Silvester ist normalerweise eine Zeit der Besinnung: Man zieht Bilanz, denkt über das Kommende nach. In einem Gastbeitrag für die Rheinische Post erzählt die türkischstämmige Schauspielerin und Schriftstellerin Renan Demirkan von ihrem Silvester, das sie normalerweise in einem melancholisch gestimmten Paralleluniversum erlebt, das sie dieses Jahr aber eher zufällig am Kölner Hauptbahnhof angeschwemmt hat. Dort wurde sie Augenzeugin der Ereignisse auf dem Domplatz. Sie habe, hält sie fest, eine „undefinierbare Atmosphäre“ wahrgenommen und plötzlich eine Fremdheit gespürt, die sie davon abgehalten habe, die Polizisten zu fragen, was los sei. Stattdessen zog sie sich die Mütze tiefer ins Gesicht und ging ihrer Wege.
Eine undefinierbare Atmosphäre, gepaart mit Fremdheit mögen seit der Jahreswende viele Menschen mit ausländischen Wurzeln empfinden, die schon lang in Deutschland leben und sich als Teil dieses Landes fühlen. Und nicht nur sie, auch solche mit deutschen Wurzeln fragen sich dieser Tage, was eigentlich los ist in diesem Land, was sich seit den Kölner Ereignissen verändert hat. Vielleicht werden auch sie von einer Fremdheit angeweht, einer Verunsicherung und Beklemmung angesichts der hasserfüllten Gefühlsaufwallungen im Internet und eines sich aufschaukelnden Überbietungsdiskurses, der suggeriert, öffentliche Sicherheit sei eine Sache von Sprechakten.
Was für Frankreich die Anschläge im November waren, scheint für Deutschland die Jahreswende 2015 zu werden – ungeachtet der kaum zu vergleichenden Ausmaße. Ein angetrunkener, pöbelnder, raublustiger und möglicherweise sogar verabredeter krimineller Männerhaufen mit, so wird vermutet, „nordafrikanischem“ Äußeren schafft es, dass auf der turnusmäßigen CDU-Jahresklausur eine Zeitenwende ausgerufen wird. Das hat zuletzt und mäßig erfolgreich Helmut Kohl 1982 bei seinem Amtsantritt getan, während seine Nachfolgerin es bisher in kluger Zurückhaltung mit einer eher technisch apostrophierten Energiewende hat bewenden lassen.
Doch mit ihrem Parteifreund Volker Bouffier ist Angela Merkel nun offenbar der Ansicht, dass sich mit Köln alles verändert habe. Aber worin genau liegt diese Veränderung? Dass der von Ressentiments getriebene Mob schon seit Längerem aus seinen dumpfen Winkeln auf die Straße gekrochen kommt und krakeelt, weiß man seit Pegida. Die vielfältigen Freundlichkeitsgesten gegenüber Flüchtlingen werden schon lange begleitet von denunziatorischer Kraftmeierei, die Mahnungen zu Rücksicht und Toleranz von unverhohlen aggressiver und verächtlicher Abwehr. Nur dass dieses bislang „Unterirdische“, wie es der CDU-Mann Carsten Linneweber nennt, nun in den eigenen Reihen hochtreibt, nicht mehr eingefangen werden kann und sich in einem breiten Flussbett sammelt.
Enthemmung und ...
Was sich derzeit in den sozialen Netzwerken und den Kommentarspalten der Online-Medien austobt, steht an Widerwärtigkeit dem, was auf dem Kölner Domplatz passiert ist, in nichts nach. Unter Hashtags wie #Grenzendicht wird gegen Politiker, insbesondere gegen Merkel, gehetzt und eine Stimmung erzeugt, die das ganze Land bald in Geiselhaft von bewaffneten Flüchtlingsbanden sieht, die wie auf der Facebook-Seite von Sat1 hinterlegt, Verhältnisse „wie in Indien“ schaffen wollen. Wer Frauen anpöble, gehöre „kastriert und abgeschoben“, wenn nicht noch Schlimmeres.
Um ihre Botschaften zu bekräftigen, werden Szenen und Fotos aus völlig anderen Zusammenhängen in die Posts montiert, die Stimmung gegen Flüchtlinge machen. Die Facebook-Gruppe Nett-Werk Köln musste vorübergehend schließen, weil es die Administratoren nicht mehr schafften, den Hasskommentaren und Aufrufen zur Lynchjustiz Herr zu werden. Auf den Seiten von AfD oder Pegida darf sich der rechte Mob dagegen völlig unzensiert bewegen. Die AfD-Parteivorsitzende Frauke Petry provoziert unterdessen die Kanzlerin mit der Frage, ob ihr „nach der Welle der Straftaten und sexuellen Übergriffe Deutschland nun ‚weltoffen und bunt‘ genug“ sei.
Die Hysterie macht aber auch vor der etablierten Politik nicht Halt. Während die CDU vielstimmig die Zeitenwende intoniert und die CSU in Wildbad Kreuth auf Pegida-Art das „Schweigekartell“ der Medien entdeckt und damit die Mär von der Lügenpresse hoffähig macht, war es der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, der von Kuba aus Auskunft darüber gab, wie er die Silvesternacht in Köln einschätzte. Er forderte, Straftäter konsequent abzuschieben und nahm die populistische Stimmung auf seine Art auf: „Warum sollen deutsche Steuerzahler ausländischen Kriminellen die Haftzeit bezahlen?“ Afrikanischen Staaten, die sich weigerten, Straftäter wieder aufzunehmen, drohte er schon mal mit der Kürzung der Entwicklungshilfe.
Die Formel von der „Verwirkung des Gastrechts“ hat allerdings Angela Merkel selbst in Umlauf gebracht. Sie erfuhr eine bemerkenswerte Resonanz bis in die Reihen der Linkspartei, deren Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht neuerdings ebenfalls dekretiert: „Wer Gastrecht missbraucht, der hat Gastrecht eben auch verwirkt“. Der Einwand, dass die Formen der verwirklichten Gastlichkeit in Form von beengten Notlagern und verordneter Untätigkeit zu Stress und erhöhter Gewaltbereitschaft führen, gehört dann in die Kategorie Gutmenschentum, mit dem es aufzuräumen gilt.
Im Wettbewerb um übersteigerte Beschreibungen und Parallelen ist die Rede vom „zeitweiligen Zivilisationsbruch“, wie sie Justizminister Heiko Maas in den Ring geworfen hat, aber eine besondere rhetorische Entgleisung. Den von dem Historiker Dan Diner für den Holocaust geprägten und reservierten Begriff auf einen zweifelsfrei schändlichen, aber in der Dimension doch überschaubaren Gewaltexzess zu übertragen, ist bemerkenswert unsensibel. Überdies in einer Woche, in der Adolf Hitlers Hetzschrift Mein Kampf wieder auf dem Markt erscheint. Darüber hinaus ist der Griff nach dem ultimativen, alles niederstreckenden Vergleich auch Ausdruck einer Rhetorikspirale, die am Ende irgendwie auch Flagge zeigen muss.
Und so zeigt die deutsche Politik den Flüchtlingen die Werkzeuge der inneren Sicherheit. Vom Asyl- und Aufenthaltsrecht über das Polizei- bis hin zum Sexualstrafrecht reichen die Forderungen, die die gesamte Härte der wehrhaften Demokratie unter Beweis stellen sollten. Es geht darum, Abschiebungen für Straftäter zu erleichtern und die Schwelle des Strafmaßes abzusenken, die es braucht, um sie auszuweisen. Länder wie Algerien oder Marokko sollen als sichere Herkunftsländer deklariert werden, sodass alle von dort stammenden Asylsuchenden sofort zurückgeschickt werden können. Und die eigentlich schon im Asylpaket II wiederbelebte Residenzpflicht für Flüchtlinge steht ebenfalls ganz oben auf der Forderungsliste. Damit verfolgt die Union das Ziel, die Gunst der Stunde zu nutzen und die beschlossene, derzeit aber noch blockierte Asylrechtsverschärfung endlich umzusetzen. Am Dienstag stellten Heiko Maas und Thomas de Maizière einen gemeinsamen Gesetzesentwurf vor, der die Ausweisung krimineller Ausländer erleichtern soll. Außerdem will man Flüchtlingen, die Straftaten begehen, künftig „konsequenter die rechtliche Anerkennung als Flüchtling versagen“, teilte Maas mit.
Und noch ein anderes Lieblingsprojekt aus alten Tagen ist wieder auferstanden, die Schleierfahndung. Bei erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit sollen wieder „verdachtsunabhängige Personenkontrollen“ eingeführt und die Videoüberwachung an „Kriminalitäts- und Gefahrenpunkten“ installiert werden. Kein diffuses Gefühl also mehr, sondern reale Vorstellung, dass man wie im Jahr 1977 im Namen der inneren Sicherheit beim täglichen Weg zum Arbeitsplatz verdachtsunabhängig überprüft werden könnte.
Und nein, auch die grüne Fraktionschefin Kathrin Göring-Eckardt, will keinen „Strafbonus“ mehr für ausländische Straftäter dulden – als ob es den je gegeben hätte, und als ob sie das in einem Land mit Gewaltenteilung unabhängigen Richtern überhaupt vorzuschreiben hätte. Aber schon ist die Unterstellung, ausländische Straftäter seien bislang mit Samthandschuhen angefasst worden, in der Welt und von politisch unverdächtiger Seite bekräftigt.
... Diskurseinebnung
Diese Formen der Diskurseinebnung gehen stets mit einfachen Erklärungen Hand in Hand. Erklärungen, die den Menschen die immer komplexer werdende Welt verständlich zu machen scheinen. „Ausländer raus“ oder „Deutschland raus aus der EU“, schreien Nazis und andere Wohlstands- und Wertebesorgte. „Gastrechtmissbrauchende Straftäter raus“, fordert das politische Personal, wenn es sich vom Mob überwältigt fühlt oder von der eigenen Wählerschaft in die Enge getrieben wird.
Für einfache Erklärungen geben sich gelegentlich auch Intellektuelle her. Es ist interessant, welchen publizistischen Aufwind ein Ein-Punkt-Erklärer wie der ehemalige Bremer Pädagogikprofessor und Bevölkerungsforscher Gunnar Heinsohn, der heute den illustren Lehrstuhl für Kriegsdemografie am Nato Defence College in Rom innehat, durch die Flüchtlingskrise erfährt.
In mehreren großen Zeitungen durfte er unlängst seine verstaubten Thesen von einem mit jungen Männern übervölkerten afrikanischen Kontinent zum Besten geben. Diese jungen Männer, ohne jede Zukunftsaussichten und gewaltbereit, strömten nun als sogenannte Asylsuchende nach Europa und würden keineswegs, wie es die Wirtschaft hofft, mittels ihrer Kompetenz und Arbeitskraft den deutschen Standort stärken. 900 Millionen Afrikaner prognostiziert Heinsohn bis 2050, viel mehr als der „vergreisende Westen“ je benötigt. Deshalb rät er der Politik, nur die Besten auszuwählen und den Rest ihrem Schicksal zu überlassen.
In Deutschland werden wir gerade Zeuge von diesen beginnenden Ausscheidungskämpfen. Zuerst die Straftäter, dann die Kranken oder anderweitig Untauglichen, wenn sie Europa überhaupt erreichen. All dies, versteht sich, natürlich nur zum Schutze „unserer Frauen“.
Kommentare 13
Hallo Ulrike Baureithel.
Ich beklage, wie Sie, die Hysterisierung der Debatte, die wirklich niemandem hilft, außer den Extremisten, der entsprechenden Lager.
Was meines Erachtens aber ebenfalls nicht hilft, ist, wenn man mehr oder weniger subtil das Gefühl vermittelt bekommt, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Wenn man das Gefühl bekommt, als wären stinknormale Forderungen im Rahmen der Demokratie, zum Beispiel, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich behandelt werden müssen, ein Unding und sogar so sowas Ähnliches, wie ein rassistischer Übergriff.
Wenn man einmal hört, man solle nicht vorverurteilen, es sei ja nichts bekannt (von der Nacht von Köln für einige noch immer nichts – die Aussage, man sei ja nicht dabei gewesen und die scheinbar unschuldige Frage „Sie denn?“, ist für mich vielleicht nicht der Gipfel aber doch ein Höhenlager des Zynismus) und auf der anderen Seite klipp und klar erscheint, wer Flüchtlingsheime in Villingen-Schwenningen mit Handgranaten attackiert, der ist ein Rassist, kann ja gar nicht anders sein. Auch wenn es dann wohl doch anders war.
Die Zeit hat inzwischen darüber berichtet, dass AfD Politiker regelmäßig bedroht werden, sind das keine Menschen, die unter dem Schutz des Gesetzes stehen? Schwule Männer sind in Berlin von arabischstämmigen Jugendlichen angegriffen worden. Na zum Glück nicht von Nazis, da fühlt man sich doch gleich viel wohler, wenn man eine arabische Faust in die Fresse kriegt.
Kürzlich hörte ich in einem Radiokommentar, dass die Kommentatorin sagte, wenn es irgendetwas „Gutes“ an den scheußlichen Übergriffen von Köln gegeben hätte, dann das Gefühl, dass nun sexuelle Gewalt tatsächlich mal ein Thema sei, das in der Mitte der Bevölkerung angekommen ist. Natürlich kann die Kommentatorin nur naiv gewesen sein, denn sie hat einfach nicht erkannt, was die Ganzlinken spielend erkennen, dass nämlich der geifernde Nazi im deutschen Mainstream-Mann nur darauf gewartet hat, dem fremden Lüstling – das alte Narrativ und so – mal gehörig eins überbraten zu können. Jetzt endlich war es soweit. Auch Sie konnten es Sich dann am Ende nicht verkneifen noch mal in die gleiche Kerbe zu hauen. Ist das eigentlich redaktionell vorgegeben, unbewusste politische Gleichschaltung oder schreibt da einfach nur einer vom anderen ab? Und wenn es Ihre ehrliche Meinung ist, dann lautet meine ehrliche Frage: Wieso meinen Sie, dass es unter den „westlichen Männern“ (ein übles Klischee, wie ich finde) nur entweder Sexisten oder Rassisten geben kann. Ist es wirklich für eine linke (hoffentlich nicht ganzlinke) Frau von heute, undenkbar, dass es Männer gibt, die beides verabscheuen?
In jedem Fall brüskieren Sie damit diejenigen, die Ihnen wohlgesonnen hätten sein können. Für mich, wie für die allermeisten Männer, ist Gewalt gegen Frauen, sexualisiert oder nicht, ein prinzipielles „No go“. Nichts, was man eigens erwähnen müsste, nichts, wofür man sich auch nur in Ansätzen feiern lassen muss, es ist einfach eine Selbstverständlichkeit. Wenn man auf dem Boden dieser empfundenen Selbstverständlichkeit angesichts der Kölner Übergriffe wenig begeistert ist, gehört man neuerdings in die Ecke der Rassisten. Nach einer anfänglich empfundenen Fassungslosigkeit, dass man überhaupt so denken kann – wie die Ganzlinken es tun, ohne Lager geht es wohl nicht – überkommt mich bei jeder weiteren Wiederholung ein leise wachsendes Gefühl des Ekels. Leider. Denken Sie einfach mal drüber nach, denn der Diskurs soll ja nicht auf der Strecke bleiben, ob es wirklich immer immer immer immer immer immer nur die anderen sind, die ihre eigene einseitige, entweder sexistische oder rassistische oder am besten beides vereinende Position einfach nicht klar erkennen und konfrontieren können. Zum Diskurs, so hatte ich es noch gelernt, gehört die umfassende Perspektivübernahme der Position des anderen, wenigstens der Versuch. Die Zuschreibung primitiver Stereotype ist allerdings das exakte Gegenteil.
Sehr geehrte Frau Baureithel,
es ist sicherlich alles ganz edel, was sie so fühlen und denken.
Doch Sie und viele andere haben (scheinbar?) noch gar nicht begriffen, dass Sie Teil der Radikalisierung sind. Selbst mit ihrem als vermutlich diplomatisch akzentuierten Versuch von Auseinandersetzung, setzen Sie eigentlich nur den Reigen fort.
Sie haben (scheinbar?) ihren Punkt, auf dem sie stehen, von dem aus Sie die Welt betrachten und machen sich (scheinbar?) nicht die Mühe, zu verstehen, wie Radikalisierung vor sich geht. Sie denken, sie haben den 'richtigen' Standpunkt und bemerken nicht, dass die Verteidigung des Standpunktes einen Beitrag zur Spaltung leistet.
Nun ist es wirklich eine (für mich) unlösbare Frage, wie Radikalisierung durch fortschreitende verhärtende Spaltung in der Gesellschaft derzeit aufgehalten werden kann.
Mir bleibt momentan irgendwie nur der Gedanke, dass alles eine Machtfrage wäre und der Stärkere gewinnen wird. Und mir scheint es so, dass viele, auch wenn sie von sich selbst so dermaßen überzeugt wären, so gut zu sein, eigentlich nur dieser Machtstrategie folgen und auf Deibel komm raus sich den Mechanismen unterwerfen.
Oder anders ausgedrückt mit dem Gedankenspiel: Damals wäre es schlicht Mord gewesen, hätte sich einer erbarmt und Hitler erschossen. Erst im Nachherein konnte man wissen, dass vermutlich Millionen hätten gerettet werden können. Doch wenn man vorher nicht weiß, wie sich die Geschichte entwickeln wird, wer was wann genau machen wird usw. bleibt es schlicht Mord und der Mörder ein widerlicher Täter. Auch bleibt die Frage offen, wie stark das Netzwerk war/ ist und ob das (sagen wir mal nur politische, aber nicht existentielle) Eliminieren Hitlers ausgereicht hätte.
Wie moorleiche auch, stellt sich die Frage (sind AfDler/Pegidisten nicht auch Menschen), was eigentlich an dem (ihrem) Standpunkt so edel sei, wenn Humanität fokussiert wird?
Ich zumindest fokussiere meine Humanität, ich teile sie ein: einen Islamisten, einen Faschisten würde ich nicht einfach Schutz anbieten. Ein sogenannter Flüchtling, der als Islamist enttarnt würde, oder nur als Frauenhasser, als Antisemit oder Rassist, wäre bei mir schlicht unten durch. Mit dem wollte ich nichts zu tun haben, egal wie vielen Bombensplittern er in seinem Heimatort entkommen wäre. Würde er politisch verfolgt und hätte damit einen Asylgrund, ich würde diesen ablehnen.
Oder welche Strategien gibt es für solche einen Fall?
Ich denke, der vernünftige Diskurs fehlte eher zwischen September und Dezember 2015 als jetzt. In diesen Monaten gab es ja wirklich nur die Wohlmeinenden auf der einen Seite, welche die von Mainstream-Medien veröffentlichte Meinung fast vollständig ausmachten und die Hassenden auf der anderen Seite, welche auf Demonstrationen und in der Blogosphäre vorkamen.
Inzwischen gibt es, in Mainstream-Medien wie auch in der Blogosphäre, differenzierte Meinungen und ich glaube, dass es genau das ist, was die Wohlmeinenden an der neuen Situation als so unangenehm empfinden.
Sie können nun nämlich nicht mehr das tun, was im September bis Dezember so erfolgreich zu sein schien: Jeden in die rechtsextreme Ecke zu stellen, der die "Willkommenskultur" für töricht hält und darauf hinweist, dass die Aufnahmefähigkeit eines Staates eben nicht unbegrenzt ist, wenn dieser Staat stabil bleiben soll.
Aber diese Strategie schien eben nur erfolgreich zu sein. Sie hat dazu geführt, dass die Mehrheit sich gegen das Regierungshandeln in dieser Frage wendet und ziemlich vehement gegen "Willkommenskultur".
Wenn man bestimmten Umfragen glaubt, hat das Maßlose an der unkontrollierten Grenzöffnung und an der Begeisterung für jeden, der, aus welchen Gründen auch immer, hierher kommen wollte, inzwischen zu einem Extremismuspotential geführt, das noch vor einem Jahr in Deutschland keiner mehr für möglich gehalten hätte.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei aller Unvollkommenheit vieler Politiker in den etablierten Parteien sehe ich derzeit keine vernünftige Alternative zu einer parlamentarischen Demokratie, in der irgendeine Koalition dieser Parteien die Mehrheit stellt. Wenn dieser Zustand aber bei aller Unvollkommenheit immer noch der beste ist, dann kann man nur hoffen, dass das Personal dieser Parteien irgendwann beginnt, so zu handeln, dass es der Bevölkerungsmehrheit als akzeptabel erscheint.
Die Stimmung ist gekippt, weil die Regierung aus Sicht einer Mehrheit unakzeptabel handelt und unakzeptabel kommuniziert und weil viele Mainstream-Medien über längere Zeit versucht haben, die Diskussion über Sorgen und Aengste grösserer Teile der Bevölkerung als "unmoralisch" zu diskreditieren und zu unterdrücken.
Die Situation wird sich nicht bessern, wenn man sich nicht endlich eingesteht, dass in einer Demokratie die Interessen der eigenen Bevölkerung einen gewissen Vorrang haben müssen, weil diese den Zugang zu den Wahlurnen hat.
Hallo Uebung.
„Ich zumindest fokussiere meine Humanität, ich teile sie ein: einen Islamisten, einen Faschisten würde ich nicht einfach Schutz anbieten. Ein sogenannter Flüchtling, der als Islamist enttarnt würde, oder nur als Frauenhasser, als Antisemit oder Rassist, wäre bei mir schlicht unten durch. Mit dem wollte ich nichts zu tun haben, egal wie vielen Bombensplittern er in seinem Heimatort entkommen wäre. Würde er politisch verfolgt und hätte damit einen Asylgrund, ich würde diesen ablehnen.
Oder welche Strategien gibt es für solche einen Fall?“
Es ist echt zum verrückt werden. Alle überschlagen sich mit möglichst hochtrabenden Termini, wie Humanität, Menschenrechte usw. um die dann sogleich wieder einzureißen. Asyl ist ein Grundrecht und daher zu achten, wenn Asylgründe vorliegen. Wenn keine vorliegen und nicht nur Armut ist kein Asylgrund, Krieg streng genommen auch nicht, dann ist Asyl erst mal kein Recht, was nicht heißt, dass man jemanden dann zwingend abweisen muss oder soll. https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_16a.html Er könnte dann Einwandern, aber das nicht auf der Basis des Asylrechts.
Wenn böse Buben bei Dir unten durch sind, ist das moralisch nachvollziehbar, aber das ändert erst mal nichts am Rechtsstatus. Man kann einem Nazi, Linksradikalen oder Islamisten seine Grundrechte nicht absprechen, egal wie unsympathisch man sie findet. Denn, wo soll das hinführen? Rechte gelten für alle, ob sie Frauen hassen, ihre Hunde treten oder Ziegen poppen. Sie können dann wegen mancher Delikte juristisch belangt werden, aber dennoch darf mit ihnen keine Beule ins Auto fahren oder sie anspucken, weil sie Nazis sind oder Ziegen poppen. Es ist strafbar, ihnen oder ihrem Eigentum was anzutun, weil sie auch dann, wenn sie selbst das Recht brechen, noch immer eigene Rechte haben. Das ist doch gut so. Und wenn Frau Merkel mich beleidigt oder Gabriel mir die Fensterscheiben einwirft, dann kann ich sie anzeigen und wenn alles hübsch dokumentiert ist, gewinne ich den Prozess. Ist doch super. Dafür darf ich aber keine Scheiben in Moscheen, Synagogen, AfD oder Greenpeace Büros einwerfen und auch nicht bei Merkel und Gabriel. Gleiches Recht für alle, ist doch von der Idee, vom Prinzip her toll.
Wer Frauen oder Männer hasst, darf das tun, solange er oder sie nicht hetzt. Ist halt ne persönliche Meinung und damit rechtlich abgesichert. Das eigene Recht endet grob gesagt immer dort, wo es die Persönlichkeitsrechte anderer verletzt.
Der Rest ist Moral, der unterschätzte Trumpf im Spiel. Im Moment kaum einzusetzen, weil sich die Gesellschaft dafür einig sein muss und aktuell drehen viele durch. Die Lager sind im Grunde völlig schnuppe, es reicht, dass die Besonnenen zusammen stehen und sich von Hetzern und Extremisten distanzieren. Ich kann mich als deutscher Mann, der christlich getauft ist, nicht vom islamistischen Terror distanzieren oder vom weiblichen Sexismus, ich kann beides höchstens anklagen.
Und im Moment klage ich die an, die sich moralisch überlegen fühlen und dabei ganz offensichtlich nicht bemerken, wie durchdrungen sie von eigenen Vorurteilen und Doppelmoral sind. Das tust Du ja auch, aber im letzten Teil versaust Du alles. Humanität ist doch nicht teilbar, ich bitte Dich. Wenn sie teilbar ist, ist es keine Humanität. Wie soll das gehen?
Gleiches Recht für alle, außer für diejenigen, deren Nummerschild eine 7 enthält? Humanität für alle, außer Nazis? Sollte man Stalinisten eine Krebstherapie verweigern? Wo willst Du die Grenze ziehen und wie würdest Du argumentieren, wenn jemand bereits Falschparker auspeitschen lassen möchte, weil seine Grenzen etwas anders verlaufen, als Deine?
Gerechtigkeit, Humanität und Würde gelten immer und für alle, sonst sind es leere Begriffe, der Willkür unterworfen, wertlos. Man muss dafür kämpfen, dass die besten unserer Rechte und ethischen Prinzipen, vor allem für diejenigen gelten, die wir am wenigsten leiden können. Der Rest ist Cliquenwirtschaft, Soziozentrismus, klein und billig gedacht.
So richtig schaffen wir das vermutlich alle nicht und erst recht nicht zu allen Zeiten. Aber wir haben die Pflicht es wenigstens zu versuchen. Weil femistischer Sexismus genau die Werte mit Füßen tritt, die er zu schützen vorgibt ist er so dumm und ekelhaft. Nicht weil es Frauen sind, die "unserer Kontrolle" zu entgleiten drohen, oh Hilfe Hilfe. Nein, weil sie sich nicht auf Argumente stützen, sondern auf Vorverurteilungen, die dumm und primitiv sind und uns allen einen Bärendienst erweisen. Das gute Gefühl zu haben, für die gerechte Sache zu sein, das kriegt im Zweifel auch noch jeder Selbstsprenger hin.
:D hochtrabenden Termini, wie Humanität,
Ja, stimmt - kann man auch als Codewort nehmen bzw. als Andockmittel, hier speziell für Frau Baureithel verwendet.
Dein Anhang nach dem gelungenen Start, ist allerdings auch eher hochtrabend :)
Ich schreibe als Mensch, Alltagsmensch und nicht als Jurist oder Völkerrechtler. Ich schreibe, was ich denke und nicht einen Idealzustand, wie der Mensch zu sein hat, was ich dann online so tue, als wäre ich so.
Hallo Uebung.
„Ich schreibe als Mensch, Alltagsmensch und nicht als Jurist oder Völkerrechtler. Ich schreibe, was ich denke und nicht einen Idealzustand, wie der Mensch zu sein hat, was ich dann online so tue, als wäre ich so.“
Gerade deshalb. Wer soll denn unseren Staat aufrecht erhalten? 1.000 Politiker, 5.000 Juristen und 50.000 Polizisten? Nein, uns muss klar werden, warum Demokratie ein Spiel ist, was es wert ist, verteidigt zu werden. Ein Staat wo Demokratie drin ist, nicht nur drauf steht. Demokratie lebt davon, dass einige Menschen in ihr tatsächlich Demokraten sind, das heißt, wissen, was sie tun und warum sie es tun und wollen. Das wird und muss nie bei 100% sein, aber wenn es 40% sind, super. Der Rest folgt und macht sowieso mit. Wir sind in der Pflicht, Du und ich.
Du hast doch im Grunde erkannt, wo das Problem einer einseitige Darstellung liegt. Sie ist eben unfair. Aber Du kannst nicht selbst den Bogen überspannen und einigen ihre Rechte absprechen. Und Du kannst und solltest Dich als Privatmensch darum kümmern, zu verstehen, warum Du das nicht wollen kannst. Du willst nicht entrechtet sein, nicht unfair behandelt und auch nicht entwertet oder diskreditiert werden. Aber Du kannst nicht Unfairness mit Unfairness kitten, nicht Rechtsbruch mit Rechtsbruch, das Spiel geht fast immer in die Hose. Vielleicht gibt es da Grenzen im Großen. Tyrannenmord ist m.E. eine echte Option, aber mit Sicherheit keine Daueroption, in dem man unliebsame Menschen zu Tyrannen oder Terroristen erklärt, um sie kalt stellen, reihenweise zu foltern oder gar töten zu können. Barbarei im Namen der Demokratie ist eben einfach nur Barbarei.
Und deutlich tiefer gehängt: Entwertende Stereotypien, wie das sexistische Geschwafel über den „westlichen Mann“ sind keine gute Tat, keine Aufdeckung soziologischer oder psychologischer Muster, sondern kleinkarierte, dumme und bornierte Vorurteile. Die Entwertung gegen Entwertungen, klappt eben genauso wenig.
Ich bin auch weit davon entfernt zu glauben, dass ich weiß, wie und warum sich die gegenwärtige Entwicklung vollzieht. Eine Vorstellung aber habe ich und habe auch hier im Forum immer mal auf den "Kollaps der Modernisierung" von R. Kurz hingewiesen, der genau diese Entwicklung, die wir erleben, vor mehr als 20 Jahren prognostizierte: Den Weltbürgerkrieg.
Immerhin wäre es ja eine ziemlich vernüftige Angelegenheit sich mit der Theorie, die dahintersteht zu beschäftigen, wenn deren Prognosen in so unheimlicher Weise eintreffen.
Das aber will halt keiner und deshalb resonieren wir lieber gemeinsam über den Mob und den Hass, am liebsten den Hass im Internet.
So also isses. Isses so?
Umfragen wurden viele veröffentlicht. Wie relevant die sind, ist immer schwer zu sagen. Auch da gilt, wer zahlt, bestimmt die Musik. Nur, so weit ich es übersehe, hat sich die Zustimmung zur Aufnahme von Zuwanderern in der Bevölkerung von 60% auf 40% reduziert. Und das trotz einer Berichterstattung, die bis vor kurzem und auch jetzt noch überwiegend, auf Regierungskurs war und ist.
Jetzt rede ich mal nicht über die vielleicht 10% Pedgidisten und AFDler.
Das Wenigste was zu sagen ist, und das scheint doch evident, ist, dass es der massenhaft publizierten Meinung, die Autorin gehört als Berufsjournalistin grad dazu, offensichtlich nicht gelingt, Seelen und Köpfe vieler Menschen zu erreichen. Könnte auch sein, dass deren Erfahrungen und Erkenntnisse im Widerspruch zum Publizierten stehen.
Nun ja, dass tun dann Publizisten als Mob ab, den es, klar doch, auch gibt.
Ich liebe das Wort Lügenpresse. Wir alle wissen, dass die Masse, wirklich die unendliche Mehrheit, aller Medien einer handvoll hyperreicher Menschen gehört. Und die ÖR sind quasi Privatbesitz der SPDCDUGRÜNFDP. Und mir will jemand erzählen, die zunehmend in prekären Arbeitsverhältnissen lebenden Zeilenhuren schreiben irgend was gegen die Lohnherren? Lachhaft!
Nein, ich weiß auch nicht, wie man die Wahrheit transsportieren kann, ohne dass es Aufruhr und schlimmeres gibt. Natürlich werden die imensen Kosten der Zuwanderung von der Masse der Bevölkerung getragen, natürlich werden diese die eventuell positive Faktoren bei weitem übersteigen. Die Abstiegsängste sind nicht nur gerechtfertigt, sondern der Abstieg ganzer Schichten wird mit absoluter Sicherheit eintreten. Selbstverständlich wird sich die Sicherheitslage verschlechtern. Es hat auch nie einen Fachkräftemangel gegeben. Es gibt auch keine demografischen Faktoren, die bei Strafe des Unterganges ausgeglichen werden müssten. Und, und , und...
Natürlich ist die Zuwanderung ein Problem. Nur, dass es nicht danach aussieht, dass diese Gesellschaft die Kraft für eine emanzipatorische Lösung aufbringen kann. Auch die Autorin, damit den von ihr kritisierten Menschen gleich, ist da keinen Deut besser. Sind für jede die Zuwander schuld , ist es für die Autorin der Mob.
Zunehmend überkommt mich das Gefühl, fast ist es schon Gewissheit, dass man mit beiden Seiten nicht mehr kommunizieren kann.
Hallo moorleiche,
deinen Appell kann ich sehr gut nachvollziehen, würde ihn sogar selbst an andere richten, wäre ich gerade nicht so furchtbar resigniert.
Was ich mit 'Menschsein' ausgedrückt haben wollte, aber nicht gänzlich ausschrieb, ist, dass ich als Mensch dieses und jenes denke (z.B., den würde ich nicht reinlassen), als Bürger aber versuche, mich an rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Grundsätzen zu orientieren und selbstverständlich nicht selbst richte, auch wenn ich ein unabhängiges Urteil gefällt habe. Ich gestehe mir im vollsten Bewusstsein meiner Nichtfunktionausübung in solchen Belangen zu, also nicht Richter zu sein, meine Gedanken auszusprechen.
Außerdem, die Sache noch anders betrachtend, ist Rechtsauffassung und geltende Rechte etwas fluides, nicht statisches. Eine gute Juristerei ist eine mit fundiertem Wissen über die Rechtsgeschichte. Ein Blick darein, selbst für mich als Laien, sagt mir, dass Recht permanent geändert wird. Es wird gesellschaftlichen, politischen Verhältnissen und Mehrheiten angepasst - oft genug auch von Minderheiten installiert, um Gesellschaft zu verändern (derzeit massiver Umbruch in Polen).
Rechtsänderungen geraten meist so, dass ein Teil profitiert, ein Teil neutral dazu steht und manche (manchmal sehr, sehr viele) Nachteile daraus ziehen.
Ich glaube, dass wir so gesehen an einer Zeitenwende stehen. Nicht nur in Deutschland der Einzelne, wie er die Einhaltung von Recht für sich leben will. Global und geostrategisch erleben wir seit Jahren permanente Rechtsbrüche bei gleichzeitiger Anmahnung zur Einhaltung des Rechts durch die Rechtsbrecher gegenüber anderen. Ich gebe zu, ich habe meine ethisch-moralische Orientierung und Stabilität verloren. Und manchmal geht es soweit, dass ich die Rechtsstaatlichkeit der BRD im heutigen Stil in Frage stelle. Ist dieses System wirklich noch reformfähig?
Trotzdem finde ich deinen Apell, wie gesagt, richtig und wichtig.
Sie denken ganz offensichtlich, dass Sie völlig vorurteilsfrei sind. Überlegungen über die Krise des weißen westlichen Mannes stammen - nebenher- meist von Männern. Überhaupt sind Krisen der Männer ein beliebtes Thema auch in der Literatur. Die männliche Verunsicherung, die ständige Notwendigkeit, Männlichkeit neu zu konstruieren und sich der eigenen Männlichkeit zu versichern, sind Phänomene, die ziemlich umfangreich besprochen werden.
Männer haben Angst vor Frauen
Und sexistisches Geschwafel ist auch eine abwertende höchst dumme Anmerkung.
Eine Zusammenfassung zum Stand der Debatte
Die Stimmung kippt
„…Als hätten viele nur auf Ereignisse wie in Köln gewartet: Im Netz wird nun offen gehetzt, Politiker rüsten verbal hoch. Auf der Strecke bleibt ein vernünftiger Diskurs…“
Ist das, was derzeit zu Tage tritt das Ergebnis einzelner Ereignisse oder Folge einer längeren politischen Entwicklung?
Die Integration – damit meine ich die Integration Europas und nicht die Integration von Ausländern – ist de facto zum Stillstand gekommen. Das Pendel schwingt wieder Richtung Nationalstaat. Mit Dublin III ist möglicherweise auch Schengen gestorben.
Das kann man finden, wie man will, aber es gibt Gründe dafür.
Die wesentlichen Ursachen dafür sind wohl Xenophopie und allgemeiner: Die Angst vor Chaos.
Das Chaos zeigt sich beispielsweise an unkontrollierbaren Staatsgrenzen, Massengrabscherei in der Öffentlichkeit, brennenden Flüchtlingsheimen und ausufernder Internethetze.
Das wäre für den durchschnittlich xenophoben Medienkonsumenten vielleicht ja noch zu ertragen.
Wenn dann aber noch zu Tage tritt, dass selbst staatliche Stellen und öffentlich rechtliche Sender Straftaten von Ausländern beschönigen und verschleiern, wird die Situation kritisch.
Denn dieses Misstrauen wirkt wie ein Turbolader für Angst. Die „besorgten Bürger“ fragen sich, ob es in Wirklichkeit nicht noch viel schlimmer ist. Läßt sich der Staat nur noch mit Hilfe von Manipulation und Sedierung des Souveräns stabil halten?
Wie Sie sagen, die Stimmung kippt.
Ein vernünftiger Diskurs sollte sich deshalb nicht nur um die Symptome sondern um die Ursachen kümmern. Es ist wohl schwer zu leugnen:
Rund um Deutschland gehen schon die Zäune hoch.
Die APO Opas und Omas von früher, damals die „neue Linke“ die es in die „Institutionen“ geschafft hat, wird sich wohl oder übel mit der „noch“ außerparlamentarischen neuen Rechten auseinander setzen müssen.
Hippie meets Reichsbürger.
Viel Vergnügen
fos?
Hippie meets Reichsbürger.
Schöner Satz
Hallo Uebung.
„deinen Appell kann ich sehr gut nachvollziehen, würde ihn sogar selbst an andere richten, wäre ich gerade nicht so furchtbar resigniert.“
Und ich kann die Resignation sehr gut nachvollziehen. Man kann gegenwärtig schon verzweifeln.
„Ein Blick darein, selbst für mich als Laien, sagt mir, dass Recht permanent geändert wird. Es wird gesellschaftlichen, politischen Verhältnissen und Mehrheiten angepasst - oft genug auch von Minderheiten installiert, um Gesellschaft zu verändern (derzeit massiver Umbruch in Polen).“
Das ist ja an sich nicht schlimm, denn das Recht kommt ja nicht vom Himmel, sondern wir geben es uns. Und gerade deshalb kann man ja dabei mitmischen.
„Rechtsänderungen geraten meist so, dass ein Teil profitiert, ein Teil neutral dazu steht und manche (manchmal sehr, sehr viele) Nachteile daraus ziehen.“
Man kann es halt nie allen recht machen, aber zu sehen, dass es gerecht zu geht. Der Einzelfall ist immer so'ne Sache. Vor Gericht und auf hoher See ...
„Ich gebe zu, ich habe meine ethisch-moralische Orientierung und Stabilität verloren.“
Eigentlich ja nicht, denn Du findest da ja etwas ungerecht. Ich glaube, was wir klar kriegen müssen, ist, dass die Politik zwischen Staaten immer und ausschließlich Interessenpolitik ist. Da gibt es keine Freunde, nur wechselseitigen Nutzen. Im Privaten ist genau diese Haltung aber fatal, unerfüllend und menschlich unzureichend.
Das ist aber glaube ich kein größeres Problem, weil in uns beides vorhanden ist. Der Rest ist das ziehen einer privaten Linie, wer Öffentlichkeit ist und wer Freund und Familie.
Hallo Magda.
„Sie denken ganz offensichtlich, dass Sie völlig vorurteilsfrei sind.“
Nö. Aber ich weiß, dass ich welche habe und dass ich die im Zweifel auch revidieren kann. Wir brauchen Vorurteile sogar, sie bieten uns eine erste Orientierung.
„Überlegungen über die Krise des weißen westlichen Mannes stammen - nebenher- meist von Männern.“
Hab' ich hier aber von Frauen gelesen und mich darauf bezogen.
„Die männliche Verunsicherung, die ständige Notwendigkeit, Männlichkeit neu zu konstruieren und sich der eigenen Männlichkeit zu versichern, sind Phänomene, die ziemlich umfangreich besprochen werden.“
Natürlich, nur geht es darum nicht. Was ich anprangere ist einfach Sexismus. Er ist dumm, wenn er pauschal Frauen herabsetzt und er ist dumm, wenn er pauschal Männer herabsetzt. Da ich in loser Reihe hier nun einige mehr oder weniger sexistische Artikel gegen Männer gelesen habe, oder mindestens immer wieder mal im Nebensatz rausgehauen wird, dass man so weiß, wie Männer so sind, schreibe ich eben gegen das an. Wenn Sie das, was Sie verlinken lesen, werden Sie sehen, dass Ihr Kronzeug au der taz dasselbe sagt.
„Das ist auch verschobener Sexismus. Man findet pseudorationale Begründungen dafür, dass das Geschlechterverhältnis ungleich bleiben muss. Dabei ist die Hirnfrage extrem strittig: Viel spricht dafür, dass die Hirnstrukturen nicht naturgegeben so sind, sondern sich in unserer Kultur so entwickelt haben. Vor allem ist interessant, worauf die Wissenschaft sich konzentriert. Plakativ ausgedrückt: Wir können gesellschaftliche Stereotype verändern, wenn wir wollen. Stattdessen konzentrieren wir uns auf das, was die Geschlechtsunterschiede endgültig als natürliche erscheinen lässt. Das ist Vermeidungsverhalten. Dieser Biologismus ist so gesehen eine neue Form des Sexismus.“
(Quelle: http://www.taz.de/!5166706/ )
Sie scheinen aber gar nicht zu bemerken, dass das vermeintliche Wissen darüber, wie Männer so sind genau jenem Biologismus das Wort redet, der hier kritisiert wird.
„Und sexistisches Geschwafel ist auch eine abwertende höchst dumme Anmerkung.“
Würden Sie Sexismus auch noch ernst nehmen, bejubeln und unterstützen? Er ist einfach dämlich, man muss ihn anprangern und aufdecken.
Es könnte sogar interessant sein, über die Geschlechterrollen zu reden, aber das Niveau auf dem das hier derzeit betrieben wird, ist einfach Kindergarten, da hilft es auch nichts, den neuesten Stand der Forschung zu verlinken, wenn sich den niemand durchliest und bis zum nächsten Beitrag garantiert wieder alles vergessen, ist, außer dem, was ins eigene Klischeebild passt. Ich war wirklich von den Socken, als ich zum ersten Mal hier las, wie der „westliche Mann“ so ist und immerhin bin ich ja auch einer. Da hieß es:
„Es sind dieselben Typen, denen sexuelle Gewalt normalerweise egal ist, die frauenverachtende Witze und Busengrapschen für Flirtversuche halten und die meinen, über sexuelle Gewalt in Beziehungen zu sprechen zerstöre Familien.
Und die entdecken jetzt ihr Faible für die Freiheit der Frauen? Der Schutz, den der westliche Mann „seinen“ Frauen anbietet, hat leider noch nie wirklichen Respekt vor deren Wünschen bedeutet.“ (Antje Schrupp)
(Quelle: https://www.freitag.de/autoren/antjeschrupp/koeln-ist-nicht-kairo-warum-wir-einen-kuehlen-kopf-bewahren-sollten )
Wem es da noch an der notwendigen Deutlichkeit mangelt, hier werden sie geholfen:
„Was diese deutschen Männer nun aber völlig auf die Palme bringt: die "Araber" nehmen sich einfach, was sie selbst auch gerne hätten. Die Szenen in der Kölner Sylvesternacht ist doch ein feuchter Traum von den Tausenden, die am Wochenende in der großen Stadt ausgehen, um Frauen aufzureißen, daran aber schon alleine deshalb scheitern, dass es eher keine Frauen gibt, die auf grobschlächtige Besoffskis in Männergruppen abfahren. Auch der Frust dieser Männer bricht sich nun rassistische Bahn.“
(Quelle: https://www.freitag.de/autoren/antjeschrupp/koeln-ist-nicht-kairo-warum-wir-einen-kuehlen-kopf-bewahren-sollten#1452164966181191 )
Kann man Verachtung und Entwertung noch offener zum Ausdruck bringen? Wie bewerten Sie diese Zeilen denn?