Unwortlos

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Seit heute, dem 18.01.2011, steht fest: „Alternativlos” ist als Unwort des Jahres ausgerufen worden. Mit 623 weiteren Kanditaten ist es an den Start gegangen. Wirklich alternativlos war es also nicht. Dennoch ist es kaum vorstellbar, dass ein noch langweiligeres Gebilde auf der Short List gelandet ist. Und jetzt hat es auch noch gewonnen. Warum tut uns die Jury das an?

Unter Leitung des Germanisten Horst Dieter Schlosser verständigte man sich aufden Begriff. Der emeritierte Professor war es denn auch, der mit dem Resultat in Frankfurt am Main vor die Presse trat. Seine Begründung: Das Wort alternativlos suggeriere sachlich unangemessen, dass es bei einem Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternativen und von daher auch keine Notwendigkeit zur Diskussion und Argumentation gebe. Behauptungen dieser Art seien 2010 zu oft aufgestellt worden. Sie drohten die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung zu steigern.

Da haben wir es: Wieder einmal sondert das Bildungsbürgertum der Dichter und Denker gut Gemeintes statt gute Unterhaltung ab. Unsere Nation hat sich nach wie vor noch nicht vom Deutschunterricht befreien lassen. Spielerisch oder gar lustvoll mit unserer Sprache umgehen? Wo kommen wir denn da hin! Vierminussetzen.

Sehr, sehr schade ist es, dass die Oberlehrer im Rückblick auf 2010 einmal mehr verschnörkelt den Zeigefinger erhoben haben. Sie haben eine gute Chance verpasst, mit dem Unwort des Jahres einen Tusch gegen Einsilbigkeit und für mehr Sprachwitz zu setzen. Aus meiner Sicht bleiben wir bis zur nächsten Wahl unwortlos.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

cu, t.

tobias sckaer

cu, t.

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