Im Dezember hat die Berliner Charité für ihr Kinderkrebszentrum auf dem Virchow-Campus einen Aufnahmestopp verfügt. Bis Weihnachten wurden die kleinen, neu diagnostizierten Patienten und ihre Eltern entweder nach Berlin-Buch oder sogar nach Cottbus umgeleitet, weil in der Kinderonkologie zehn von 50 Stellen unbesetzt waren. In Bremen wiederum darf seit Jahresbeginn eine Reihe von Heimen keine neuen Bewohner mehr aufnehmen.
Der Grund in den meisten Fällen: Mangel an Pflegepersonal. Inzwischen schlägt auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) Alarm. Ihr kürzlich veröffentlichtes „Krankenhaus Barometer“ offenbart die ganze Personalmisere. Im Frühjahr 2019 hatten 76 Prozent aller Krankenhäuser Probleme, Personal für ihre ärztlichen Stellen zu finden, bundesweit konnten 3.300 Vollkraftarztstellen nicht besetzt werden (2016: 2.000). Noch dramatischer sieht es bei der Pflege aus: Drei von vier der fast 2.000 Kliniken berichten von Stellenbesetzungsproblemen, bei Einrichtungen mit über 600 Betten sind es sogar 95 Prozent. In Allgemeinkrankenhäusern ab 100 Betten fehlen 12.000 Pflegekräfte (2016: 3.900), in der Intensivpflege sieht es nicht besser aus. Die DKG rechnet allein für die Krankenhäuser bundesweit mit 17.000 vakanten Pflegestellen, für den gesamten Pflegebereich werden laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) derzeit 50.000 Pflegerinnen und Pfleger gesucht. Für den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach ist dadurch inzwischen sogar die Patientengesundheit gefährdet, „die Sterblichkeit der Patienten“ steige.
Leiharbeit verbieten
Als Pflegefachkraft kann man derzeit durchaus pokern. In Bremen lobte das Diakonie-Krankenhaus gerade 10.000 Euro Prämie aus, um eine neu eingerichtete orthopädische Station zu besetzen. Die Vivantes-Kliniken in Berlin bieten 3.000 Euro für Berufsanfänger und 9.000 für Fachkräfte. Viele Kliniken im Bundesgebiet sind gezwungen nachzuziehen, denn bei einem Gehalt von 2.800 Euro brutto ist der Anreiz fühlbar. Auch das könnte zu der von der DKG erhobenen hohen Fluktuationsquote beitragen. Gravierender dürften allerdings die schlechten Arbeitsbedingungen sein, und die Tatsache, dass Leih- und Zeitarbeitsfirmen immer mehr Pflegekräfte abwerben. Das gefährde, so die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) die Versorgungssicherheit. Sie hat deshalb mit Unterstützung mehrerer Sozialverbände eine Bundesratsinitiative gestartet, um die Arbeitnehmerüberlassung im Pflege- und Krankenhausbereich zu verbieten.
Einen Mangel an Aktivitäten, um nicht zu sagen: Aktivismus, kann man der Politik insgesamt nicht vorwerfen. Im vergangenen Sommer startete Jens Spahn zusammen mit seinen SPD-Kabinettskollegen Hubertus Heil und Franziska Giffey die „Konzertierte Aktion Pflege“ mit dem Ziel, zusammen mit allen Beteiligten im Pflegebereich umzusteuern. Sowohl die Reform der Ausbildung als auch bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung waren das Ziel. Spahn stockte die im Koalitionsvertrag verabredeten 8.000 zusätzlichen Pflegekräfte auf 13.000 auf und reiste um die Welt, um etwa in Mexiko und anderswo neues Personal anzuwerben. Zusätzlich richtete er eine neue Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe in Saarbrücken ein, die es ausländischen Pflegekräften erleichtern soll, in Deutschland zu arbeiten. Familienministerin Giffey hat zum Jahresende eine neuerliche Kampagne zur Aufwertung der sozialen Berufe gestartet. Ihr schwebt vor, dass ein Teil derer, die im 21. Jahrhundert nicht mehr in der Industrie beschäftigt werden können, in diesem menschennahen Berufsfeld unterkommen.
Doch so richtig funktioniert das alles nicht. 2019 sind durch das aufgelegte Programm lediglich 1.500 Stellen besetzt worden. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung („Vertane Chance der Fachkräftebindung in der Pflege“) beobachtet in den letzten Jahren zwar ermutigende Tendenzen, macht aber auch auf die immensen Probleme aufmerksam, die sowohl Arbeitnehmerinnen aus dem Ausland als auch Quereinsteiger im Pflegesektor haben. Zwischen 2012 und 2017 seien insgesamt 63.000 Personen aus dem Ausland auf dem deutschen Pflegearbeitsmarkt angekommen, zunehmend aus nichteuropäischen Ländern. Aber während die einen damit kämpfen, dass ihre Qualifikation gar nicht anerkannt wird oder sie in der Praxis nur als Hilfskräfte eingesetzt werden, sind gut ausgebildete Deutsche aus anderen Berufen mit ständiger Überforderung konfrontiert. Wie bei den Quereinsteigern im Lehrberuf wird von ihnen erwartet, dass sie schnell voll einsatzfähig sind und sich in den Arbeitsalltag integrieren.
Im Prinzip wissen es also alle: Zuwandernde Pflegekräfte können kurzfristig Löcher stopfen, Quereinsteiger in die Bresche springen. Aber wenn die 2030 und später perspektivisch kranken oder pflegebedürftigen Menschen nicht nur gerade so hinreichend, sondern würdig versorgt werden sollen, müssen andere Register gezogen werden als der am 1. Januar 2020 in Kraft getretene Pflegemindestlohn von 11,35 Euro (im Osten sogar nur 10,85 Euro), von dem die Arbeitgeber schwärmen, er läge immerhin weit über der Untergrenze (9,35 Euro) für ungelernte Hilfskräfte. Beides ein Skandal.
Die Pflege-Arbeitgeber sind denn auch die Bremser bei dem ebenfalls im Rahmen der „Konzertierten Aktion“ endlich auf den Weg zu bringenden flächendeckenden Tarifvertrag, den die Gewerkschaft Verdi, aber auch Arbeitsminister Hubertus Heil anstreben. Alternativ droht Heil der Branche mit von der Pflegekommission empfohlenen, erheblich höheren Mindestlöhnen und Mindestarbeitsbedingungen. Seit Monaten blockiert sich die zersplitterte Branche, in der soziale (Paritätischer Wohlfahrtsverband, AWO, Volkssolidarität etc.), kirchliche (Caritas, Diakonie) und private Träger konkurrieren, jedoch selbst.
Während die privaten Arbeitgeber, die etwa die Hälfte des Marktes kontrollieren, von Tarifverträgen nichts wissen wollen, wären die anderen dafür zu gewinnen – aber nur, weil für kirchliche Unternehmen eine Sonderregelung gilt – sie wären aufgrund ihres Selbstbestimmungsrechts nicht an die Allgemeinverbindlichkeit gebunden. Zumindest hat die neu gegründete Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP), der 300 vor allem aus dem sozialen und kirchlichen Sektor stammende Träger angehören, im vergangenen Sommer eine Tarifkommission gebildet und Tarifverhandlungen aufgenommen.
Was den Pflegekräften, die unter schwierigen Bedingungen harte Arbeit leisten, zu gönnen ist, wird für andere teuer. Momentan sind es die Pflegebedürftigen, die auf Kostensteigerungen im Altenheim sitzen bleiben, denn sie und ihre Angehörigen müssen – soweit sie nicht bedürftig sind – einen immer höheren Eigenanteil übernehmen: mit Steigerungsraten bis zu 78 Prozent wie in Mecklenburg-Vorpommern. Zwar wurde die Einkommensgrenze von Angehörigen zum 1. Januar auf 100.000 Euro angehoben, doch die Heimbewohner selbst werden weiter zur Kasse gebeten.
Weder sie noch die gesetzlichen Krankenkassen werden diese in den nächsten Jahren auflaufenden Kosten finanzieren können. Wann, wenn nicht jetzt, wäre also der Zeitpunkt, die Sozialversicherung so zu reformieren, dass das gut bestallte Zehntel der Gesellschaft mit in Haftung genommen wird?
Kommentare 16
Ja, die Pflege geht unter. Die zynische Rechnung ist allerdings die, dass noch etwa ein Drittel der Krankenhäuser kaputt gemacht werden sollen. Was in der ersten Runde über die Finanzen nicht lief, wird in dieser Runde übers fehlende Personal gemacht. Ist das dann geritzt, reichen die Pflegekräfte, die noch da sind. Es gibt dann wenige große, auf bestimmte Krankheiten spezialisierte Zentren und noch hier und da Krankenhäuser um die Versorgung in der Peripherie, Provinz und Land aufrecht zu erhalten.
Ausländische Pflegekräfte bleiben zumeist für eine Runde hier, stellen dann fest, dass die Pflege in angrenzenden Ländern viel besser läuft und dem näher kommt, was sie in ihrem Land gelernt haben – deutsche Krankenschwestern sind Mädchen für buchstäblich alles, im internationalen Vergleich machen Krankenschwestern aber Tätigkeiten, die dem ärztlichen Spektrum nahe kommen, Waschen und Bettpfannen sind da längst delegiert. Der Schritt nach Schweden, in die Schweiz oder in andere, angrenzende Länder ist nicht weit oder man geht in einen anderen, administrativen Bereich. Schwangerschaft und Stellenreduzierung sind andere Exit-Strategien.
Die Altenpflege wird aufgrund der demographischen Situation, immer mehr Rentner, immer weniger Kinder, zum gegenwärtigen Stand, ein Fiasko.
*** -): Danke für diesen wichtigen Beitrag.
Was aber auch noch gesagt werden sollte:
Mexiko, China wie Albanien, ebenso Bulgarien und Rumänien, haben für die arme Bevölkerung ein extrem prekäres Gesundheitswesen und überhaupt ungenügendes Sozialsystem. Da kann es doch nicht so sein, dass der Bundesgesundheitsminister und MinisteriumsmitarbeiterInnen um die Welt reisen, um in diesen prekären Gesellschaften auch noch die wenigen beruflich qualifizierten Fachkräfte abzuwerben.
Natürlich ist es auch verständlich, wenn ein rumänischer oder bulgarischer Arzt nur über ein monatliches Gehalt von 400/500 Euro verfügt, dass er sich auf den Weg nach Deutschland macht und damit seine sozial armen Landsleute der weiteren sozialen Verarmung aussetzt, anstatt sich gemeinsam der heimischen Korruption entgegenzustellen.
Analoges gilt auch für Pflegekräfte, die werden auch dringend in Mexiko und Albanien für die eigene Bevölkerung benötigt. Auch die dortigen Eliten und Reichen haben damit kein Problem, können sie doch auch über ihre mafiösen Staatsgeschäfte ihre Versorgung auskömmlich absichern.
Es bedarf für Deutschland der Motivation und Qualifizierung unter der heimischen und erwerbslosen Bevölkerung. Dabei auch vollkommen unabhängig davon, ob mit bio-deutschen oder mit migrantischen Hintergrund. Offiziell gibt es in Deutschland rund 2,3 Millionen statistisch registrierte Erwerbslose, wohl weitere Hunderttausende in sog. Maßnahmen.
Zugleich gibt es aber auch Millionen Mütter und Hausfrauen in der westdeutschen BRD und Hunderttausende in Berlin, dabei überdurchschnittlich zahlreiche Frauen mit migrantischen Hintergrund, deren Kinder kaum noch einer mütterlichen Fürsorge und Pflege bedürfen. Hier müsste eine nachholende schulische Ausbildung und berufliche Qualifikation erfolgen, nicht nur für eine (freiwillige) Tätigkeit in Pflegeberufen.
Also, das geeignete humanistische Potenzial unter der deutschen Bevölkerung ist auskömmlich vorhanden, um durch deren nachholende, schulische und berufliche Bildung und Fortbildung, eine umfassende pflegerische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.
PS: Damit könnten sich auch die Ministerien und Beamten ihre Weltreisen ersparen.
15.01.2020, R.S.
Bis auf den Neben-Spin – die durch Bild und Bildunterschrift transportierte KI-Propaganda – ganz ordentlicher Artikel.
»Die Politik scheut die entscheidende Reform.«
Es ist viel schlimmer. Die Politik selbst ist doch die Ursache, die Mutter dieses sogenannten Personalmangels. Das hat signifikant etwas mit der Fragmentierung und Modulisierung von Arbeit seit Gerhard Schröder zu tun, die der Förderung der Unternehmen gedient war und für die Arbeit darum immer billiger werden musste, selbst noch um den Preis der Prekarisierung von Arbeits- und Lebensverhältnissen breiter Bevölkerungskreise.
Arbeitskräfte aus Osteuropa, Mexiko oder den Philippinen sind entsprechend attraktive Arbeitnehmer und in Wirklichkeit setzt Politik alles daran, auch den deutschen Arbeitsmarkt daran zu orientieren. Augenblicklich führt der politisch-mediale Komplex wieder einmal eine Kampagne durch, sogenannte Arbeitsmigration gesellschaftsfähig zu machen. Eine Knute mehr, die inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne der Unternehmen zu disziplinieren. Die gieren ja auch bereits nach einer erneuten Steuerbegünstigung angesichts des deutschen Haushaltsüberschusses 2019 von der Dimension einer Portikasse.
Und nun kommt Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, daher und lässt uns folgendes wissen:
„Jeder, der über die nötigen Qualifikationen verfügt und hier bei uns als Pflegekraft tätig sein will, ist herzlich willkommen – sei es aus Osteuropa, Mexiko oder den Philippinen“, sagte Laumann weiter. Klar sei aber auch: „Wir müssen uns bewusst sein, dass die Pflegekräfte oftmals auch in ihren Heimatländern dringend gebraucht werden und dort fehlen, wenn sie bei uns arbeiten. Nicht nur deshalb müssen wir vor allem unsere eigenen Hausaufgaben machen UND IN DER PFLEGE SELBER AUSBILDEN, WAS DAS ZEUG HÄLT.“ Zudem brauche es attraktive Bedingungen für die Beschäftigten, etwa durch eine tarifliche Entlohnung, geregelte Arbeitszeiten oder eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, führte der Gesundheitsminister weiter aus.
Recht hat er, doch ich habe Sorge, solche Sätze gehören der Abteilung Sonntagsreden an: – Hier in NRW finden in diesem Jahr Kommunalwahlen statt. Gehört der Mann doch der CDU an, jener Partei also, die die Prekarisierung der Bevölkerung Deutschlands bei gleichzeitiger Austeritätspolitik maßgeblich mitgestaltet hat.
In NRW fehlen rund 10.000 Fachkräfte, davon 4300 in der Altenpflege.
Das „Parteienkartell aus CDU/CSU, SPD, FDP und GRÜNEn“ hat bewusst und signifikant die Organisation der Altersarmut betrieben, die radikale Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse bis hin zum sittenwidrigen Niedriglohn mit Mini- und Midijobs, Ausweitung der befristeten Beschäftigung, der Leiharbeit und im Übrigen den Besitzstandsklau an der breiten Bevölkerung.
In vielen Punkten kann ich Ihnen bedingungslos zustimmen. Pfelegkräfte aus anderen Ländern sind zum einen nur der berüchtigte Tropfen auf den heißen Stein, und zum anderen wird damit in einem weiteren Land ein Pflegenotstand heraufbeschworen, ohne dem Problem in Deutschland wirklich abhelfen zu könen.
Aber mit dem Verweis auf die in Deutschland registrierten Arbeitssuchenden liegen Sie etwas daneben. Ich bin selbst Krankenpfleger, und habe jahrelang in der Palliativversorgung gearbeitet. Für diesen Beruf muß man "geboren" sein. Da ist es nicht möglich, eine Verkäuferin oder einen Baggerfahrer umzuschulen, und alles wird gut. Viele stellen sich das so einfach vor, und sind dann der menschlichen Seite, aber auch der geforderten Sorgfalt und Verantwortung nicht gewachsen. So haben von den 35 Berufsanfängern meines Jahrgangs nur 10 den Abschluß erreicht. Heute arbeiten noch drei in der Pflege. ich auch nicht mehr. Wobei die Bezahlung nur in den seltensten Fällen der Grund war.
Das Problem sitzt viel tiefer.
*** -): Danke.
Vor Jahren hatte unsere spätere Kriegsministerin U. von der Leyen, damals noch als Arbeitsministerin, sich zum Arbeitslohn dahingehend geäußert: Wer über einen Zeitraum von 35 Jahren einen durchschnittlichen mtl. Arbeitslohn von Brutto 2500 Euro bekommt, der hat im Alter eine Rente auf dem Niveau der Sozialhilfe/Grundsicherung, damals etwa 740 Euro. Das waren bereits schon 14,60 Euro-Std. und jetzt diskutieren die gut geschmierten Partei-Beamten über einen Mini-Mindestlohn von 12 Euro-Std.
PS: Auf dieser ungenügenden finanziellen Grundlage ihrer aktuellen und zukünftigen sozialen Existenz werden die heutigen Millionen Migranten, aus Osteuropa, Asien, Nahost und Afrika, im Alter eine Armutsrente (falls überhaupt) deutlich unterhalb der Sozialhilfe, bzw. unterhalb der Hartz-IV-Regelleistung erhalten.
Gruß, R.S.
Das Problem lässt sich nicht mit höheren Löhnen lösen. Rechnet man das allgemeine Lamentieren in Deutschland einmal raus, das der Verdienst nicht für den zweiten Urlaub auf Teneriffa, und den SUV für die Tochter reicht, so habe ich von kaum einer Pflegekraft wirklich ernste Klagen über den Verdienst gehört.
Viel mehr ist es die Belastung durch Überstunden (weil das fehlende Personal ja ersetzt werden muß, und man die Patienten nicht über Nacht mal liegen lassen kann), ausufernde Verwaltungstätigkeiten und vor allem den Dienst an Wochenenden und Feiertagen. Ich erinnere mich noch an den vorwurfsvollen Blick und die Kommentare, als mein Sohn am Samstag nicht zum Fußballspiel kommen konnte, weil der Papa Dienst hatte. Sprüche wie: "Samstags ist Wochenende, Chill-Zeit und kein Arbeitstag" müssen sich in solchen Situationen Pflegekräfte, Verkäuferinnen und Polizisten wohl immer wieder anhören.
Doch, Geld ist auch ein Thema, aber nicht das Hauptthema. Es ist das Gesamtpaket, was immer mehr Menschen einen anderen Beruf lässt.
Ausführlich: Probleme in der Pflege und ihre dramatischen Folgen für uns alle
Es muss alles stimmen: Sowohl der Lohn als auch die Arbeitsbedingungen. Beides steht in Korrelation zueinander.
Kann es sein, dass Ihnen durch Ihren langjährigen Wohnsitz in der Russischen Föderation der Überblick über die diesbezügliche Situation hier in der Bundesrepublik verloren gegangen sind?
»Rechnet man das allgemeine Lamentieren in Deutschland einmal raus, das der Verdienst nicht für den zweiten Urlaub auf Teneriffa, und den SUV für die Tochter reicht, so habe ich von kaum einer Pflegekraft wirklich ernste Klagen über den Verdienst gehört.«
Das ist für mich eine unerträgliche Polemik, die uns Maßlosigkeit vor Augen führen soll. Nur 22 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege z.B. arbeiten überhaupt mit Tarifvertrag.
Aber ganz sicher sind Sie sich demgegenüber hinsichtlich der Besonderheit IHRER Situation: »Ich bin selbst Krankenpfleger, und habe jahrelang in der Palliativversorgung gearbeitet. Für diesen Beruf muß man "geboren" sein. Da ist es nicht möglich, eine Verkäuferin oder einen Baggerfahrer umzuschulen, und alles wird gut. Viele stellen sich das so einfach vor, und sind dann der menschlichen Seite, aber auch der geforderten Sorgfalt und Verantwortung nicht gewachsen.«
Jawohl: Die kranken- und Pflegeberufe brauchen mehr qualifizierten Nachwuchs. – Anständig bezahlten!
Und es braucht attraktive Bedingungen für die Beschäftigten, etwa durch eine tarifliche Entlohnung, geregelte Arbeitszeiten oder eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf. - Der Minister hat recht.
Ich möchte zustimmen, "Das Problem sitzt viel tiefer".
Grundsätzlich ist die humanistische Achtung der Menschen aus der sozialen Balance geraten, weil es nur um Profit, koste was es wolle, geht.
Die Pflegeberufe erfordern eine besondere Anerkennung des persönlichen Einsatzes, sowohl psychisch als auch physisch. Das ist der Profit der Menschenwürde. Aber es geht nur um den privatisierten Profit an der Börse.
Wenn arbeitsrechtlich gesicherte Arbeitsplätze leistungsgerecht bezahlt werden, steigen auch die Sozialbeiträge angemessen. Wenn aber die Krankenhäuser privatisiert werden und die Profitsteigerung an der Börse eingehandelt wird, sehen wir zu Prachtbauten aufgemotzte Häuser zugunsten der Investoren an den Börsen und zum Nachteil der hilfebedürftigen Menschen und der Pflegekräfte.
Die Investoren fordern ihre Profite und das soziale Innenleben dieser Häuser scheitert an den immer höher geforderten Leistungssteigerungen des Personals ohne Berücksichtigung angemessener Gehälter. Dafür werden die Patienten Opfer der PC-Ausstattungen. Mitmenschlichkeit ist unbezahlbar, aber das was bezahlbar ist, ist auch zu bezahlen. An den Börsen wird Papier gehandelt. So sind die Börsen die Visitenkarten des modernen Wirtschaftsfaschismus. Die Patienten und ihre Pflegekräfte sind Marktfaktoren. Da kann die Personalsuche in Billigstlohnländern in unserem Sozialgefügen nur noch menschenverachtend sein.
Selbst so in einer Uniklinik gesehen: Das examinierte Krankenpflege-Personal entsorgt die Schmutzwäsche aus der Dusche, weil die Putzhilfe der Reinigungsfirma keine Zeit dafür hat. Dass dafür Patienten keine notwendige Hilfe bei der Körperpflege und dem Essen zu erwarten haben, spielt offenbar keine Rolle. Geht ja, wenn sich Bettnachbarn helfen können. U.s.w.
Das ist die Wertschätzung der Leistung des Pflegepersonals.
Auch als Pflegekraft arbeitet man lieber in einem modernen, gut ausgestatteten Haus, als in einem Altbau, wo verstorbene mangels Platz auch mal in der Personalumkleide "abgestellt" werden. (selbst 1996 noch so erlebt). Ein entsprechender Raum kam erst, als die städtische Klinik dann privatisiert wurde.
Wenn die Pflegekräfte aber von acht Stunden am Tag vier für administrative und verwaltende Aufgaben benötigen (im Auftrag der Krankenkassen, Gesundheitsbehörden etc.) und dann noch die liegengebliene Dreckwäsche der Putzfirm entsorgen müssen, kann nicht mehr viel Pflege übrig bleiben. Und nur dafür (professionelle Pflege) werden sie bezahlt oder ausgebildet.
Wenn in den Kliniken nicht mindestens nach Tarif bezahlt wird, so wäre dies eine Sache des Betriebsrats und der Gerichte, nicht aber vorrangig des Pflegepersonals. Wer hier klagt, hat meine vollste Unterstützung. Was aber leistungsgerecht ist, ist wieder eine Ansichtssache, und das nicht nur von Seiten der Arbeitgeber. Und in den wirklich anspruchsvollen Bereichen OP und Intensiv oder Fachpflege (Onkologie, Psychiatrie) werden ja teils recht hohe Zulagen gezahlt. Aber mehr als ein Tariflohn für eine Schwester (oder Schwesternhelferin), die nur Essen verteilt und Blumenvasen bereitstellt wäre dann auch anmaßend
Wenn aber eine weibliche Pflegekraft sich mit "Schwester xxx" statt mit Frau Meier anreden lässt, zeigt dies auch von fehlender Professionalität und auch dem fehlenden Respekt der Offentlichkeit bzw. den ofmals älteren Patienten. Mich hat nie jemand als Bruder ... angesprochen. Zu einem Arzt kann man aber auch Herr Meier statt Herr Doktor oder Herr Professor sagen. Hier tritt oft das Gegenteil auf.
@Flegel: Definieren Sie mal, was anständig bezahlt bedeutet: Um einen entsprechend Lohn zu fordern, brauche ich nicht unbedingt einen Tarifvertrag. Ich kann meinen Lohn oder Zulagen, besonders in der momentanen Situation, auch selbst aushandeln, wenn ich auch entsprechendes anbieten kann (siehe die "Schwester", welche sich nach ihrer Ausbildung 1980 nicht mehr weiter qualifiziert hat.
Meine Zeit in Russland vernebelt mir nicht unbedingt den Blick. Hier herscht traditionell ein Überangebot an Arbeitskräften, auch in der Pflege. So sind 10 oder 15 Schwestern pro Station (10-15 Patienten) normal, wo in Deutschland nur eine examinierte und eine Helferin tätig sind. Und das bei Löhnen , die weit unter dem Existenzminimum liegen. Und fast alle Pflegekräfte haben einen akademischen Berufsabschluß.
»Das ist die Wertschätzung der Leistung des Pflegepersonals.«
„Wertschätzung!“ – Ein Begriff, der in der Politik seit Gerhard Schröder nahezu ausschließlich dem Profitstreben zuteilwird.
»@Flegel: Definieren Sie mal, was anständig bezahlt bedeutet.«
Hierüber werde ich mit Ihnen nicht diskutieren. Meine Erfahrung mit Ihnen hier in der dFC ist die, dass Sie die Verantwortlichkeiten immer bei den Betroffenen abladen und dabei die systemischen Bedingungen außer Acht lassen. Das hat mir bei der Migrantendiskussion, hier in der dFC bereits missfallen.
Die Regierungen des „Parteienkartells aus CDU/CSU, SPD, FDP und GRÜNEn“ verteilten das seit 1960 nicht wesentlich veränderte Arbeitsvolumen Deutschlands skrupekkos auf mehr Schultern. Seit 1960 mit rund 26 Mio. auf jetzt 45 Mio. Personen und von 56,382 Milliarden Arbeitsstunden in 1960 bzw. auf 61,054 Milliarden Arbeitsstunden in 2018, die ehemaligen DDR-Arbeitskräfte seit 1991 eingeschlossen. Das Ergebnis: Viele Menschen verdienen das Salz in der Suppe nicht mehr. Hierdurch bedingt stieg die zunehmende Anzahl der Erwerbstätigen, die gewollt oder unfreiwillig in Teilzeit arbeiten – darunter vor allem Frauen.
"Auch als Pflegekraft arbeitet man lieber in einem modernen, gut ausgestatteten Haus, als in einem Altbau, wo verstorbene mangels Platz auch mal in der Personalumkleide "abgestellt" werden. (selbst 1996 noch so erlebt). Ein entsprechender Raum kam erst, als die städtische Klinik dann privatisiert wurde."
Tatsache ist, dass die Altbauten selbstversändlich modernisiert werden müssen, aber aus zweckdienlich selbstverständlichen Gründen.
Nun werden aber viele Krankenhäuser geschlossen, weil sie nicht mehr unterhalten werden und angeblich nicht mehr gebraucht werden. Wobei sich andere Krankenhäuser erlauben, keine Patienten mehr aufnehmen zu können.
Hier hat der Faktor "Privatisierung" einen fragwürdigen Stellenwert. Wenn man die Unterhaltung eines Krankenhauses aus dem Blickwinkel der zwei Kostenbereiche betrachtet, kann es nicht richtig sein, wenn es vorrangig um Privatwirtschaftliche Immobilien geht zu Lasten der Patienten und den Pflegekräften, weil die Gesamtkosten aus einer Kasse der Versicherungsbeiträge gezahlt werden müssen. Wirtschaften und Sparen an den richtigen Stellen ist dann nicht mehr machbar.
Nun ist die privatisierte städtische Klinik ja nicht kostenfrei! Und die Kosten müssen von den Beiträgen der Versicherten bezahlt werden. Wo ist der Unterschied, wenn der Investor bestimmt u. bezahlt werden muss? So müssen die Pflegekosten die Stellschraube der Einnahmen der Kassen sein, die von den Beiträgen der Mitglieder abhängig sind und nicht mehr in einer sozialen Balance im Lohngefälle mithalten können, so dass die Versicherten 2 mal eine Beitragserhöhung bezahlen müssen. Einmal ggf. mit der persönlichen Einkommenssteigerung und zum 2. Mal mit einer notwendigen Erhöhung der Beitragssätze der Versicherungen.
Darüber spricht man nicht. Sollte aber logisch einleuchten.
"Auch als Pflegekraft arbeitet man lieber in einem modernen, gut ausgestatteten Haus, als in einem Altbau, wo verstorbene mangels Platz auch mal in der Personalumkleide "abgestellt" werden. (selbst 1996 noch so erlebt). Ein entsprechender Raum kam erst, als die städtische Klinik dann privatisiert wurde."
Tatsache ist, dass die Altbauten selbstversändlich modernisiert werden müssen, aber aus zweckdienlich selbstverständlichen Gründen.
Nun werden aber viele Krankenhäuser geschlossen, weil sie nicht mehr unterhalten werden und angeblich nicht mehr gebraucht werden. Wobei sich andere Krankenhäuser erlauben, keine Patienten mehr aufnehmen zu können.
Hier hat der Faktor "Privatisierung" einen fragwürdigen Stellenwert. Wenn man die Unterhaltung eines Krankenhauses aus dem Blickwinkel der zwei Kostenbereiche betrachtet, kann es nicht richtig sein, wenn es vorrangig um Privatwirtschaftliche Immobilien geht zu Lasten der Patienten und den Pflegekräften, weil die Gesamtkosten aus einer Kasse der Versicherungsbeiträge gezahlt werden müssen. Wirtschaften und Sparen an den richtigen Stellen ist dann nicht mehr machbar.
Nun ist die privatisierte städtische Klinik ja nicht kostenfrei! Und die Kosten müssen von den Beiträgen der Versicherten bezahlt werden. Wo ist der Unterschied, wenn der Investor bestimmt u. bezahlt werden muss? So müssen die Pflegekosten die Stellschraube der Einnahmen der Kassen sein, die von den Beiträgen der Mitglieder abhängig sind und nicht mehr in einer sozialen Balance im Lohngefälle mithalten können, so dass die Versicherten 2 mal eine Beitragserhöhung bezahlen müssen. Einmal ggf. mit der persönlichen Einkommenssteigerung und zum 2. Mal mit einer notwendigen Erhöhung der Beitragssätze der Versicherungen.
Darüber spricht man nicht. Sollte aber logisch einleuchten.
Maximilianspapa