Scheitern mit Ansage

Kleinkinder Der Ausbau der Krippenplätze hinkt so weit hinterher, dass der Rechtsanspruch auf einen Platz ab 2013 kaum noch umzusetzen ist. Da hilft nur: alle Kräfte bündeln

Jetzt hilft nur noch das Betreuungsgeld. Und die Hoffnung, dass es möglichst viele Eltern nehmen und ihre Kleinkinder zuhause betreuen, statt vor Gericht zu ziehen. So stellt sich die Lage dar für Schwarz-Gelb ein Jahr vor dem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für Ein- bis Dreijährige. Ihn in den nächsten 14 Monaten noch sinnvoll umzusetzen, scheint aussichtslos.

Ohnehin ist dieser sogenannte Rechtsanspruch ein seltsames Konstrukt. Denn die Große Koalition legte bei ihrem Beschluss 2007 ziemlich freihändig fest, dass der schon zu verwirklichen sei, wenn nur für ein gutes Drittel der Kinder Plätze bereit stehen. Die große Mehrzahl der Eltern werde ohnehin mit den Kindern zuhause bleiben. Tatsächlich deuten Umfragen jedoch darauf hin, dass eben nicht nur 35 bis 40 Prozent der Eltern Interesse an Betreuung für ihre Unter-Dreijährigen haben, sondern bis zu 60 Prozent.

Selbst die damals gesetzten 750.000 Plätze sind aber nicht in Reichweite. Die Kommunen – die gleichzeitig die Forderung nach mehr Geld anstimmen – sprechen von bis zu 230.000 fehlenden Plätzen, der Bund immerhin von 130.000. Wenn es heute zwei Jahre dauert, eine Kita zu planen und zu bauen, kann sich jeder ausrechnen, dass die Zeit knapp wird.

Es fehlt der Wille

Familienministerin Kristina Schröder will nun kommende Woche ein Zehn-Punkte-Programm vorlegen, um das Projekt doch noch vor der Blamage zu retten. Die Rede ist von entschärften Bauvorschriften, vermutlich wird man auch auf die Idee kommen, Hilfskräfte zu Betreuern umzudeklarieren, um den Mangel an 20.000 Erzieherinnen zu überdecken. Aber das wird nicht reichen.

Denn die entscheidende Voraussetzung für den Erfolg dieses gesellschaftlichen Großprojekts fehlt doch nach wie vor: der feste Wille aller Beteiligten, diesen Modernisierungsschub mitzutragen und die Krippe nicht als verpöntes Überbleibsel einer sozialistischen Töpfchen­ideologie, sondern als moderne Erziehungsstätte zu sehen. Die Energie, die in diesen sinnlosen Streit fließt, fehlt zur Problemlösung. Und das Betreuungsgeld beschneidet die Mittel für den Kita-Ausbau. In den Papierkorb damit, und zwar schnell!

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Geschrieben von

Verena Schmitt-Roschmann

Verena Schmitt-Roschmann ist Ressortleiterin Politik des Freitag.

Verena Schmitt-Roschmann

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