Frieden schaffen mit der Frau

Nobelpreis Das Nobelpreiskomitee ehrt die Präsidentin Liberias und zwei weitere Aktivistinnen für ihren Einsatz gegen Krieg und Ungerechtigkeit. Gemeint ist dies als "Signal"

Zwölf Frauen in 110 Jahren. Und dann gleich drei auf einmal. Das Friedensnobelpreiskomitee will die Auswahl der diesjährigen Preisträgerinnen als „wichtiges Signal“ verstanden wissen, dass es „ohne Einbeziehung der Frauen keine Demokratie und keine friedliche Entwicklung geben kann“ und verweist auf die „Notwendigkeit, dass Frauen in gleicher Weise wie Männer an Friedensprozessen und an Friedensarbeit generell beteiligt werden“. Ach Mensch, wäre hätte das gedacht? Bei so viel Gemeinplatz ist doch zumindest mal ein kleiner Stoßseufzer angebracht.

Frau könnte sich nun weiter aufregen, dass das Komitee den Preis auf drei Frauen aufteilt, die jede für sich und alleine würdige Vertreterinnen in der ellenlangen Riege männlicher Friedensverfechter gewesen wäre, unter denen ja nun auch einige exotische Exemplare zu finden sind – so etwa Henry Kissinger oder auch US-Präsident Barack Obama, der 2009 als Frischling im Amt mit dem Preis geehrt wurde, den er sich immer noch nicht wirklich verdient hat. Aber bitte, Schwamm drüber. Die vier Jurorinnen und ihr männlicher Vorsitzender meinen es ja vermutlich sogar ernst mit ihrer Hommage an die bisher vernachlässigte Hälfte der Menschheit, und was sollen sie sich Kritik anhören für die Ignoranz ihrer Vorgänger.

Loben wir lieber die neuen Preisträgerinnen. Zwei von ihnen, die liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf und die liberianische Menschenrechtsaktivistin Leymah Gbowee, haben dazu beigetragen, den elend langen und blutigen Bürgerkrieg in ihrem Land mit Tausenden Kindersoldaten und Hunderttausenden Toten und Entwurzelten zu beenden. Nachdem Kriegsherr Charles Taylor aus dem Land gedrängt worden war, wurde Johnson-Sirleaf 2005 aus 22 Kandidaten und Kandidatinnen zur ersten Präsidentin Afrikas gewählt. 2010 benannte „Newsweek“ die heute 72-Jährige für die Top Ten der besten Staatschefs der Welt. Nun steht das Land erneut vor Präsidentschaftswahlen.

Ihre 39-jährige Landsfrau Gbowee nahm sich, wie Johnson-Sirleaf auch, vor allem der liberianischen Kinder an, die nach 14 Jahren Bürgerkrieg traumatisiert zurückblieben. Sie half in der von der Präsidentin einberufenen Wahrheits- und Versöhnungskommission mit, die tiefen Risse in der von Gewalt zerrütteten Gesellschaft zu kitten. Inzwischen leitet sie die Organisation „Women Peace and Security Network Africa“.

Die dritte Preisträgerin schließlich ist wohl das „Signal“ des Komitees an die, die im Herbst des Arabischen Frühlings die Hoffnung auf eine spektakuläre Wende wie in Liberia nicht aufgeben sollen: Die 32-jährige Tawakkul Karman gehört zu den Organisatoren der Proteste im Jemen, die das Regime von Präsident Saleh nun seit Monaten versucht niederzuringen. Die Journalistin setzt sich für soziale Gerechtigkeit ein, für Demokratie und Meinungsfreiheit.

„Es ist die Hoffnung des norwegischen Nobelkomitees, dass der Preis an Ellen Johnson-Sirleaf, Leymah Gbowee und Tawakkul Karman dabei mithilft, die Unterdrückung von Frauen zu beenden, die es weiter in vielen Ländern gibt, und das große Potenzial für Frieden und Demokratie zu erkennen, das Frauen repräsentieren können“, erklärten die Juroren am Freitag in Oslo. Das wiederum ist ein ziemlich hohes Ziel.

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Geschrieben von

Verena Schmitt-Roschmann

Verena Schmitt-Roschmann ist Ressortleiterin Politik des Freitag.

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