„Le droit au peuple“: Basisdemokratie à la française

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Die « Pimaire socialiste » zeigt Stärken aber auch Schwächen auf. Model kompatibel für die BRD?

Der sozialistische Spitzenkandidat Francois Hollande siegte bei den „Vorwahlen“ (primaires socalistes bzw. primaires citoyennes) vom 9 und 16 Oktober über die PS-Parteichefin Martine Aubry. Er erhielt über 56 Prozent der abgegeben Stimmen. Beide Kandidaten, die sich in der ersten Runde bei diesem „Volksentscheid“ über vier weitere Kandidaten , u.a. Segolène Royal, die Gegenkandidaten von Nicolas Sarkozy vom Jahre 2007, souverän durchsetzten, waren auch in den berüchtigten Meinungsumfragen führend. Für Aufsehen hat das blamable Abschneiden von Royal, die vor 4 Jahren bei den damals noch parteiinternen Wahlen, über 60% aller Stimmen auf sich vereinen konnte, gesorgt. Die ehemalige Lebensgefährtin Hollandes musste den ihr prognostizierten dritten Platz einem aufstrebenden Arnaud Montebourg überlassen. So weit zu den Resultaten.

Wichtig ist zu erwähnen, dass diese „Primärwahlen“ offen für alle linksgesinnten Bürger waren, die sich vor dem 31. Dezember 2010 auf den „Listes electorales“, Wahllisten ihrer Kommunen, eingeschrieben haben und die bereit waren einen Obolus von genau einem Euro für die Organisation dieser Wahlen zu entrichten. Also auch offen für Mitglieder der Parti communiste, Parti de gauche oder anderen linken bzw. extremlinke Gruppierungen. Außerdem konnten Minderjährige und sogar Ausländer votieren. Sie mussten sich vor Mitte Juli online auf der Webseite der PS einschreiben und ebenfalls bei Abgabe ihrer Stimme die Gebühr bezahlen. Interessant ist, wie sich verifizieren lässt, ob man links gesinnt ist und somit linke Werte vertritt. Weiterer Kritikpunkt, geäußert von Sarkozys UMP, ist die Finanzierung dieser nationaleinmaligen Wahl gewesen. Bürgergelder sollten hergehalten haben. Schlussendlich war jedoch die problemlose Organisation und Durchführung seitens der durchaus zersplitterten PS ausschlagend für den nationalen Erfolg der „primaires“, welche die Missgunst der UMP weckte, da diese sich in den Medien nicht angemessen repräsentiert sah. Man sprach halt nicht mehr nur von Sarkozy und seinen Eskapaden, sondern vielmehr von der PS und ihrer Wahl. Dies hat sich spätestens nach der Geburt von Sarkozys Giulia Ende Oktober wiedergeändert

Positiv zu vermerken, dass diese Form von „Selektion“ des Citoyens auch über die nationalen Grenzen Frankreich hinaus Schule machen könnte. So auch in der SPD befürworten manche Genossen solch eine Wahl in der Zukunft. Gabriel machte aber klar, dass es vor 2013 keine sozialdemokratischen Vorwahlen gäbe. Die Vorteile sind zum einen, dass der Bürger sieht, dass er direkt und unmittelbar politisch intervenieren und somit am politischen Entscheidungsprozess teilhaben kann. In Zeiten von Politikverdruss und illegaler, korrupter und nepotistischer Machenschaften einiger Politiker, istdies ein Signal für mehr Transparenz und Bürgernähe der Politik. Fraglich bleibt, ob der „Citoyen“ wirklich in der Lage ist, dengeeignetsten Kandidaten zu küren und ob nicht diejenigen Kandidaten gewinnen, die es schaffen am meisten für sich zu mobilisieren. Und bedeutet Plebiszität wirklich mehr Demokratie?

Ob und wie eine sozialdemokratische „Vorwahl“ aussehen könnte,bleibt abzuwarten, dennoch sollten sich die Spitzen der deutschen Sozialdemokratie genau überlegen wie sie die Bestimmung ihres Kanzlerkandidaten in Bälde handhaben möchten und wie sie das verloren Vertrauen in ihre Partei zurückerobern möchten.

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