Bergauf nicht bremsen!

Vernunft Unsere Wirtschaft muss auf Green Economy setzen

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Wenn wir eines Tages alt sind, werden wir unseren Enkeln entweder voller Stolz von 2015 erzählen können, weil wir in diesem entscheidenden Klima-Jahr die Weichen für eine grüne Zukunft gestellt haben; oder mit einem Kloß im Magen, weil wir die Gesellschaft und Wirtschaft nicht davon abhalten konnten, unseren Planeten zu zerstören.“ So startete ein Aufruf der internationalen Aktionsplattform Avaaz, der es damit gelang, in wenigen Stunden hunderttausende Menschen weltweit zu aktivieren.

Der alte Profit-Optimierer

Das Unterzeichnen einer Petition ist gut, aber so eine Unterschrift per Mausklick auch kein so großer Aufwand. Immer mehr Menschen stimmen per Petition beherzt für die Veränderung. Doch was passiert wirklich in unserer Gesellschaft und Wirtschaft? Zu wenig. Dabei gibt es praktische Möglichkeiten zu handeln, die Wirkung tritt sofort ein, nachhaltiges Handeln fängt im privaten Umfeld an. Möglichkeiten, Routinen und Gewohnheiten zu verändern, gibt es jeden Tag, auch von zu Hause aus und sie sind eben noch ein bisschen mehr als ein Klick. Wir können neue Essgewohnheiten ausprobieren, zum Beispiel weniger Fleisch und mehr Bio. Wir können öfter mit dem Fernbus oder der Bahn fahren statt mit dem Auto. Dabei geht es immer um das Hinterfragen des eigenen Konsums und um Prioritäten, um mehr Qualität statt Menge. Sowieso. Ein entschleunigtes Leben ist das bessere Leben, wissen wir. Doch die konkrete Umstellung und Veränderung ist immer wieder überraschend.

Man kann jetzt gut einwerfen: „Meine Handlungsmöglichkeiten sind gering und so sehr eingeschränkt von Zeitnot, finanziellen Restriktionen oder auch Bequemlichkeit. Warum kümmert sich nicht der Staat um bessere Rahmenbedingungen, die für eine unbeschwerte Zukunft sorgen?“ Die Antwort ist einfach: Weil der Staat bis dato massiv beeinflusst wird vom alten neoliberalen Zeitgenossen, dem Profit-Optimierer. Und damit von einer Wirtschaft, die bekanntlich mit einem enormen Lobbyapparat alles daran setzt, dass sie weiterhin maximale Gewinne zum Wohle ihrer Anteilseigner vorweisen kann. Ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt. So ist es nicht verwunderlich, dass man in der Politik erst 20 Jahre nach der ersten Rio-Konferenz auf die Idee kam, eine Green Economy zu fordern und inzwischen sogar zu fördern. Aber „Guten Morgen, liebe Politik“ – die Förderung einer Green Economy wäre vor 20 Jahren wirklich angesagt gewesen, stattdessen beschäftigte man sich mit Liberalisierung und Privatisierung.

Dabei ist grünes Wirtschaften nicht per se wirtschaftsfeindlich. Grüne Pioniere haben bereits vor 30 Jahren eigene Ansätze einer Green Economy entwickelt und mit viel Idealismus Firmen aufgebaut, deren Zielsetzung zuerst Sinnstiftung statt Profitmaximierung war. Damals wurden sie als Öko-Träumer belächelt. Heute sind diese Unternehmen erfolgreich in den Bereichen Bio-Lebensmittel, regenerative Energien, modernes und energieeffizientes Bauen, Naturkosmetik und vieles mehr. Die Politik reagierte langsamer, aber sie reagiert in Teilen und sie muss reagieren. Das ist Common Sense. Es geht heute um weit mehr als um grüne, umweltverträgliche Produkte. Wir müssen grün wirtschaften, um überhaupt zukunftsfähig zu bleiben.

Der gute alte Kästner-Spruch, „es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, hat es eigentlich in sich. Und ist längst nicht mehr auf das Privatleben beschränkt. Denn neben privaten Nachhaltigkeits-Experimenten gibt es noch einen Bereich, in dem jeder zur Veränderung beitragen kann. Das ist der eigene Job, ob als Personalverantwortliche/r, EinkäuferIn, GeschäftsführerIn, AusbilderIn oder FahrerIn. Im Grunde kann jeder überlegen, wie der eigene Beitrag einer Wirtschaft auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft aussehen kann.

Wirtschaft als Motor

Das heißt konkret, erst einmal grundsätzliche Fragen an das eigene Unternehmen zu stellen. Folgt das Unternehmen bereits dem Konzept einer Green Economy? Gibt es Überlegungen für die Erneuerung des Wirtschaftssystems und für die Schaffung fairer Marktbedingungen? Wie definiert das Unternehmen Wachstum und Wertschöpfung? Gibt es Denkmodelle zur Sharing-Ökonomie, Konzepte wie Regeneration und Subsistenz? Wurde überprüft, ob diese neuen Geschäfts- und Ökonomiemodelle für die derzeitige und zukünftige Ausrichtung des Unternehmens relevant sind? Wie ist die Position dazu? Die Vorbereitung? Inwiefern kalkuliert das Unternehmen externe Effekte in die Kostenrechnung mit ein? Gab es bereits Entscheidungen, die durch diese Informationen beeinflusst wurden. Ist das alles schon eingepreist in die Produkt- und Serviceangebote?

Was kompliziert und komplex klingt, ist nötig. Denn ohne einen gehörigen Schuss Reflexion und offener diskursiver Auseinandersetzung werden Unternehmen reaktive Wirtschaftsteilnehmer und im Prinzip Gefangene des Eigennutzstrebens bleiben. Es gibt aber Entfaltungsmöglichkeiten, die das Leben künftiger Generationen mitdenken. Wir brauchen eine Gesellschaft, die es versteht, in einem starken Gemeinwesen nachhaltig zu wirtschaften.


Dieser Artikel ist Teil des Freitag Extra Grün wirtschaften – Nachhaltigkeit weiterdenken in Kooperation mit UnternehmensGrün

Dieser Artikel ist Teil des Freitag Extra Grün wirtschaften – Nachhaltigkeit weiterdenken in Kooperation mit UnternehmensGrün

Fritz Lietsch ist Gründer des Magazins Forum Nachhaltig Wirtschaften

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Fritz Lietsch | UnternehmensGrün

UnternehmensGrün e.V. ist ein ökologisch orientierter Unternehmensverband

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