Ein kleines Imperium

Musik selbermachen Die Berliner Musikerin Kitty Solaris hat sich ihr eigenes Plattenlabel geschaffen. Das könnten andere auch, meint sie. Frauen-Bands sollten stärker gefördert werden

An anderer Stelle war schon über die neuen Chancen des Internets für Musikerinnen als unabhängige Unternehmerinnen die Rede. Es gibt schließlich viele, die ihre Platten in Eigenregie veröffentlichen, ihr eigenes Management, Marketing oder Booking sind. Kitty Solaris hat es mit ihrer Firma zum Imperium gebracht – Solaris Empire heißt ihr Plattenlabel, auf dem sie Künstlerinnen und Künstler wie Kat Frankie, Marta Collica oder Bernhard Eder veröffentlicht.

In ihren D.I.Y.-Videos sieht man Kitty Solaris gerne im Grünen, beim Joggen oder vor verunsichert dreinblickenden Feuerwehrmännern auf und ab wippend.

Oder sie tänzelt im Pünktchen durch den Berliner Mauerpark, setzt zum Luftgitarrenspiel an und singt „kisses lift me up“.

Ihren Lo-fi-Pop produziert die Singer/Songwriterin überwiegend in der eigenen Küche, wo sie neben Americana-Schnippseln, ein bisschen Underground, warmen Trash und viel heimelige Melancholie beimischt. Dabei zählt Solaris urbane New Yorkerinnen wie Cat Power oder Patti Smith zu ihren Vorbildern – sicherlich nicht allein in musikalischer Hinsicht sondern auch in ihrer Art, Künstlerin zu sein.

Weil sie keine Lust auf „langwierige Labelsuche“ hatte, gründete Kitty alias Kirsten Hahn 2006 ihr Solaris Empire. „Ich hatte keine großen Vorkenntnisse, das Label ist aus einem D.I.Y.-Gedanken heraus entstanden“, erzählt die Berlinerin im Interview. Die erste Veröffentlichung war ihre eigene Platte „Future Air Hostess“, die sich so am unkompliziertesten für den Markt bereit stellen ließ.

Dieses unverkrampfte Experimentieren zeichnet auch die Auswahl ihrer veröffentlichen KünstlerInnen aus: „Bisher hat sich vieles mehr oder weniger zufällig über Kontakte und Bekanntschaften ergeben“, sagt Kirsten Hahn. Und egal, ob sie andere Musikerinnen und Musiker über Freunde und Bekannte kennen lernt, oder einfach mal angerufen wird, wegen Live-Tipps, wie Kat Frankie es getan hat, das Label Solaris Empire deckt vor allem das Singer/Songwriter Genre ab. Das sei aber eher Zufall, erklärt die Labelbetreiberin: „Ich bin musikalisch nicht darauf festgelegt. Ich mag sehr unterschiedliche Arten von Musik, aber es muss etwas Spezielles haben.“

Auf Solaris Empire veröffentlicht Hahn Künstlerinnen und Künstler. Bei Festival-Lineups oder beim Blättern in Musikzeitschriften sieht sie aber sehr oft eine Mehrheit an männlichen Bands. Daran, dass Frauen schlechtere Musikerinnen oder Songschreiberinnen seien, liegt es ihrer Meinung nach aber nicht. Schon eher an der „strukturellen Ungleichheit, die es auch in anderen Bereichen wie bei Führungspositionen in Politik und Wirtschaft“ gebe. „Musikerinnen werden in der deutschen Musiklandschaft zu wenig gefördert und unterstützt“, beschreibt sie das Problem. Entgegenwirken könne man, wie in anderen Branchen auch, durch Kontakte und Netzwerke. Aber: „Oft sind die Netzwerke in erster Linie auf männliche Bands ausgerichtet.“ Deshalb findet Hahn es wichtig, dass „Festival-Organisatoren, Clubs, Musikmagazine, Labels und Radiostationen verstärkt darauf achten, dass mindestens 30 bis 50 Prozent Female Bands aus Deutschland gebucht, gespielt und gefeatured werden, um dieses Ungleichgewicht auszugleichen.“ Denn als frische Band braucht man die Unterstützung: „Allein ist es schwer zu schaffen, weiter zu kommen,“ sagt die Musikerin.

Weil aber auch mit CD-Verkäufen immer weniger Geld zu verdienen ist, hat sie vor kurzem noch die Promotion-Agentur „Solaris Promotion“ gegründet. Auf ihrem Label erscheint im Februar die nächste Veröffentlichung: Das Debüt von Past and Future. Es ist zwar nicht die Weltherrschaft, aber mit Solaris Empire hat sich Kirsten Hahn immerhin ihr eigenes kleines Imperium geschaffen.

Verena Reygers, Jg. 1976, bloggt auf und schreibt als freie Journalistin über Bands, Konzerte und neue Platten. Sie findet, Mädchen sollten wild und gefährlich leben, solange sie stets ein buntes Pflaster in der Tasche haben. Auf freitag.de schreibt sie in einer zweiwöchentlichen Kolumne über Frauen und Musik. Zuletzt: Sing it loud!

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Geschrieben von

Verena Reygers

Musikfetischistin, Feministin, Blames it on the Boogie

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