Fester geht die Welt zugrunde

Irritation Bei Christoph Hamann reist Herr "Fester" um die Welt

Von drei Reisen erzählt Christoph Hamann in seinem neuen Roman: Reisen seines Protagonisten "Fester" nach Polen, Südafrika und in die USA. Einmal wird dieser Fester von seinem deutschen Arbeitgeber geschickt, um eine Werbebroschüre über das vor allem in Krakau verbreitete Gebäck Obwarzanki zusammenzustellen, ein anderes Mal erkundet er mit seiner Freundin die Möglichkeiten des Biertourismus in Namibia, schließlich findet der Leser ihn im dritten Teil des Romans auf den Spuren eines dubiosen Autors von Spukgeschichten namens Whitesand, dessen Biographie er schreiben möchte.

Hamanns Romanerstling Seegefrörne von 2001 ist gleich zweifach ausgezeichnet worden. Im Nachfolgeband nutzt der 1966 geborene Hamann, der heute als Autor in Wuppertal lebt, das bekannte Muster der Reisefolie, um zugleich Fester auf eine Zeitreise zu schicken, in der verschiedene Vergangenheiten unterschiedlichster Länder und Kulturen versponnen werden, wobei sich dann auch noch Reales und Historisches mit Surrealem und Phantastischem überlappt. Na schön - ganz hübsch würde man sagen, wäre da nicht immer diese kleine Irritation. Dreimal. Denn am Ende der Geschichten, die Hamann besser wohl Erzählungen genannt hätte, kommt der Held um, kommt er sich und den Leser irgendwie abhanden - zufällig, willkürlich, notwendig. Wer weiß?

Changierend zwischen den Erzählpositionen und -haltungen lässt Hamann mal hart, dann wieder sanft mehrere Ebenen aufeinandertreffen, lässt er Alltägliches neben Mythischem und Mystischem aufscheinen und übt sich in der Kunst des Nebeneinander und Gleichzeitigen, was dann zum Beispiel so klingt - und vielleicht darin auch die immanente Poetologie des Textes verrät: "Während der Geschichtenerzähler mit eindringlichen Worten seine lange Suche nach solch einem Kunstwerk schilderte, in dem Natur und Kultur ineinander verwoben seien, und seine Hoffnung, es nun endlich gefunden zu haben; während der Künstler wieder und wieder beteuerte, er würde das Bild wirklich gerne beschreiben, aber er könne es einfach nicht; während der Reiseführer den beiden immer gebannter zuhörte und aussah, als wäre er kurz davor das Bild auch ungesehen zu kaufen, wollte Fester seinen neuen Freund in einen der dunklen Seitenflure ziehen und ihn aufklären: So und so steht es mit der Sache um das angebliche Nantucket und nicht anders." Na ja...

Christoph Hamann: Fester. Roman. Steidl, Göttingen 2003, 208 S., 16 EUR


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