Herrndorf-Biografie: Lass niemals einen Germanisten ran

Schriftsteller Jeder kennt seinen Welterfolg, seinen anarchischen Roman "Tschick". Vor zehn Jahren nahm sich Wolfgang Herrndorf das Leben. Eine Biografie wollte er keinesfalls. Nun erscheint doch eine
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 34/2023
„Der größte deutschsprachige Schriftsteller seiner Generation“: Wolfgang Herrndorf (1965–2013)
„Der größte deutschsprachige Schriftsteller seiner Generation“: Wolfgang Herrndorf (1965–2013)

Foto: Isolde Ohlbaum/laif

Ich halte die Waffe senkrecht hoch und sehe mit offenem Mund der Kugel hinterher, sehe sie steigen, sehe sie immer kleiner und kleiner und fast unsichtbar werden im tiefdunklen blauen Himmel, bevor sie sich aus dem Verschwundensein wieder materialisiert und zu fallen beginnt, millimetergenau zurück in den Lauf der Waffe.“ Mit dieser physikalischen Unmöglichkeit endet Wolfgang Herrndorfs unvollendeter Roman Bilder deiner großen Liebe. Aber wer braucht schon physikalischen Realismus, wenn er den literarischen eines nahezu perfekten Autors haben kann? In gerade einmal zehn Jahren sind sechs Bücher aus Herrndorfs Schreibkammer erschienen, die ein gleichermaßen durchlässiges wie durchlesbares Gesamtwerk bilden, das ihn zu einem Solitär seiner Generation