Das Kind in mir will eine Heimat

Autofiktion Andrea Roedigs Roman „Man kann Müttern nicht trauen“ ist das einfühlsame Porträt einer Kindheit und zugleich ein „Familienfoto“ der alten BRD
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 18/2022

Eigentlich, gesteht die Autorin ganz am Ende ihres Buches, habe sie mit ihrer Mutter ein Interview führen wollen, „weil man ja aus allem eine Geschichte macht“. Jedenfalls, wenn man wie die in Wien lebende Andrea Roedig als Journalistin arbeitet und als Mitherausgeberin der Zeitschrift Wespennest viel mit Literatur zu tun hat. Das Interview hat zwar nie stattgefunden, doch was Roedig dem Schicksal ihrer Mutter (und Großmutter) abringt, ist viel mehr als eine (auto)biografische Inspektion. Unter dem provozierenden Titel Man kann Müttern nicht trauen arbeitet sich die Autorin ab an der schönen, fremden Mutter Lilo, die sich zu Höherem berufen sah, an sich und den Zeitläuften scheiterte und ihren beiden Kindern ein ambivalentes Erbe hinterließ.

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