Es kommt nicht häufig vor, dass die Fraktionschefs einer Regierungskoalition den Vorsitzenden einer Oppositionsfraktion in einer gemeinsamen Erklärung direkt ins Visier nehmen. Im Saarland ist genau das geschehen: Die Jamaika-Troika Klaus Meiser (CDU), Horst Hinschberger (FDP) und Hubert Ulrich (Grüne) haben einen Aufruf lanciert, in dem der „Brunnenvergifter“ Oskar Lafontaine ermahnt wird, „zur Sacharbeit im Parlament beizutragen“, statt „zu skandalisieren, zu diffamieren und zu beleidigen“ beziehungsweise „zu lügen“ sowie „wahrheitswidrig und böswillig“ Dinge zu verbreiten. Das ist starker Tobak, weniger wegen der Kritik selbst, mehr noch ihrer Form wegen.
Hintergrund ist der schon seit Wochen gärende Streit über den mutmaßlichen Einfluss des Millionärs und FDP-Mannes Hartmut Ostermann. Auf der Gehaltsliste seiner Firmen standen zahlreiche saarländische Politiker, darunter auch Ulrich und Meiser. Der Unternehmer wiederum gehört zum engsten Kreis der Regierungsmacher und sitzt im Zentrum der Macht, dem Koalitionsausschuss. „Pate von der Saar“ wurde er genannt, auch „der heimliche Ministerpräsident“. Es geht um unbeantwortete Fragen zu möglichen Wahlkampfspenden an die Grünen, sowie, wie man unlängst noch einmal im Spiegel zusammengefasst nachlesen konnte, um die Niederschlagung eines Steuerverfahrens, die Verquickung von „politischer Kollegenschaft und wirtschaftlichen Interessen“, etwa im Fall „Tascher Hof“, und einiges andere mehr.
Kurzum: Im Raum steht der Vorwurf der Korruption. Nicht nur Lafontaine erhebt den, aber eben auch. Anfang der Woche hat der Linksfraktionsvorsitzende die Kritik in der Saarbrücker Zeitung auch noch einmal erneuert. Die Sache hat wegen des Sprungs der Grünen in die Jamaika-Koalition für viel politische Aufregung gesorgt – und der Vermutung ziemlich große Verbreitung verschafft, beim Zustandekommen der ersten schwarz-gelb-grünen Landesregierung sei es um mehr gegangen als um politische Partnerschaft. Dass sich nun eine Art Ostermann-Bündnis öffentlich zur Maßregelung eines Oppositionsführers aufgeschwungen hat, dürfte diesen Eindruck eher noch verstärken.
Über die sonstigen Beweggründe des Fraktionsdreiers lässt sich nur spekulieren. Mit der Erklärung könnte beispielsweise versucht werden, einen Untersuchungsausschuss schon im Vorfeld zu diskreditieren, den die Linksfraktion im Februar „zur Klärung der dubiosen Vorgänge im Zusammenhang mit“ Ostermann beantragen will. Verhindern können Ulrich, Meiser und Co. die Einsetzung nicht. Laut Landtagsgesetz braucht das Gremium die Unterstützung „eines Viertels der Mitglieder des Landtages“ – die 13 Stimmen der Linken würden bei insgesamt 51 Abgeordneten also ausreichen.
Dass ein Untersuchungsausschuss zur Folie parteipolitischen Schlagabtauschs werden würde, muss man als Regierungspartei aushalten können. Und läge in der Einsetzung nicht genau jener „Beitrag zur Sacharbeit“, zu der die Regierungsfraktionen nun Lafontaine aufgerufen haben? Müsste nicht die Koalition um Peter Müller selbst ein Interesse haben, den Eindruck, eine Art Ostermann-Regierung zu sein, im Rahmen eines transparenten politischen Verfahrens aus der Welt zu schaffen?
Ein Untersuchungsausschuss liegt vielleicht nicht in Ostermanns Interesse. Auch mancher Regierungspolitikers mag nicht begeistert sein – entscheidend ist das aber nicht, sondern nur, ob es um eine Angelegenheit geht, „deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt“. Und das lässt sich bei der Frage, welchen Einfluss ein Unternehmer auf eine Landesregierung hat, ja wohl kaum von der Hand weisen.
Kommentare 6
Seit wann ist das Interessen von Schmumachern, dass das eigene Schmu machen öffentlich wird? ;-)
Ich hoffe der Freitag bleibt am Thema und der U-Auschuss beginnt vor der NRW-Wahl...
Getroffene Hunde bellen
„Ulrich ist ein Mafiosi!“, so Daniel Cohn-Bendit, Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN im Europäischen Parlament, in einem Interview mit der taz über seinen saarländischen Parteikollegen Hubert Ulrich. Cohn-Bendit ist als Fischer-Vertrauter sicherlich gänzlich unverdächtig, Polemik gegen andere Realos zu fahren. Man darf also mehr vermuten.
Doch Hubert Ulrich ist kein regionales Problem, denn er hat einflussreiche Freunde und Fürsprecher: Parteivorsitzender Cem Özdemir etwa, der die Regierungsbildung im Saarland für den Bundesvorstand begleitete. Das kommt nicht von ungefähr: Özdemir lebte während seiner Zeit als Abgeordneter in Brüssel mit dem FDP-Abgeordneten Jorgo Chatzimarkakis in einer Wohngemeinschaft zusammen. Es ist sicher bloß ein dummer Zufall, dass dieser wiederum aus dem Saarland stammt und natürlich wiederum ohne den „Hans Dampf“ der saarländischen Landespolitik und FDP-„Politiker“, Hartmut Ostermann, niemals etwas geworden wäre. Özdemir und Chatzimarkakis hatten schließlich fünf lange Jahre Zeit, um am WG-Küchentisch in Brüssel das erste schwarzgelbgrüne Bündnis zu besiegeln. Als von den wenigen verbliebenen Linken in der Partei Kritik an Ulrich und Ostermann wegen Skandalen wie Steuerhinterziehung, Veruntreuung etc. laut wurde, war Özdemir der erste, welcher die Autonomie des saarländischen Landesverbandes betonte, die Koalition verteidigte und die Kritiker aufforderte, ihren Offenen Brief zurückzunehmen. Klar, wer es mit seinen dienstlich erworbenen Boni-Flugmeilen nicht so genau nimmt wie Cem Özdemir, für den fällt es moralisch nicht weiter ins Gewicht, wenn andere sich ebenfalls finanzielle Vorteile auf Staatskosten ergaunern.
Und in der Tat hat Cohn-Bendit mit seinem Mafioso-Vorwurf Recht. Im Saarland läuft bei den GRÜNEN schon seit langer Zeit ziemlich viel schief: Bereits Anfang der 90er Jahre zogen Hubert Ulrich und die Machenschaften seiner Spießgesellen den Argwohn der Bundespartei auf sich. Und das obschon bei den GRÜNEN kaum ein Prinzip höher gehalten wird als die Autonomie der Landesverbände – zumindest solange diese sich in die richtige, weil realpolitische Richtung bewegen. Hubert Ulrichs Macht gründet sich auf seinen Fan-Club innerhalb des Landesverbandes. Im Laufe der Jahre hat er unter Stammtischbrüdern und Geschäftspartnern solange Mitglieder geworben, welche dann auf Versammlungen für ihn und seine Kumpanen stimmten, bis er zunächst in seinem Kreisverband Saarlouis die Mehrheit hatte. Das gleiche machte er dann im saarländischen Landesverband. Die Mitgliedsbeiträge wurden entweder nur zum Teil oder gar nicht bezahlt beziehungsweise die Mitglieder waren von Ulrich und Kumpanen beitragsfrei gestellt worden. Der Bundespartei, welche natürlich eine Mitgliederdatei führt, wurden diese Namen stets vorenthalten. So gingen die Exemplare der Mitgliederzeitschrift „Schrägstrich“ auch nicht wie üblich per Post direkt an die Mitglieder, weil man deren Adressen nicht verraten wollte, sondern an die Landesgeschäftsstelle und von dort vermutlich gleich ins Altpapier. In Saarlouis ist dank der „Werbetätigkeit“ Hubert Ulrichs die Wahrscheinlichkeit, dass ein normaler Bürger Mitglied der GRÜNEN wird, rund zwanzigmal höher als etwa in Frankfurt, denn der dortige Kreisverband hat genauso viele Mitglieder wie der in der Mainmetropole – Frankfurt hat allerdings die zwanzigfache Zahl an Einwohnern.
Die Methode von Saarlouis machte im ganzen Saarland Schule: Zwar wehrte sich der Stadtverband Saarbrücken noch ein Weile gegen die Mafia-Methoden Ulrichs, aber gegen widerspenstige Parteikollegen wurde entweder intrigiert, wie gegen die Europaabgeordnete Hiltrud Breyer, sie wurden aus der Partei gedrängt, wie Barbara Spaniol (heutige LINKEN-Abgeordnete), oder mit Jobs eingekauft: Simone Peter, viele Jahre eine der heftigsten Kritikerinnen von Hubert Ulrich, wurde mit dem Job als Umweltministerin ins grüne Mafia-Team eingebunden.
Nicht erwähnen will ich die ganzen anderen Skandale, welche sich zwischenzeitlich Hubert Ulrich geleistet hat und schon längst zu seinem Abgang geführt hatten.
Doch der Saarbrücker FDP-Chef und Millionär Hartmut Ostermann, für den Hubert Ulrich von 2001 bis unmittelbar vor den Koalitionsverhandlungen 2009 bei einer Firma namens „think and solve“ arbeitete, hatte doch noch Verwendung für ihn. Ostermann brauchte Ulrich, um eine Regierung im Saarland zusammen zu zimmern, die nur durch eine Prämisse geleitet wurde: SPD und LINKE durften daran nicht beteiligt sein, weil beide Parteien sich dem Einfluss Ostermanns verweigerten. Daher kam Ulrich als Schläfer bei den GRÜNEN für die Mehrheitsbeschaffung eine zentrale Rolle zu. Er sorgte mit Manipulation bei der Wahl der Parteitagsdelegierten und durch persönliche Einflussnahme dafür, dass sich bei den GRÜNEN eine Mehrheit für schwarzgelbgrün fand. Die „Sondierungsgespräche“ mit SPD und LINKEN, welche zuvor geführt worden waren, hatten lediglich eine Alibifunktion und können unter der Überschrift „öffentlicher Klamauk“ verbucht werden. Ergebnisoffen waren diese Gespräche jedenfalls zu keiner Zeit.
Für welche Tätigkeit Hubert Ulrich bei der Firma „think and solve“ von Hartmut Ostermann acht Jahre lang übrigens monatlich 1500 Euro bekam, konnte er bis heute nicht erklären. Eine Journalistin versuchte über Wochen hinweg telefonisch rund zwei Dutzend Male Ulrich bei „think and solve“ zu erreichen – ohne Erfolg. Ulrich war vermutlich nie in dieser Firma und das Ganze eine pseudo-Anstellung, welche nur dazu diente, ihn im Auftrag Ostermanns zu alimentieren. Es bleibt für CDU/FDP/GRÜNE nur noch zu hoffen, dass der Untersuchungsausschuss, welchen DIE LINKE initiiert hat, dazu führt, dass diese Parteien durch weiteren öffentlichen Druck zur Besinnung kommen. Die Selbstheilungskräfte zumindest haben längst versagt, das zeigen die unglaublichen und in dieser Form ungewöhnlichen Anwürfe von Ulrich/Meissner/Hartmann gegenüber Oskar Lafontaine als dieser das Thema Saar-Mafia im Landtag zur Sprache brachte - getroffene Hunde bellen.
Uwe-Jürgen Ness, eh. Mitglied und Funktionsträger von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Wer - bitte- will jemanden wie Oskar L. "maßregeln" ?
Leute, die seit Jahren durch Null-Denken und genau das und deswegen durch die Verleger der Mainstream-Medien in die Parlamente gehoben wurden ? Lach mich schlapp .
Oskar steht für eine -leider- nur im süddeutschen - katholischen- Raum bekannte Tradition: Leben und leben lassen.So hat er auch regiert. Unter dieser Prämisse gönnt ihm nachträglich jeder normale Landsmann (auch im Norden und Osten) saarländische Rotlichtaffären und ggf. dem Finanzamt gegenüber unerklärte Einnahmen.
Das stinkt den Angelsachsen und den Landsknechtsnatuten in der deutschen (westlichen) Oberschicht.
Göttin und Gott, schützt O.L.
Diese Landsknechtsnaturen halten sich für die Elite.
Gerade zerren sie a n g e b l i c h jahrhundertealte Tabus ,Erkenntnisse und Fakten - wie sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch u.a. katholische Priester - in ihre Werbepropekte und Verblödungsinstrumente.
Ist doch alles wahr...... warum aber gerade jetzt die Offensive der Puritaner und die bedingungslose Unterwerfung der Una Sancta ?
Geht doch nicht um Menschen, geht um Macht (oder was Psychopathen dafür halten).
Oskar wird- im Gegensatz zu vielen Anderen_ in der Lage sein, abwarten zu können.
Er hat, -wenn überhaupt- nur als Intellektueller das Handtuch geworfen.
Wie er den lebensgefährlichen Stich in den Hals (seelisch) überlebt hat, weiss nur er. Aber er wusste, dass dieser Stich dem unbestechlichen Intellektuellen galt.Von einem Menschen ausgeführt, der von Ressentiments gepeitscht wurde.
Der gesunde Menschenverstnd hat diesen wirklichen Menschen nie verlassen.