Wenn der Schauspieladel die Schnauze voll hat

Keine/n juckt das Klima: Schämt euch! Und lasst mich mit dem unten gesagten bestimmt nicht #allesschlichtmachen!

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Die Pandemie klingt nicht ab, die Rückkehr zum „normalen“ Leben, wie wir es vorher kannten, lässt weiter auf sich warten.

Eine Lockdownmaßnahme folgt auf die nächste Lockerungsmaßnahme, hin und her, hin und her. So richtig scheinen die Regierungen (Bund und Länder) keinen Plan zu haben. Eher wird der Anschein erweckt die Pandemie ist eine passende Möglichkeit um Wahlkampf zu betreiben oder um sich mal eben noch reicher zu machen, als es die Vergütungen eines politischen Amtes ohnehin schon mit sich bringen.

Das ist alles ermüdenden und es macht wütend, oder wie auf Twitter gerne geschrieben: Es macht #mütend.

Das eigentlich fatale ist, dass täglich Menschen sterben, oft allein, ohne Abschied. Und gerade werden es täglich wieder mehr Menschen, die ein frühzeitiger Tod ereilt. Das Durchschnittsalter der Menschen die derzeit auf den Intensivstationen sind, liegt mittlerweile im Durschnitt bei 47 bis 48 Jahren, die Hälfte von Ihnen stirbt.

Lassen wir uns das mal durch den Kopf gehen: Die Intensivstationen sind voll mit Menschen, die durchaus noch nicht mal ein graues Haar am Körper haben. Menschen deren Kinder noch in den Kindergarten oder zur Schule gehen. Viele von diesen Kindern verlieren ihre Eltern!

Schnell sollte klar werden, was in diesem Land vor sich ginge, würde es keine Lockdownmaßnahme geben. Daran möchte sicher keine/r denken, außer vielleicht (pardon, aber sachlicher geht es nicht) Aluhüte, Echsenmenschenjäger:Innen, Kritiker:Innen vom organisierten Kinderraubkartell zur Erlangung des ewigen Lebens und natürlich Faschist:Innen, Antisemit:Innen, rechtsradikale Tag X-Sekten und armselige AfD-Politiker:Innen, die u.a. bewusst Lügen verbreiten um auf Stimmenfang zu gehen.

Doch die Lockdownmaßnahmen sorgen auch in Kreisen für Unmut, die durchaus als Sperrzone für alternative Fakten und Verschwörungserzählungen zu erachten, oder sollte wir mittlerweile sagen, zu erhoffen sind. Es erschließt sich vielen Menschen nicht – Menschen die seit Monaten ihr Großeltern nicht sehen, die Geburt ihres Kindes verpassen, Freund:Innen nur noch vom Monitor kennen oder jede Struktur Zuhause auf der Rausfasertapete schon beim Namen kennen – weshalb sie kaum mehr einen Lebensalltag haben, der über die eigenen vier Wände hinausgeht, sie aber jeden Morgen auf der Arbeit stramm stehen müssen, um die ohnehin übermäßige Produktion von unnötigen und Naturzerstörenden Gegenständen am Laufen zu halten. Dann gibt es auch jene die nicht verstehen, weshalb sie seit Monaten keinen einzigen Akt mehr auf ihrer geliebten Bühne vollziehen konnten.

Womit wir nun beim Thema wären. Neben den tausenden Künstler:Innen, die nun dem Scheitern ihrer Existenz entgegenblicken, gibt es auch jene, deren Gesichter uns auf unseren Mattscheiben, seit vielen Jahren begleiten, deren Filme und Figuren uns bis heute als Jugenderinnerung geblieben sind und deren Geldbeutel ganz gewisse nicht so lehr sind, wie die ihrer tausenden Kolleg:Innen.

Eine Frage die sich nun vielleicht einigen stellt: Benötige ich ab sofort einen Schwurbelgenerator der mir Filme und Serien rot durstreicht, die Schaupieler:Innen in der Besetzung haben, deren öffentliche Auftritte, im Kontext der Coronapandemie, schmerzhaft sind für den gesunden Menschenverstand?

Hoffen wir doch mal nicht! Denn alle Kritiken, als Geschwurbel abzutun, ist fatal und schlichtweg falsch. Gewiss ist davon auszugehen, dass inhaltlich wichtige Kritik unter den Teilnehmenden der #allesschlichtmachen Aktion vorhanden ist und dies tunlichst von den antidemokratischen und unsolidarischen Veräußerungen der Leerdenken-Bewegung unterschieden werden muss.

Dennoch bleibt die Frage nach der Solidarität gegenüber den Opfern (80.000 Toten, den unzählige Longcovid-Patient*innen) und ihren Angehörigen. Davon zu spüren und zu sehen ist in der Kampagne jedenfalls nicht viel.

Was wir jedoch sehen können ist der tohsende Applaus der …puh, das wiederhole ich jetzt nicht… der kaputten, die ich weiter oben schon mal genannte habe und eine Stärkung der Anticoronaproteste.

Das unsere demokratische Ordnung ins Wanken gerät ist nun auch euer Verdienst. Bravo!

Wann empört sich der Schauspieladel über den drohenden sozialökologischen Kollaps?

Abgesehen von dieser doch recht fehlplatzierten Aktion und der Frage nach der Sicht auf Ungerechtigkeit und Leid, bleibt eine Frage und diese ist weitaus älter als die Coronapandemie.

Wann empört sich der Schauspieladel endlich über den drohenden sozialökologischen Kollaps und die damit verbundenen Tatenlosigkeit der Regierung? Wo bleibt euer Aufstand?

Ja, wir wissen, da stand die eine oder der andere schon bei Fridays For Future auf der Bühne, hat in einem Mobivideo das Gesicht gezeigt oder setzte sich im Oktober 2019 mit Extinction Rebellion in Berlin auf die Straße. Auch Briefe und Appell wurde hin und wieder unterschrieben.

Doch eine Empörung und ein darauffolgender Aufschrei, in der Dimension der #allesschlichtmachen Kampagne, blieb bisher aus.

Schlimm genug, dass offensichtlich erfolgreiche Schaupieler:Innen, während sie in ihren überdurchschnittlich teuren vier Wänden sitzen und Sektchen schlürfen, darüber Empörung Äußern, wie die Messlatten um die Schutzmaßnahmen verteilt sind und - das ist das Fatale – sich selbst dabei als Opfer und Leidenden darstellen, während sie wirklich gebeutelte und leidende Mitmenschen dabei bis auf das Äußerstes verhöhnen und verletzen.

Mit der Gewissheit um die fatalen Folgen durch die menschengemachte Klimaerhitzung und die Zerstörung ganzer Ökosysteme, können sie scheinbar besser umgehen, als mit dem Ausbleiben der Profilierung vor der Kamera.

Daher ein paar Fragen an euch:

  1. Wo bleibt eure Empörung, wenn es darum geht, der Regierung mitzuteilen, dass sie uns geradewegs auf einen Abgrund zusteuert?
  2. Das liegt doch nicht etwa daran, dass ihre euer Eigenheim und euer Sektchen mit dem Geld bezahlt, was ihr von Sponsoren bekommt, die einen Anteil an diesem sozialökologischen Desaster haben?
  3. Oder liegt es daran, dass die Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen nicht laut genug sind? Wohl kaum!
  4. Seid ihr schlichtweg uninformiert?
  5. Ist es euch einfach scheißegal?
  6. Liegt es daran, dass der Gärtner fleißig eure Grundstücke gießt und ihr so vor lauter Privatgrundstück, die sterbenden Wälder nicht seht?
  7. Liegt es daran, dass die Menschen im globalen Süden, die bereits jetzt an den Folgen sterben, nicht zählen?
  8. Oder liegt es daran, dass ihr einfach nicht betroffen seid?

Woran es auch immer liegen mag. Es ist ein Armutszeugnis, dass Menschen mit solch einer Reichweite, das ganze Land durchrütteln, weil sie grad mal nicht im Mittelpunkt stehen, aber wenn es um wirklich fatale und weitreichende Folgen und Schäden geht, dann hören wir nichts.

Vielleicht hilft ja diese Info!?

Sehr schnell war klar, dass die Entstehung des Covid19-Virus mit der Klimaerhitzung und der Umweltzerstörung in Zusammenhang steht. Erst neulich hat dies eine Studie belegt. Wir wissen nun sehr genau, dass die Erhitzung in der Entstehungsregion des chinesischen Wuhan, zu den Veränderungen der Vegetation geführt hat und so die Ausbreitung von Covid-19 begünstigt hat.

Wenn ihr jetzt mal eure vergoldeten Taschenrechner anschaltet und 1x1 eingebt, dann sollte euch klar werden, dass das Fortschreiten der menschengemachten Klimaerhitzung und Ökosystemzerstörung bald noch mehr Pandemien und viele viele viele andere katastrophale Folgen zu uns bringen wird. Die Folgen sind euch doch wohl klar, oder muss euch das auch nochmal wer erklären?

Und nein! Eine Aussicht auf eine Rolle in einem Katastrophenfilm ist dann bald auch nicht mehr drin.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Tino Pfaff

Umweltaktivist, Campaigner, Sozialarbeiter/-pädagoge, Student MA Gesellschaftstheorie

Tino Pfaff

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