Doppelmoralisch?

Eine Zwischenfrage. Jordanien gibt auf die grauenvolle Hinrichtung des Piloten Muaz al-Kasaesbeh eine fürchterliche Antwort.

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"Das Blut des Märtyrers wird nicht umsonst geflossen sein", verkündet ein Armeesprecher im jordanischen Fernsehen. "Unsere Rache wird das Ausmaß des Schmerzes haben, der allen Jordaniern zugefügt wurde."

Gesagt, getan: Nur wenige Stunden nach Veröffentlichung des IS-Propagandavideos, das den verzweifelten Todeskampf des Jordaniers zeigt, folgen weitere Menschenopfer. Die zum Tode verurteilte und seit 9 Jahren inhaftierte irakische Dschihadistin Sadschida al-Rischawi wird zusammen mit dem al-Qaida-Terroristen Siad al-Karbuli exekutiert.

Die Armee hatte zuvor alles versucht, um Kasaesbeh von den "Kräften der Dunkelheit und des Bösen" zu befreien, so der Armeesprecher weiter. Dem Vernehmen nach bot die Terrormiliz IS einen Austausch Kassasbehs gegen Rischawi an. Doch das jordanische Staatsfernsehen betont, dass der Pilot zu diesem Zeitpunkt bereits tot gewesen sei.

Daher nimmt das Verhängnis seinen weiteren Verlauf. Und Obamas’ Versprechen, dass die Anti-IS-Koalition nun ihre "Wachsamkeit und Entschlossenheit verdoppeln" würde, um die Dschihadistengruppe endgültig zu besiegen, gewinnt durch die Doppel-Exekution eine ebenso eindrucksvolle wie prekäre Überzeugungskraft.

Alle Verbündete gegen den IS-Terror formulieren tiefe Bestürzung wegen der Grausamkeit und Menschenverachtung der jüngsten IS-Untat. Viele sehen Rot und wollen nicht bloß Rachegedanken hegen, sondern wünschen gezielte Taten - auch zur Bekämpfung der eigenen Ohnmacht.

Allgemein menschlich und verständlich ist das allemal. Doch wo bleiben die Stimmen, die den ad hoc ausgeführten Vergeltungsschlag der Jordanier hinterfragen? Und, mehr noch: Haben Vorbehalte, selbst wenn sie Gehör finden, überhaupt den Hauch einer Chance den Rückfall ins finsterste Mittelalter aufzuhalten? Wohl kaum. Denn der absehbare IS-Racheakt und seine fatalen Folgen werden dessen Pforten schon bald erneut aufstoßen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

cu, t.

tobias sckaer

cu, t.

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