60. Jahrestag des Londoner Schuldenabkommens

Meine Rede auf der Kundgebung von den Ordenleuten für den Frieden - 27.02.2013 am Marshall-Brunnen, Taunusanlage, Frankfurt am Main

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Hallo Frankfurt, Hallo Gäste……

um den 60. Jahrestag des Londoner Schuldenabkommens und was wir aus diesem Abkommen für die heutige Zeit lernen können, genügend zu würdigen müssen wir knapp 100 Jahre zurückblicken.

Der verlorene 1. Weltkrieg und die daraus erwachsenden Reparationsforderungen schufen einen ungeheuren politischen und wirtschaftlichen Druck auf die Weimarer Republik. Ich möchte nur einige wenige Zahlenbeispiele aus der damaligen Zeit anführen um ihnen die Dramatik der Situation bildlich vor Augen zu führen.

Bereits im Versailler Vertrag wurde festgelegt, dass außer bestimmten Sachleistungen bis April 1921 auch noch 20 Milliarden Goldmark zu zahlen sind - das entspricht etwa den doppelten Goldreserven unserer Bundesbank heute.

1920 stellte der Oberste Alliierte Rat fest, dass Deutschland mit seinen Zahlungen und Sachleistungen im Rückstand war. Im Verlauf dieses Jahres gab es mehrere Konferenzen auf denen auch die Reparationsfrage besprochen wurde. Am 29. Januar 1921 forderten die Alliierten 269 Milliarden Goldmark in 42 Jahresraten, außerdem 12 % des Wertes jährlicher deutscher Ausfuhren. Das entspricht mehr oder minder einer Situation, dass Deutschland einmal im Jahr seine gesamten aktuellen Goldreserven abzugeben hätte.

Da diese Forderung absolut inakzeptabel war kam es in Deutschland zu einer schweren Regierungskrise und die Regierung Fehrenbach trat am 4. Mai 1921 zurück. Als hätten die Alliierten diesen Rücktritt bereits einkalkuliert, übergab man schon einen Tag später dem deutschen Botschafter in London die neuen Forderungen der Alliierten von 132 Milliarden Goldmark, außerdem musste Deutschland 26 % des Wertes seiner Ausfuhren abgeben.

Die Forderungen waren von einem erpresserischen Ultimatum begleitet, dass bei Nichtannahme der Forderungen innerhalb von sechs Tagen die Alliierten drohten das Ruhrgebiet zu besetzen. Alleine die Bargeld-Forderung entsprach etwa 47.000 Tonnen Gold oder etwa 135% der heutigen globalen Goldreserven.

Diese Forderungen hatten einen nicht unerheblichen Einfluss auf die immer schneller galoppierende Inflation, bei der insgesamt die unglaubliche Summe von 1,2 Trilliarden Mark gedruckt wurde. Selbst die Mengen-Bezeichnung von 1200 Milliarden Milliarden kann den damaligen Wertverfall der Mark nur sehr unzureichend visualisieren.

Neben den sicher auch noch vorhandenen anderen Einflussgrößen führte nicht zuletzt der Wahnsinn dieser Reparationsforderungen über die Ermordung des Außenministers Walther Rathenau 1922 zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gut 10 Jahre später.

Mit der Kapitulation des so genannten „Dritten Reichs“ 1945 war die Frage der alten Auslandsschulden und neuer Reparationsforderungen wieder eröffnet, musste jedoch mangels eines Rechtsnachfolgers bis 1951 ohne schlüssige Antwort bleiben.

Die Hohe Kommission der drei Westmächte forderte Ende 1950 die Bundesregierung auf, die Haftung für die Auslandschulden des früheren Deutschen Reichs zu übernehmen. Nach vielen, teils zähen Verhandlungen erkaufte sich Adenauer am 6. März 1951 die Legitimation seiner Regierung in der westlichen Welt durch die Übernahme aller Auslandsschulden, nebst Zinsen des Deutschen Reichs aus der Vorkriegszeit, sowie für die Zinsen und anderen Kosten für Obligationen der österreichischen Regierung, zwischen März 1938 und Mai 1945. Die Erklärung erstreckte sich auch auf die Nachkriegsschulden aus der Wirtschaftshilfe für Westdeutschland.

Nun musste nur noch geklärt werden wie diese Schulden zurückgezahlt werden können und zu welchen Konditionen die offenen Forderungen verzinst werden.

Sicher nicht von sozialem Mitgefühl geleitet, sondern von knallharten geostrategischen Erwägungen bestimmt, wurde für Deutschland in dem 1952/53 ausgehandelten Londoner Schuldenabkommen die Tilgung der Altschulden zu einem Sondertarif möglich gemacht.

Ein großer Teil der Schulden wurde erlassen, die Zinssätze radikal gesenkt und die jährliche Rückzahlungshöhe auf maximal 5% der Exporterlöse beschränkt. Die Adenauer-Regierung war mehr als willfährig die BRD in das westliche Paktsystem einzugliedern, Westdeutschland zu remilitarisieren und letztlich der NATO beizutreten. Kaltschnäuzig wurden Verständigungsangebote und Vorschläge der Sowjetunion und der DDR-Regierung für einen Friedensvertrag abgelehnt. Man konnte sich eine unzufriedene westdeutsche Bevölkerung zu der Zeit nicht leisten, darum waren alle diese „Nettigkeiten“ fester Bestandteil der westlichen Strategie im Kalten Krieg gegen den Ostblock.

Gibt es, so wie bei den westlichen Siegermächten nach dem II. Weltkrieg den politischen Willen wirtschaftliche, politische und soziale Stabilität herzustellen, dann ist das auch machbar. Am Beispiel des Londoner Schuldenabkommens sehen wir ganz klar, dass eine nachhaltige Entschuldung möglich ist.

Daraus ergeben sich, nicht nur für die so genannten „Problemländer“ der Euro-Zone, einige mögliche Annahmen:

  • Die soziale Verelendung weiter Bereiche der Gesellschaft ist gewollt!
  • Die Rettung der Banken, also die Bereicherung der Finanzmärkte auf Kosten der Allgemeinheit ist gewollt!
  • Die Missachtung der Mehrheitsmeinung ist gewollt!
  • Soziale Unruhen sind gewollt!
  • Repressive Polizeimaßnahmen sind gewollt!
  • Dass politische Erstarken neonazistischer Kräfte ist gewollt!
  • Die Missachtung der Menschenrechte ist gewollt!

Auch wenn ich diese Aufzählung fast endlos fortsetzen könnte, möchte ich mit meiner Rede nun zum Ende kommen.

Die Entscheidungsträger werden nicht um eine Veränderung ihrer Handlungsweisen herumkommen oder sie fahren die „Karre an die Wand“.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Thomas Occupy

Weis noch nicht was ich hier von mir zeigen will

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