Bitte iss auf, die Kinder in Afrika haben nicht ausreichend zu essen! So oder so ähnlich haben Eltern in der westlichen Welt lange Zeit versucht ihre Kinder zu einem vernünftigen Umgang mit Lebensmitteln zu erziehen. Formal betrachtet ist das ja erst einmal richtig: Es gibt Regionen, in denen Kinder Hunger leiden. Doch leider ist diesen Kindern nicht geholfen, wenn andere Kinder ihre Teller aufessen. Das ist wahrscheinlich auch allen Beteiligten bewusst, es geht vielmehr um die moralische Lehre - ausreichend Essen ist keine Selbstverständlichkeit. Jeder weiß, das Kind mit vollem Magen in Köln rettet kein Kind in Kampala. Deutsche Eltern brauchten den afrikanischen Hunger schlicht um ihre Kinder zu erziehen.
Ähnliche Gedanken gehen mir angesichts der aktuellen GQ-Kampagne gegen Homophobie durch den Kopf. Die Bilder der Kampagne zeigen sich küssende Männer. Unter anderen auch Herbert Grönemeyer und August Diehl. Der Untertitel "Gentlemen gegen Homophobie" soll mich ganz offensichtlich dazu anregen, die sexuelle Ausrichtung der beiden Männer zu hinterfragen. Ok gut. Bei Diehl bin ich mir nicht sicher, bei Grönemeyer erinnere ich mich an die Trauer um seine verstorbene Frau und kann daher zumindest ausschließen, dass er wohl früher homosexuell war. Aber nehmen wir doch einfach mal an, es handele sich um zwei bekennende heterosexuelle Männer, die nun einen gleichgeschlechtlichen Kuss ausführen. Das soll dann wohl in meinem kategorisierenden Kopf den Verdacht eines politischen Zeichens wecken. Oder wie GQ-Chefredakteur José Redondo-Vega es in der Kampagnenbeschreibung ausdrückt: "Sich küssende Heteros – dieser Mut ist absolut männlich". Wow, ich bin stolz auf diese mutigen Männer. Sie setzen ein Zeichen der Toleranz für Homosexualität. Insbesondere für Homosexuelle in Ländern, in denen sie Diskriminierung oder Strafen zu befürchten haben, so Redondo-Vega weiter. Da ist es also wieder das afrikanische Kind. Westliche heterosexuelle Männer (Gentlemen) küssen sich um homosexuellen Männern z.B. in afrikanischen Ländern ihre Solidarität zu bekunden. Doch es ist wieder wie damals am Küchentisch, dem ugandischen Homosexuellen ist durch einen innigen Kuss der deutschen (inszenierten oder nicht) Homosexuellen nicht geholfen. Aber so funktioniert schließlich Solidarität in vielen Kampagnen. Es werden Symbole geschaffen. Symbole die um die Welt gehen sollen, oder so ähnlich. In jedem Fall aber stereotypische Symbole.
Denn was sagt uns die "Mundpropaganda" Kampagne über uns selbst? Ist es nicht bedenklich eine Auswahl von Menschen zu treffen, die sich zuvor als hetereosexuell outen müssen um den Anspruch der Kampagne überhaupt zu genügen um diese dann in einem mutmaßlich homosexuellen Szenario - dem gleichgeschlechtlichen Kuss - ihre Toleranz inszenieren zu lassen? Das sind ganze drei Kategorisierungen in nur einem Bild. Binäres Geschlecht, binäres Sexualverhalten und dann dieses pauschale Reizen jener verkümmerter menschlicher Synapsen, die aus einem gleichgeschlechtlichen Kuss unter dem Motto der Anti-Homophobie einen Akt der Solidarität und damit einen Fortschritt erkennen möchten. Eine gute Tat? Toleranz durch Nachahmung einer gesellschaftlich empfundenen Standardsituation. Vor lauter Standards ist für den Kuss auf diesem Bild eigentlich kein Platz mehr.
Die Kampagne inszeniert den gleichgeschlechtlichen Kuss als Grenzüberschreitung, als nicht normales Verhalten. Normiert bleibt dabei aber immer ein entweder oder - zwei Kategorien der Geschlechtlichkeit und der Sexualität. Dieser Kuss soll einen politischen Akt darstellen. Doch was ist daran politisch, wenn zwei Männer sich küssen (vom "Bruderkuss" zwischen Honecker und Gorbatschow einmal abgesehen) und dabei kurzzeitig aus den ihnen angetragenen (und damit auch erwarteten) Kategorien herausfallen? Das ist fatal. Es wird hier verwechselt, dass Menschen nicht an ihrer sexuellen Ausrichtung, sondern an der gesellschaftlichen Normierung leiden. Was Opfer von sexueller Diskriminierung also brauchen ist nicht Toleranz oder Akzeptanz, es braucht eine Überwindung der Standardisierung. Aber das ist von einem Magazin, das sich explizit an Gentlemen richtet, wahrscheinlich nicht zu erwarten.
Kommentare 18
|| Die Kampagne inszeniert den gleichgeschlechtlichen Kuss als Grenzüberschreitung, als nicht normales Verhalten ||
Ja, das stimmt. Und weil allgemein bekannt ist, dass sich da höchstwahrscheinlich jeweils heterosexuelle Männschen küssen, impliziert es sogar diese unsägliche Idee, (homo-)sexuelle Orientierung sei etwas "Gemachtes". Etwas, das nach Belieben an-, um- und abgestellt werden könnte. (vgl. 'Homosexualität ist chic' und ähnlichen Irrglaube).
Aber ich traue mich gar nicht richtig zu meckern. Ich freue mich, dass die Herrschaften sich so ins Zeug legen. Auch wenn's vor allem für gelernte Schauspieler eine reine Routineübung darstellen dürfte. Entgegen der eigenen sexuellen Orientierung zu küssen, ist Grundkurs Lektion I, glaube ich. Für ein Foto eine Frau zu küssen (und es echt aussehen zu lassen, ach), dass schaffte ich auch ganz ohne Schauspielausbildung. Vor Grönemeyer aber hab' ich Respekt. Jedoch musste der offensichtlich lachen, was..
Egal. Homo-Themen kommen in der Community generell leider nicht so gut an. Kann man nix machen..
Liebe Grüße!
Ich muss ehrlich sagen, dass ich den Verglich mit dem "afrikanischen Kind" ziemlich unpassend finde. Es ist offensichtlich, dass hungernde Kinder in Afrika lediglich als moralische Erziehungshilfe genutzt wurden und damit sich nichts veraendern laesst. Diese Kampagne jedoch ist eine oeffentliche Aussage, die sicherlich nicht nur in der heimatlichen Kueche bleibt, sondern durchaus ihren Weg durch internationale Presse machen wird. Und genau dann, tut sie naemlich das,was sie soll. Ein Zeichen setzen. Internationale Politiker, die sich immernoch gegen Homosexualitaet aussern, wie zum Beispiel Putin, werden diese Bilder sehen und hoffentlich merken, dass seine Politik doch irgendwie keine fortschrichtliche Weltpolitik ist. Das mag vielleicht naiv klingen, ist aber deutlich mehr von Nutzen als eine schimpfende Mutter. Es wird eventuell auch IOC Mitglieder wachruetteln, wenn international erfolgreiche Sportler, sich gegen Homophobie und die Olympischen Spiele in Russland auessern.
Ausserdem denke ich auch nicht, dass die Kuesse eine Grenzueberschreitung inszenieren. Sie stellen im uebertriebenen Sinne eine Intimitate zwischen Maenner dar, die in unserer Kultur und Gesellschaft nicht akzeptiert wird. Die Grenzueberschreitung findet in den Koepfen vieler Menschen statt, jedoch nicht in der Inszenierung der Bilder.
Es ist auch fraglich wie eine Ueberwindung der Standardisierung erreicht werden soll, wenn nicht durch Kampagnen die Toleranz und Akzeptanz fodern.
ich finde die kampagne richtig und wichtig, solange "schwul" als schimpfwort auf schulhöfen, in fußballstadien und unter richtigen, heterosexuellen männern gilt. es braucht keinen vergleich mit kindern in afrika und fingerzeig auf andere länder und gesellschaften, wenn auch hierzulande der alltagsrassismus sich über eine solche fotoserie aufregt.
Der Schreiberling muss Hetero sein. Denn die Gay-Community schreit vor Glück, dass sich endlich auch mal Heteros dieses Thematik annehmen. Ich finde die Kritik im Text berechtigt, finde aber, dass genau diese Kampagne "Überwindung der Standardisierung" propagiert.
Öhm, der Artikel hinterläßt bei mir eine ganze Reihe von Fragezeichen. Angefangen beim Irrtum, Heteros würden sich outen (ich oute mich jetzt mal als Hetera, augenroll) Nene, Heteros sind die Regel und Norm, Homosexuelle outen sich als Ausnahme von derselben.
Mit Biafra-Kindern wurde auch ich als Kind erzogen, es hing ein Bild eines verhungernden Kinds im Eßzimmer + ich möchte lieber nicht wissen, wie viele Eßstörungen auf den Mißbrauch verhungernder Kinder zur Zurichtung übersatter Kinder zurückgehen.
Der Vergleich mit verfolgten Homosexuellen ist schief, u.a. weil keineswegs nur homosexuelle Männer Probleme mit Zärtlichkeit in der Öffentlichkeit bekommen, sondern weil Heteromänner reichlich davon haben.
Die beinahe einzige Gelegenheit, zu der man Heteros in Deutschland sich leidenschaftlich umarmen sieht, ist, na wo? Beim Fußball, eine der Trutzburgen heterosexueller Männlichkeit.
Ansonsten findet man körperliche Berührung im öffentlichen Raum eher bei sich auf die Wange küssenden jungen Türken und Arabern oder bei älteren türkischen Männern, die Hand in Hand spazierengehen, ins Gespräch vertieft. Beide nicht unbedingt als Vorkämpfer für die Menschenrechte Homosexueller bekannt.
Küsse und Hand-in-Hand-gehen unter deutschen Heteros: undenkbar.
Unter einigen heterosexuellen Männern hat sich immerhin ein Ritual der Umarmung eingebürgert - bitte achten Sie mal darauf, wie die in der Regel abläuft. Donald und Daisy Duck haben vergleichsweise den Unterleib näher beieinander. Dabei gern genommen ist das gegenseitige Rückenschlagen, dessen tieferer Sinn mir persönlich bislang verborgen blieb (äquivalent etwa zur Geste des Handschüttelns, als Geste von 'ich trage keine Waffe'). Ob dabei wohl dem anderen Mann verdeutlicht wird, daß er bei etwaigem Mißverhalten auch zu Brei geschlagen werden kann? Ob das Gedresche einer kernigen hetero-männlichen Vorstellung von Zärtlichkeit entspricht? Man weiß es nicht.
Jonas Weyrosta könnte sich fragen, warum eigentlich heterosexuelle Männer solche Probleme mit männlichen Homosexuellen und ihrer fleisch- und kuss-gewordenen Bedrohung heterosexueller Männlichkeitsbilder haben - statt über die sexuelle Ausrichtung der beiden Männer nachzugrübeln, seine Standardisierung öffentlich nachlesbar niederzulegen und sie damit weiter fortzuschreiben.
Btw: mit meinen homosexuellen Freunden sind Zärtlichkeiten und Küsse auf den Mund möglich, ich bin sowas von froh, mit Männern innig befreundet sein zu können. Muß ich meine Frauenfreundschaften erwähnen? Ja, Zärtlichkeit und Küssen geht, mit Heteras wie mit Lesben. Mit meinen heterosexuellen Freunden wird das schon ein bißchen schwieriger, ganzjährige Paarungsbereitschaft kommt der Freundschaft mitunter dazwischen.
Die männlich-heterosexuellen Mißverständnisse über Erotik und Sex sind mir nicht selten lästig. Erotik ist, wenn ich jemanden mag, sie oder ihn riechen kann, gern berühre, gern küsse, gern umarme. Sex ist, wenn ich danach rote Flecken im Gesicht habe und die Coiffure verrutscht ist. Dazwischen liegt entgegen landläufiger Meinung ein ganzer Ozean an Zwischentönen. Wie traurig, daß so viele Heteromänner den nicht Tröpfchen für Tröpfchen ausschöpfen, auch miteinander.
Mir ist wenig wichtig, wie der Chefredakteur eines Magazins für 'Gentlemen' hier zitiert wird: kiss on! Bitte! Nicht für verfolgte Homosexuelle, tut's für Euch! Weil: Ihr könntet homosexuell sein. Und: „Solange jemand auf der Welt versklavt wird, sind wir alle nicht frei.“ Und solange wir jemanden, weil er anders ist, diskriminieren, diskriminieren wir uns selbst.
Schlauer Blog. Aber wen spricht der an? Natürlich "rettet das Kind mit vollem Magen in Köln kein Kind in Kampala." Und natürlich ist eine Überwindung von diskriminierender "Standardisierung" wichtiger als "Toleranz" gegenüber "Opfern". Binsenweisheiten. Aber wen soll denn eine Kampagne von CQ ansprechen - logischerweise doch deren Leser, oder nicht? Und denen muss man vermutlich bei der "Überwindung der Standardisierung" doch noch ein wenig helfen - sonst waren sie vermutlich njcht alle CQ-Leser. Insofern ist das auch schon wieder billiges (auch "standardisiertes") Bashing. Das Wording von "Opfern" und "Outing" kommt vom Autor, nicht aus der Kampagne. Die sagt doch nur (ganz anti-standardisierend) "jeder kann jeden knutschen und soll's tun, wenns Spaß macht". Und wer damit ein Problem spürt, soll darüber mal nachdenken. Wie ein Kind über Kinder,die Hunger haben: Erziehung, Bildung funktioniert über Bilder und über Empathie - nicht über Besserwisserei. Gerade die hungernde-Kinder-Anekdote zeigt, was der Autor nicht kapiert: Eltern erziehen ihre Kinder doch nicht mit "afrikanischem Hunger" zum Essen (aus Angst, dass sie verhungern, oder was?) - sondern sie erziehen sie beim Thema Essen zu einer Haltung gegenüber Menschen, die kein Essen haben. Wo ist da ein Problem? Warum sollte CQ dialektische Gutmenschen-Diskurse führen oder soziologische Genderdebatten , wenn sie doch mit ihren Mitteln ihre Leser erreichen und Ziel und Aussage die richtigen sind? Wer grundsätzlich Boulevard schlecht findet, verkennt, dass die Form auch absolut ehrenwerte Haltungen und Signale transportieren kann und muss.
Ich versuche es einmal auf ein anderes Thema zu übertragen:
Wäre Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe von Diskriminierung betroffen sind damit geholfen, wenn sich weiße Prominente schwarz anmalen und einen Ghettoblaster auf der Schulter tragen? Ist das dann Solidarität? Würde die PoC-Community aufschreien vor Glück? Ich bin überzeugt, nein!
Dummer Vergleich!
1. geht es gar nicht darum, "Menschen, die homosexuell sind, zu helfen"
2. Sowohl die Aktivität des Küssens als auch deren Bild und Komunikation setzen - ganz offenkundig - Emotionen, Gedanken und Disput frei.
3. gibt es einen Unterschied zwischen dem Vorgang, sich (aus welchem Grund auch immer mit wem auch immer - aber: als erwachsene Individuen) zu küssen und dem Versuch, sich mit Farbe im Gesicht als irgendwer anderes auszugeben oder gar zu "fühlen". Das hat von den Küssenden keiner behauptet.
Wie auch der Autor bemerken Sie leider die recht genau gearbeiteten irritierenden Momente und auch die textlichen Ironien der Kampagne nicht, weil Sie reflexhaft ablehnend reagieren.
zu 1: bitte auf die Rhetorik achten http://mundpropaganda.gq.de/
zu 2: Das trifft auf die von mir angeführten Pseudo-Anti-Rassismus ebenso zu. Das macht die Sache jedoch nicht besser. Denn nochmal weder Homosexualität noch Hautfarbe ist hier das Problem, das Problem ist die Stilisierung des "Anderen".
zu 3: Beides sind Inszenierungen, die die Lebensituation der Abgebildeten darstellen sollen. So what?
Die Frage ist doch, ob man es gut finden kann/soll/muss, dass die Aufklaerungsarbeit jetzt von der Popindustrie gemacht wird?
Die ganze Kampagne ist doch pseudoegalitaer. Wenn sich damit keine neue Zielgruppe erschliessen und über die "Sensation" mehr Profit machen liesse, waere sie nicht erschienen. Überdies glaentzt auf jeder zweiten Seite in diesem Überflussmagazin weiterhin der heteronormative Identitaetsshit.
Ich kann dem Artikel nur zustimmen und wieder gibt es erdachte Konstrukte "des Anderen".
Oder wie GQ-Chefredakteur José Redondo-Vega es in der Kampagnenbeschreibung ausdrückt: "Sich küssende Heteros – dieser Mut ist absolut männlich"
Eigentlich sagt der Satz schon alles. Naja, Zeitungen lassen sich wohl nicht verkaufen, wenn stattdessen gesagt wird: "Sich küssende Menschen- dieser Mut ist absolut menschlich"
|| Dummer Vergleich ||
Nein, ganz und gar nicht. Jonas' Vergleich trifft den Nagel auf den Kopf. Die Kampagne will gut, keine Frage. Aber sie bedient sich der Total-Inszenierung, um nicht zu sagen der Schaustellerei. Was wir da haben, ist Symbolpolitik - und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
Dass es rein theoretisch möglich ist, dass sich zwei Menschen - egal, welchen Geschlechts, welcher sexuellen Orientierung und welchen öffentlichen Bekanntheitsgrades - auf den Mund küssen, haben wir vorher gewusst. Ist nichts Neues - aber trotzdem nicht selbstverständlich und allemal dankenswert.
Was hier aber wieder passiert, ist die Entsexualisierung von Homosexualität. So wie die gesamte reale Welt im Internet-Porno-Zeitalter mehr und mehr entsexualisiert. Viel Blabla, wenig dahinter. Die Gedanken sind frei, aber die Denkenden sind es nicht. Andeutungen in jeder Daily-Soap und auf jedem zweiten Plakat. Nur mit Sexualität hat das alles nichts zu tun.
Homophobie ist das, was entsteht, wenn vorwiegend Männer sich vorstellen, was es z.B. wirklich bedeutet, wenn zwei Männer miteinander schlafen. Wenn wir mal kurz aufhören, uns zu belügen, dann kommen wir schnell da hin, dass es nicht um's Zusammenwohnen und Händchenhalten, sondern um's blasen, lecken und penetrieren geht. (Oh mein Gott, was hat er gesagt..?)
Genau. Nochmal: Dass es rein theoretisch möglich ist, haben wir vorher gewusst. Männer können (und Frauen übrigens auch) im allgemeinen sogar ganz gut verstehen, dass ein Penis ein Penis und ein Loch ein Loch ist. (Nippel, Lasche, Kurbel, Pfeil usw., funktionalistisch betrachtet eben..)
Allerdings sind das dann so Situationen, in denen man Männer eher nicht daran erinnern sollte, dass sie selbst einen Mund und einen Popo ihr Eigen nennen. Allein der Gedanke an etwaig-eventuelle Möglichkeiten, macht sie fix und fertig. Dabei hat doch kein Mensch angedacht, sie ihrer sexuellen Selbstbestimmung zu berauben. Außer sie selbst, im eigenen Kopf. Und das ist das Problem. Erwartungsangst - und sei sie auch noch so irreal -, weiß die Angstforschung zu berichten, ist eine der unerträglichsten Formen der Angst. [/diskurs]
Darf ich das alles mal so sagen, oder ist das schon Igitt..?
Gute Nacht.
.... ist ja alles richtig, was Sie schreiben. Hat aber nix mit dieser Kampagne zu tun - die will doch nicht mehr und nicht weniger, als ihre Leser (nicht Sie und nicht mich offenkundig) aufmerksam machen, worauf sie aufmerksam gemacht werden, worüber sie mal kurz nachdenken oder -fühlen sollten (selbst in Ihrer Lesart). - Wie schon gesagt: Wer generell was gegen PR, Boulevard, Kampagnen, Inszenierung, Symbole hat, mag das kritisieren. Ihre Erwartungen und Ansprüche sind ja für sich interessant, richtig und relevant - aber das sind doch nicht im Ernst Ansprüche an das Lifestyle-Magazin und seine Leser? GQ hat glaube ich nicht behauptet, dass sie da Politik machen, Gesetze schreiben, Sexualaufklärung oder Angsttherapie betreiben, oder?
Sorry, hier einige Heteras enttäuschen zu müssen, aber auch ihr hattet ein Coming Out. Es gab einen Moment, in dem ihr euch eurer Sexuelität bewusst wurdet und danach habt ihr das öffentlich gemacht und euch manchnmal auch mehr als deutlich von Homo- und Bisexualität abgegrenzt. Da aber eure Sexualität der Erwartung eurer Umwelt entpsrach, verlief euer Coming Out einfach weit weniger dramatisch als das von Homo- und Bisexuellen.
Und jedes Mal, wenn ihr jemanden neu kennen lernt und ihm mitteilt an gegengeschlechtlichen Menschen sexuell interessiert oder gar mit einem solchen Menschen liiert zu sein, legt ihr ein kleines Coming Out hin, denn euer Gegenüber muss nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass ihr heterosexuell seid. Da dieses Coming Out innerhalb unserer kulturellen Normen ein Non-Event ist, wird es meist nicht als ein Coming Out wahrgenommen, aber es bleibt ein Coming Out.
Das ist nämlich auch für Homo- und Bisexuelle nicht irgendwann erledigt, sondern ist eine Hürde, die auch sie beim Kennenlernen neu überwinden müssen. Da von vielen Heteros ihre Sexualität immer noch als Norm und ihre Sexualität als Abweichung definiert ist, ist das für Homo- und Bisexuelle immer noch mit dem Risiko der Ablehnung bis hin zur Diskriminierung verbunden.
Erst wenn wir aufhören eine Sexualität, ein Gender, eine Hautfarbe etc. pp als Norm zu betrachten und alles andere als Abweichung von dieser Norm kann Diskriminierung überwunden werden ...
Najaaa, also, ich stimme überwiegend zu, was mich natürlich nachdenken macht. Bin da wohl über's Ziel hinaus geschossen. Vor allem habe ich schlecht Bezug genommen..
Was ich schreibe, hat schon etwas mit der Kampagne zu tun. Die heißt doch "Gentlemen gegen Homophobie". Und Homophobie ist nunmal die Angst vor gleichgeschlechtlicher Sexualität. Für alles andere gibt es ja andere Worte. 'Ressentiment' zum Beispiel..
Ich wollte den Kommentar aber gar nicht so sehr auf die Kampagne bezogen wissen, sondern einfach nochmal aufgeschrieben haben, worum es eigentlich geht. Dass sich das außerhalb des Rahmens der Möglichkeiten einer solchen Kampagne bewegt, ist klar.
Sie küssen sich, oh herre, was würden/könnten die wohl noch alles miteinander tun, ist wohl der Gedanke, der in die Köpfe der Zielgruppe transportiert werden soll. Mehr geht auch gar nicht. Und eigentlich mag ich es auch viel lieber implizit, als so dummdreist/nassforsch, wie ich oben schrieb.
Keine Ahnung. Die ganze Sache leidet vermutlich unter dem, worunter öffentliche Kommunikation sexuelle Dinge betreffend immer leidet. Vielleicht kann man das den Blümchen-Bienchen-Effekt nennen. Denn das ist ja auch so ein Behelf, auf den Eltern, die nicht wissen, wie sie's ihrem Kind sagen sollen, gern zurückgreifen.
|| Die Kampagne inszeniert den gleichgeschlechtlichen Kuss als Grenzüberschreitung ||
Besser kann man es eigentlich nicht sagen, finde ich. Aber das Bescheuerte ist, dass die Sache für die Promis ja nun tatsächlich eine Grenzüberschreitung darstellt. Das ist ein bisschen irr. And so do I feel. Bin total überarbeitet. Erstmal Wochenende..
Liebe Grüße!
Danke für den Artikel. Dachte schon, niemand würde was kritisches dazu schreiben. Habe selbst deswegen auch dazu gebloggt:
Queer Ally For The Straight GQ – mein Problem mit der #Mundpropaganda Kampagne
http://breakingthewaves.net/2013/12/16/queer-ally-for-the-straight-gq/
Es geht hier nicht um Tiefen psyschologische Analysen, sondern einfach darum das Thema Homosexualität nochmals aktuell in Szene zu setzen! In das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken und daran zu erinnern das der Kampf um Gleichheit und Freiheit noch immer nicht vorbei ist! Und das es einen Mann der auf Frauen steht Überwindung kostet einen anderen Mann zu küssen, ist für mich als Männer liebenden Mann schlicht nachvollziehbar! Ich würde mir wünschen das es in unserer Zeit, in diesem Land endlich als Tatsache anerkannt wird und sich nicht blubbernde Möchtegerne anmaßen zu entscheiden welche Art von solidaritäts Bekundung die richtige bzw angebrachte ist!
Ich muss hier die GQ nochmal loben , eben weil sie hier auf provokantes Marketing im Geiste von Benettons Kampagnen aus den 80er 90er Jahren setzten und damit die Botschaft am besten transportiert wird! Well Done!
Es geht hier nicht um Tiefen psyschologische Analysen, sondern einfach darum das Thema Homosexualität nochmals aktuell in Szene zu setzen! In das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken und daran zu erinnern das der Kampf um Gleichheit und Freiheit noch immer nicht vorbei ist! Und das es einen Mann der auf Frauen steht Überwindung kostet einen anderen Mann zu küssen, ist für mich als Männer liebenden Mann schlicht nachvollziehbar! Ich würde mir wünschen das es in unserer Zeit, in diesem Land endlich als Tatsache anerkannt wird und sich nicht blubbernde Möchtegerne anmaßen zu entscheiden welche Art von solidaritäts Bekundung die richtige bzw angebrachte ist!
Ich muss hier die GQ nochmal loben , eben weil sie hier auf provokantes Marketing im Geiste von Benettons Kampagnen aus den 80er 90er Jahren setzten und damit die Botschaft am besten transportiert wird! Well Done!