Durch Pandemie mehr Bildungsungerechtigkeit?

Coronakrise Langfristige Auswirkungen der Krise auf das Gesundheits- und Bildungssystem sind durchaus zu erwarten.

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Während der Hochphase der Corona-Krise wurden im März alle Schulen geschlossen. Präsenzunterricht wie wir ihn kennen soll es erst wieder nach den Sommerferien geben. Durch die Schließung der Schulen sind die Kinder in ihr Zuhause und ihre Familie zurückgeworfen. Sie befinden sich durchgehend in diesem "Milieu", aus dem sie stammen. Dies betrifft auch Änderungen in der Bewegung und Ernährung. Dadurch gibt es zudem einen starken Rückschritt der Meldungen von Kindeswohlgefährdung. Denn diese werden eher von Menschen außerhalb von der Familie angezeigt. Durch die Rückführung in die Kernfamilien ist die Gesellschaft blind für das, was sich in dieser zuhause abspielt. Das bietet ein großes Gefahrenpotential für gefährdete Kinder.

Ein weiteres Problem ist die bereits bestehende Bildungsungerechtigkeit. Auch diese wird von Corona noch verstärkt. Die Bildungsungleichheit entwickelt sich nicht etwa in der Schule. Nein, sie entsteht bereits in der Familie, im dem Umfeld der Schüler. In der Schule werden diese Ungleichheiten nur oft nicht genug ausgeglichen. Durch die Schließung der Schulen wird diese Entwicklung allerdings noch verstärkt. Auch der Fernunterricht hilft dabei nicht. Nach dem Ende der Schulschließungen wird die Schere zwischen den Schülern unterschiedlicher Herkünfte sicherlich noch stärker auseinander klaffen.

Gelungenes Lernen von zuhause ist von drei Punkten abhängig - das richtige Konzept, mit dem eine Betreuung über die Lehrkraft sichergestellt wird, der Fortschritt der Digitalisierung in der jeweiligen Schule und die Arbeitsvoraussetzungen zuhause, über die die Lehrer faktisch nichts wussten. Bis all diese drei Punkte geklärt und entwickelt wurden, wurde viel Zeit verschwendet. Und auch heute läuft es nicht überall perfekt, da nicht für alle Kindern zuhause die passenden Arbeitsvoraussetzungen geschaffen werden können. Ähnliche Einschnitte wird es in Bezug auf unser gesamtes Gesundheitssystem geben. Dabei geht es primär nicht mal um steigende Kosten der Krankenkassen ausgelöst durch die Pandemie, die höheren Belastungen sind vorraussichtlich nur temporärer Natur, vielmehr wird das gesamte Risiko und damit das Preismanagment der Krankenkassen extrem angepasst werden müssen. Das bedeutet im Umkehrschluss höhere Mitgliedbeiträge bei gesetzlichen und privaten Krankenkassen.

Am stärksten sind dabei Kinder benachteiligt, die auch vorher schon benachteiligt werden. Dies können Kinder sein, in denen die Eltern bereits über ein geringes Bildungsniveau verfügen oder Kinder, die in Familien mit Sucht- oder psychischen Erkrankungen aufwachsen. In diesen Familien spielt Gewalt eine große Rolle und die Kinder sind oft komplett auf sich allein gestellt. Auch ohne Corona hatten diese Kinder natürlich bereits Probleme in der Schule. Meistens haben die Eltern schon keine Hoffnung mehr auf ein besseres Leben für ihre Kinder, das färbt natürlich auf die Kinder ab. Die Schulen sind zwar besser auf Kinder dieser Art eingestellt, aber trotzdem mit ihnen überfordert. Die allermeisten Kinder in Deutschland leben in so sicherem und geborgenem Umfeld wie noch nie. Die Schere klafft daher immer weiter auseinander und mit dem Unterschied ist für die Schulen schwer umzugehen.

Digitale Tools können dabei helfen die Unterschiede auszugleichen. Diese sehen nicht einen Schüler aus einem prekären Verhältnis, sondern nur seine Leistungen. Sie machen keine Unterschiede und sind deshalb in der bestehenden Problemsituation sehr hilfreich. Die Kritik an den Lehrkräften hat in den letzten Monaten leider stark zugenommen. Sie sind allerdings hauptsächlich dafür eingestellt, den Schülern etwas beizubringen. Lehrer sind keine Psychologen und sind oft einfach nicht dazu in der Lage, die schwierigen familiären Verhältnisse einiger Schüler zu verstehen und zu verbessern. Eine Idee wäre die Einführung von Teams in den Schulen, die für die Integration und die Unterstützung solcher Schüler zuständig wären. Alleine auf den Rücken der Lehrkräfte kann dieses Problem nicht gelöst werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Thilo S. Pape

Ich grüße euch aus dem beschaulichen Brunnthal (bei München), schreibe enthusiastisch seit 6 Jahren auf meinem Blog über Politik, Kultur und Reisen..

Thilo S. Pape

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