Rot-Grün im CDU-Dilemma

Berliner Kreis Die Konservativen in der Union wissen nicht mehr richig, was konservativ ist. Für Sozialdemokraten und Grüne ist das ein Problem
Christean Wagner (l.) und Frank Henkel gehören zum "Berliner Kreis" der CDU und fordern eine Rückbesinnung auf christlich-bürgerliche Werte. Doch was heißt das genau?
Christean Wagner (l.) und Frank Henkel gehören zum "Berliner Kreis" der CDU und fordern eine Rückbesinnung auf christlich-bürgerliche Werte. Doch was heißt das genau?

Foto: Odd Andersen / AFP / Getty Images

Konservatives Profil als Garant für CDU-Wahlergebnisse „40 plus X“? Wie in der guten alten Zeit, als alles noch nicht so furchtbar unübersichtlich war und das tagesaktuelle Navigieren einer ostdeutschen Pragmatikerin an der Regierungsspitze undenkbar? Das Ziel des sogenannten Berliner Kreises in der Christlich Demokratischen Union hat auch etwas rührend Rückwärtsgewandtes. Denn wo sollen für die Union – die 2009 genau 33,8 Prozent einfuhr – in der neuen Sechs-Parteien-Landschaft noch einmal Traumwerte der achtziger Jahre herkommen?

Trotzdem ist es kurios, dass die Konservativen in der CDU so gar keinen Fuß auf den Boden bekommen. Und für SPD und Grüne ist es gefährlich.

Der mittige Wirrwarr

Es kann ihnen nicht recht sein, dass der Mittelständler Josef Schlarmann sich in seiner Partei nur lächerlich macht, wenn er gegen die Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel zu Felde zieht. Es kann sie nicht beruhigen, dass jener „Berliner Kreis“ um den hessischen Landtags-Fraktionschef Christean Wagner noch nicht einmal ein achtseitiges Positionspapier zuwege bringt – offenkundig, weil den Beteiligten selbst nicht klar ist, was sie unter konservativ verstehen sollen. Die weitere Nutzung der Kernkraft? Oder doch eher den Mindestlohn?

Aber genau das ist der Punkt: Im mittigen Wirrwarr verirren sich eben nicht nur die verhinderten Wertehüter der Union. Rot-Grün steckt im selben Dilemma beim Versuch der Abgrenzung von der präsidialen Kanzlerin: je verschwommener das Bild der größten Regierungspartei, desto schwieriger das Aufzeigen einer eindeutigen Alternative.

Prinzipienreiter kalt gestellt

Nach diesem Kalkül fährt Merkel den für sie richtigen Kurs. Sie hat eine Öffnung zur Mitte zugelassen – siehe Mindestlohn und Energiewende. Sie hat unter dem Diktat der angeblichen Sachzwänge die Prinzipienreiter kalt gestellt. Und sie hat sich als beliebteste deutsche Politikerin in der Partei unentbehrlich gemacht.

Die Opposition hat nur eine Chance auf den Wechsel im kommenden Jahr: wenn sie Merkel in den Sachfragen stellt. Und zwar im Detail und konkret. SPD und Grüne stehen vor derselben Aufgabe wie die Konservativen in der Union: Was genau wollen sie eigentlich ändern?

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Geschrieben von

Verena Schmitt-Roschmann

Verena Schmitt-Roschmann ist Ressortleiterin Politik des Freitag.

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