Am Wochenende wird Berlin einmal mehr im Zeichen des Gedenkens an Rosa Luxemburg stehen. Eine Konferenz, das „stille Gedenken“ in Friedrichsfelde, eine Demonstration, die Kranzniederlegung am Landwehrkanal – „Traditionselement des deutschen Linksextremismus“, nennt der Verfassungsschutz die Veranstaltungen. Und versieht eine so benannte Broschüre mit dem lustigen Hinweis, der Text dürfe „nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme des Bundesamtes zu Gunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte“. Sondern?
Nun denn. Nicht nur der politische Geheimdienst interessiert sich „im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit“ für Luxemburg – seit einiger Zeit tut dies auch Michael Tsokos. Im vergangenen Mai hatte der Berliner Rechtsmediziner mit der Vermutung für Aufsehen gesorgt, bei im Keller der Charité gefundenen sterblichen Überresten könne es sich um jene von Luxemburg handeln. Eine „alte Wasserleiche ohne Kopf, Hände und Füße“ weise „verblüffende Ähnlichkeiten“ auf, hieß es. Die Medien stürzten sich begierig auf das „Grusel-Rätsel“, die „Leiche im Keller“ und Tsokos meinte gar, sollte sein Verdacht zutreffen, „dann haben in den letzten 90 Jahren Millionen von Menschen ein falsches Grab besucht“.
Abgesehen davon, dass dieses seit Jahrzehnten ohnehin leer ist und es beim Gedenken am Friedhof der Sozialisten um etwas ganz anderes geht – nicht um ortsgetreue Totenfolklore: Tsokos lag falsch. Allerlei Untersuchungen brachten bisher keinen Nachweis dafür, dass es sich bei der Toten um die berühmte Sozialistin handelt.
Tsokos ist für seine öffentlichkeitswirksame Luxemburgiade von Experten und Kollegen kritisiert worden. Er habe, hieß es, der Rechtsmedizin „schweren Schaden“ zugefügt. Sich selbst allerdings kaum: Die angedichtete Berühmtheit wird seiner Nebentätigkeit als Buchautor kräftig Werbung verschafft haben. Auf der Neuauflage eines Tsokos-Buches prangt: „Jetzt mit seinem neuesten Fall Rosa Luxemburg“. Dabei ist es nur ein Fall Tsokos.