip V., der ihn als barbarisch und dem Adel unangemessen einstufte. Erst im Zuge dieses Verbots wurde der Stierkampf endgültig zum Sport der einfachen Leute.

In den Jahren der Franco-Diktatur wurde der Stierkampf aktiv als genuin spanische Tradition gefördert.

Nach Einschätzung der World Society for the Protection of Animals werden jährlich etwa 40.000 Tiere bei Stierkämpfen in Europa (Spanien, Portugal und Frankreich) getötet. In Spanien finden pro Jahr 3.200 offizielle Stierkämpfe statt. In Lateinamerika (Mexiko, Kolumbien, Peru, Ecuador und Venezuela) werden pro Jahr rund 210.000 Tiere bei Stierkämpfen getötet.

52 Matadores haben seit 1700 den Tod in der Arena gefunden. 1934 wurde Ignacio Sánchez Mejías (ein Freund des Dichters Federico Garciá Lorca) aufgespießt und starb an Wundbrand. Der jüngste Todesfall war José Cubero, genannt „Yiyo“, der 1985 durch einen Stoß ins Herz starb.

Einige Matadores starben auf ebenso traurige wie kuriose Art. José de los Santos (1804-47) etwa floh in der Arena in Valencia vor dem Stier und spießte sich mit seinem eigenen Degen auf, als er über die Bande sprang.

Laut Informationen der League Against Cruel Sports, belaufen sich die jährlichen Einnahmen der Stierkampf-Industrie auf rund 2,6 Milliarden Euro.

Spaniens Premierminister José Luis Rodríguez Zapatero hat für unter 14-Jährige den Zutritt zu Stierkämpfen verboten.

Es gibt eine eigene medizinische Fachrichtung, die sich der Behandlung von Cornadas („Hornverletzungen“) verschrieben hat.

Auf José Tomás’ aufgeschlitzte Wade im April dieses Jahres folgte am 22. Mai ein weiterer grauenhafter Zwischenfall. Der Matador Julio Aparicio wurde von einem Stier derart ins Kinn gestoßen, dass das Horn des Tiers durch seinen Mund austrat. Im Anschluss gab es eine Debatte über die Veröffentlichung der Bilder in Zeitungen.

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Übersetzung: Christine Käppeler
Geschrieben von

Anna Winter | The Guardian

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