Noch hinter den Bruchsaler Gefängnismauern in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, wird der Eber schon durchs Dorf getrieben. Ist das ehemalige RAF-Mitglied Christian Klar als Kulissenschieber am Berliner Ensemble für die Hauptstadt tragbar und giert Intendant Claus Peymann nur auf Aufmerksamkeit? Soll dem Praktikant, falls er überhaupt nach Berlin und die Stelle antreten darf, am BE ein Maulkorb umgehängt werden? Und muss Klar, so das neueste Wettschießen, in den öffentlich-rechtlichen Medien nicht überhaupt mit Auftrittsverbot belegt werden?
ZDF-Intendant Markus Schächter und ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender haben mehr oder weniger deutliche Richtlinien an ihre Redaktionsleiter ausgegeben, dem wegen Mordes Verurteilten möglichst keine öffentliche Bühne zu bieten. ARD-Sprecher Burchard Röver lässt ebenfalls wissen, dass die ARD nicht beabsichtige, Christian Klar einzuladen. Ähnliche Absichten signalisieren auch private Sender, die sonst keine Gelegenheit auslassen, "deviante" Menschheit vorzuführen.
Fürchten die Verantwortlichen, dass Christian Klar weiterhin für die Sache der RAF wirbt? Das ist kaum zu erwarten, denn die RAF ist mausetot und lebt nur als Kitzel in den Phantasien und Kunstprodukten des bürgerlichen Publikums fort. Viel wahrscheinlicher ist, dass Klar solchen Einladungen eine Abfuhr erteilen würde und, falls er ihnen doch folgte, jedenfalls die von ihm erwartete Reuebezeugungen verweigerte. Wer die wenigen Verlautbarungen Christian Klars in den letzten Jahrzehnten verfolgt hat, weiß ohnehin, dass der sprechgehemmte, scheue Mann so ziemlich das Gegenteil seines mediengeilen Exsudate absondernden Ex-Genossen Peter-Jürgen Boock ist.
Was Staat, Polizei und Justiz seit den siebziger Jahren entgegen anders lautender Versicherung vorexerzieren, wiederholt sich nun noch einmal auf der Ebene der Medien, jener vierten Gewalt, die wie keine andere das Recht auf freie Meinungsäußerung hochhält: Auch für sie sind die Überlebenden der RAF mit Christian Klar als letztem Symbol eine Spezies besonderer Art, für die nicht gleiche Regeln gelten. Macht weiter so, dann werden euch womöglich doch noch Nachfolger zuwachsen.
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