Jetzt hat er es wieder getan. So wie im Herbst 2011, als er kurz vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl über die geordnete Insolvenz Griechenlands fabulierte. Nun hat FDP-Chef Philipp Rösler also, an einem lauen Sommerabend über die randlose Brille blinzelnd, mal eben den Abschied Athens aus dem Euro herbeigeredet. Das Szenario habe für Fachleute wie ihn seinen Schrecken längst verloren, sagte der Bundeswirtschaftsminister.
Wie er darauf kommt, sagte Rösler nicht. Unklar ist auch, welche Fachleute er meint. Denn viele Experten halten die Folgen eines griechischen Euro-Exits für unberechenbar. Renommierte Ökonomen warnen, dass Europa auf eine finanzpolitische Katastrophe zusteuere.
Überraschend unprofessionell
Zu Recht bezog Rösler umgehend Prügel. Die Börsenkurse stürzten ab. Der Sprecher der Bundesregierung erging sich in aalartigen Windungen, um das Gerede des Vizekanzlers vorerst nicht als offizielle Linie stehen zu lassen. Griechische Politiker spuckten Galle. Und Röslers FDP-Parteikollege Jorgis Chatzimarkakis ließ sich mit den Worten zitieren: „Das Ausmaß der Unprofessionalität des Vizekanzlers und Wirtschaftsministers überrascht.“ Auch anderen Liberalen wird irgendwann aufgehen, dass es mit diesem sympathischen Dilettanten aus Bückeburg nicht mehr weitergeht.
Doch ist die entscheidende Frage eine andere: Wie wird sich die Regierung tatsächlich positionieren? Rösler ist ja nicht allein. Die CSU drängt die Griechen bereits seit Längerem zum Austritt. Und auch in der CDU gibt es wenig Rückhalt für weitere Hilfe. Seit Moody’s für Deutschland schlechtere Kreditbedingungen prophezeit, festigt sich diese Linie.
Ein bisschen heuchlerisch
Das kollektive Kopfschütteln über den Wirtschaftsminister liegt am Zeitpunkt seiner Äußerungen – vor dem Bericht der Troika, vor dem Aufspannen des Rettungsschirms ESM. Die Erwartung, dass Athen nicht im Euro zu halten ist, teilen aber viele in der Koalition.
Deshalb ist die Empörung in den Regierungsparteien auch Heuchelei. In diesem Sinne sollte sich niemand allzu lange mit Rösler und seinen Fettnäpfchen aufhalten. Vielmehr bleibt zu hoffen, dass jemand anderes – dass irgendwer in dieser Regierung einen Plan hat, wie es im Herbst weitergehen soll.
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