Ausländern wird in Südkorea gesagt, der Norden sei ein mörderisches Regime und bedrohe den Rest der Welt mit Raketen und Nuklearwaffen. Der Norden teilt mit, der Süden sei dekadent und kein souveräner Staat, da völlig abhängig von den USA. Danach kommt fast immer von beiden Seiten die entscheidende Feststellung: Sie müssen aber wissen, trotz aller Gegensätze sind wir ein Volk, es gibt nur ein Korea!
Zu den vielen Gemeinsamkeiten gehören Liebe zur Musik und Freude am Gesang. In der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) sollen die Kinder in der Schule zwei Instrumente lernen, ein traditionell-koreanisches und ein westliches. Früher kam an Musikhochschulen im Ausland die größte Gruppe ostasiatischer Studierender aus Japan, dann aus China; seit einiger Zeit aus der Republik Korea, das heißt, aus dem Süden der Halbinsel.
Musik und Gesang sind in Nordkorea eine Melange von stolzer Traditionspflege und entschlossenem Gemeinschaftsgeist. Zu singen und zu musizieren ist Ausdruck von Solidarität und kollektiver Leistung. Im Süden erfreut sich klassische Musik ebensolcher Zustimmung wie der auch der im Norden sehr beliebte K-Pop.
Einstige Geliebte
Bei den Verhandlungen über eine Teilnahme Nordkoreas an den Olympischen Winterspielen in Pyonchang wird nun darüber diskutiert, dass neben Sportlern und Cheerleadern auch Künstler aus dem Norden kommen könnten. Da Sportler von dort kaum Medaillenchancen haben, wäre derartige Auftritte gut geeignet, das eigene Land zu präsentieren. Wenn ein gemeinsames koreanisches Frauenteam beim Eishockey möglich ist, sollte es auch denkbar sein, ein gemeinsames Orchester spielen zu lassen.
Zunächst war zu Wochenbeginn von Auftritten der Girlband Moranbong die Rede; Moranbong bedeutet „Hügel der Pfingstrosen“. Diese Frauenband soll 2012 von Kim Jong-un persönlich gegründet worden sein. In ihr spielen sehr attraktive Damen eine Kombination aus traditioneller und Popmusik, und dies in sehr schickem Outfit. Oft tritt die Band zusammen mit einem Armeechor auf und intoniert Lieder voller Vaterlandsliebe.
Gerüchte besagen, die Chefin von Moranbong, Hyon Song-wol sei einst die Geliebte von Kim Jong-un gewesen, dann in Ungnade gefallen und exekutiert worden. Dann muss sie eine Wiederauferstehung erlebt haben, nahm sie doch jüngst an den Gesprächen über eine Teilnahme Nordkoreas an der Winterolympiade teil. Ein Beispiel dafür, dass auf Gerüchte wenig Verlass ist.
Moranbong ist im Norden nicht nur beliebt, sondern hat dort auch zu einem neuen Frauenbild beigetragen; nicht mehr nur die rund um die Uhr für die Heimat tätigen Arbeiterinnen und opferbereite Mütter, bescheiden im Hintergrund, sondern selbstbewusste junge Damen vorn auf der Bühne.
Ihr Auftritt wäre sicher eine Attraktion der Olympischen Spiele gewesen, zumal sich gemeinsame Konzerte von Moranbong und K-Pop-Gruppen in Seoul angeboten hätten.
Auftritt in Seoul
Bis auf weiteres bleibt bei innerkoreanischen Annäherungen Vorsicht geboten. Man erinnert sich, dass Moranbong 2015 in Beijing auftreten sollte und schon vor Ort war, dann aber die geplanten Konzerte kurzfristig abgesagt wurden. Angeblich konnte man sich nicht über das Programm einigen. Ob das auch für Pyeongchang ausschlaggebend war – darüber lässt sich nur spekulieren. Jedenfalls ist derzeit nicht mit einem Auftritt von Moranbong im Rahmenprogramm der Olympischen Spiele zu rechnen, stattdessen soll sich ein Orchester des Nordens mit 140 Mitgliedern präsentieren – das nicht am Olympiaort, sondern in Seoul musiziert.
Wenn es dazu kommt, ist das nicht zu unterschätzen. Beide Seiten brauchen dazu guten Willen und müssen sich mehr auf Gemeinsamkeiten als Differenzen konzentrieren. Kunst verbindet, Kunst ist aber auch politisch, beides zu nutzen wäre möglich.
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