„Der Vorweiner“ von Bov Bjerg: Ein Rest an Trauerbedürfnis

Weltuntergang Bov Bjergs neuer Roman erzählt eine eingetretene Klimapokalypse als Realsatire. Bjerg witzelt nicht, „Der Vorweiner“ ist eine große poetische Reflexion mit vielleicht einem Problem – sie ist zu kurz!
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 35/2023
Die neue Oberschicht kann nicht weinen – was freilich als zivilisatorischer Fortschritt gefeiert wird
Die neue Oberschicht kann nicht weinen – was freilich als zivilisatorischer Fortschritt gefeiert wird

Montage: der Freitag; Material: Kajetan Sumila/Unsplash, Uwe Kraft/Imago Images

Nach dem Ende der Welt, wie wir sie kannten, werden die Überlebenden nostalgische Rituale pflegen, die sich auf Dinge beziehen, die sie selbst gar nicht mehr als solche erlebt haben können. In der (post)apokalyptischen Welt, die Bov Bjerg in seinem Roman Der Vorweiner beschreibt, besteht ein solches Ritual darin, dass junge Pärchen einmal im Jahr zur sogenannten Regengrenze pilgern, die zwischen Berlin und Hamburg quer durch Deutschland verläuft, das inzwischen „Resteuropa“ heißt, um dort eine Simulation von Sommerregen zu erleben.

Nach Überflutung und Zerfall weiter Teile des sonstigen alten Europa ist das durch die Errichtung einer 35 Meter dicken Betonplatte vor dem Absaufen gerettete Resteuropa/Ex-Deutschland (mal wieder) in zwei Teile geteilt: