Solarpunk - ein Überwinden des Kapitalismus, das keines is

Solarpunk Die aktivistische Strömung des Solarpunks beansprucht eine fortschrittliche Utopie mit System Change zu sein, aber ist das wirklich so?

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Letzten Freitag war ich in einer Ausstellung der P61 Gallery zum Thema Solarpunk. In dieser wird die Strömung thematisiert, in dem AI generierte oder gemalte Bilder gezeigt werden und wie die Zukunft im Solarpunkt aussehen könnte. Oft fällt das Wort Utopie. Doch je mehr ich den Gedanken des Solarpunks durchdachte, umso weniger kam ich zu der Conclusio, dass es eine Utopie ist.

Was ist Solarpunk?

Solarpunk hat also eine nachhaltige, lebenswerte Vision als Fixierpunkt. Besonders die Ökologie steht im Vordergrund. So sind Gebäude mit Grünflächen bestückt und die Menschen sind mit der Natur sehr stark verbunden (siehe Bild unten). Aber auch die Technologien sind nachhaltig und sehr fortschrittlich und konzentrieren sich auf Solarenergie und Windkraft. Bei der Naturverbundenheit wird oft davon gesprochen, dass die Menschen nun eins mit der Natur sind und Ausbeutung der Natur nicht mehr stattfindet.

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In der Ausstellung, in der ich war, wurde auch gesagt, dass die Massentierhaltung beendet wird und beispielsweise Hochhäuser nun Gewächshäuser sind.

Auch die Überwindung des Kapitalismus wird angesprochen

Dieser Punkt reizte mich und ich entschied mich vor Ort nachzufragen, inwieweit denn auch Produktionsverhältnisse und Ausbeutungsverhältnisse zwischen Menschen thematisiert werden. Die Antwort der Mitarbeiter fiel allerdings ernüchternd aus. Das Personal wusste nicht Bescheid und so entschied ich mich, im Internet zu suchen. Dort fiel mir ein Artikel von Standard.de ins Auge. In diesem wird thematisiert, dass Solarpunk den Kapitalismus überwindet. Aber tut es das denn wirklich?

Nach weiteren Suchen bestätigte sich meine These, dass Solarpunk nicht den Kapitalismus überwindet, auch wenn er das propagiert.

Der entscheidende Knackpunkt sind nämlich die Produktions- und Ausbeutungsverhältnisse zwischen den Leuten, und diese bleiben beim Solarpunk gleich. So behaupten Konzepte des Solarpunks zwar, die Menschen leben nun in Einklang mit der Natur. Allerdings gibt es keine Thematisierung von demokratischen Betrieben oder Genossenschaften. Zudem wird von Parkhäusern gesprochen, die nun Grünanlagen haben oder dass ganz viel Bauerntum wieder herrscht. Dies ist ohne Frage sehr schön, allerdings vergisst man hier die soziale Frage, inwieweit diese Bauern den frei sind. Unter Umständen kann es so sein, dass es zwar viel mehr Bauern gibt und die Parkhäuser grün sind, die Konzerne allerdings immer noch von Milliardären betrieben werden und die Bauern angestellt bei großen multinationalen Unternehmen sind, die diese stark ausbeuten. Der Fakt, dass nun alles ökologisch ist, überwindet noch lange nicht den Kapitalismus und damit die Systemfrage, welches ein großes Problem darstellt.

Warum stellt das Ganze so ein großes Problem dar?

Ich würde das Ganze nicht als großes Problem sehen, wenn Solarpunk nur eine Strömung ohne aktivistischen Anspruch wäre. Allerdings möchte Solarpunk ein utopisches Vorbild für unsere Zukunft darstellen. Daher ist die Frage der Ausbeutungs- und Produktionsverhältnisse die Zentrale. Auch wenn Utopien keinen Absolutheitsanspruch haben, so ist diese Frage für eine postkapitalistische Zeit die Zentrale, mit der alles steht und fällt. Die ökologischen Fortschritte müssen immer auch sozial bedacht werden, da die großen kapitalistischen Unternehmen Grund für die hohe Umweltbelastung sind. Hauptsächlich durch ihren Profitzwang/Profitmaximierung. Zwar kann man sich eine Welt wünschen, in der es viele einzelne Bauern gibt, allerdings wird diese Vorstellung schnell von der Realität eingeholt, wenn einem klar wird, dass dieses Vorhaben uns starke Wohlstandsverluste einbringen würde, weniger Angebot und deutlich höhere Preise als Resultat hätte. Ich plädiere daher stark für eine deutliche Zentralisierung der Systemfrage in Form der Produktionsverhältnisse, da dies elementar ist.

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