Die Geschichte, die uns derzeit über die bevorstehende Wahl Ursula von der Leyens zur EU-Kommissionspräsidentin erzählt wird, geht so: Zwar sei die Nominierung nicht optimal verlaufen, aber alle hätten sich nun damit abgefunden. Nur die vaterlandslosen Gesellen von der SPD möchten partout eine Deutsche als Kommissionspräsidentin verhindern. Mit ihrem trotzigen Nein riskiere die SPD „eine Verfassungskrise“ und gefährde „die Stabilität Europas“. Geradezu zwanghaft wiederhole die Partei das „destruktive Verhalten“, das sie nach der verlorenen Bundestagswahl an den Tag gelegt habe. Auch damals hieß es wild entschlossen: „Mit uns nicht! Wir gehen in die Opposition.“ Doch wenige Monate später saß man in trauter Runde bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union.
Die Genossen sollten deshalb doch bitte einsehen, dass sie sich mit ihrer Anti-Haltung zu Ursula von der Leyen ins eigene Fleisch schneiden. Die spanischen Sozialisten und die italienischen Sozialdemokraten verhielten sich da wesentlich professioneller. Schließlich sei die Personalie von den sieben sozialdemokratischen Regierungschefs im Europäischen Rat bereits abgesegnet.
Diese Litanei wird uns noch bis zur Abstimmung am 16. Juli als Dauerschleife auf vielen Kanälen begleiten. Denn später soll niemand sagen können, von der Leyen habe für ihre Wahl die Stimmen von Nationalisten und Rechtspopulisten benötigt.
Das Pikante an dieser Erzählung ist, dass diejenigen, die den Wählern monatelang die immense Bedeutung der Europawahlen vorgegaukelt und die Entscheidungsmacht der Bürger in höchsten Tönen besungen haben, ihnen nun weiszumachen versuchen, dass das Konzept der europäischen Spitzenkandidaten von Anfang an eine Totgeburt war und niemand – außer einigen europaverrückten Deutschen und Niederländern – etwas mit den Namen Manfred Weber oder Frans Timmermans anfangen könne. So verwandelt sich ein edles Parlament über Nacht wieder in eine „Quatschbude“, die keiner wirklich ernst nehmen muss. Genüsslich wird dazu die Lesart gestreut, die Abgeordneten hätten durch ihre „Zerstrittenheit“ keine eigene Lösung für die heikle Postenvergabe zustande gebracht.
Das Problem solcher Erzählungen ist: Sie stimmen hinten und vorne nicht. Sie lenken nur ab von der wahren Geschichte, die zur Nominierung Ursula von der Leyens geführt hat. Diese Geschichte beginnt am 7. Februar 2018 – und ihr Verlauf zeigt sehr klar, wie sich die Christdemokraten zunächst selbst ein Bein stellten, dann Verrat an den eigenen Prinzipien übten und sich am Ende willig vor den Karren der Nationalisten spannen ließen. Aber der Reihe nach.
Am 7. Februar 2018 beschloss das Europäische Parlament mit Zwei-Drittel-Mehrheit, dass der künftige Kommissionspräsident aus dem Kreis der Spitzenkandidaten kommen müsse, „damit die europäischen Bürger bei der Wahl zum Europäischen Parlament entscheiden können, wer zum Präsidenten der Kommission gewählt werden soll“. Ferner enthielt der Beschluss eine deutliche Warnung an den Europäischen Rat der Regierungschefs: Man sei „bereit, jeden Kandidaten abzulehnen, der im Vorfeld der Wahl zum Europäischen Parlament nicht als Spitzenkandidat benannt wurde“. Auch die Christdemokraten der Europäischen Volkspartei (EVP) stimmten dem zu.
Gleichzeitig – und das war der erste Sündenfall – weigerte sich die EVP völlig überraschend, sogenannte transnationale Listen für einige der nach dem Brexit frei werdenden britischen Abgeordnetensitze zuzulassen. Der im Verfassungsausschuss des Parlaments gemeinsam mit Liberalen, Grünen und Sozialdemokraten ausgearbeitete Antrag scheiterte. Guy Verhofstadt, damals Fraktionsvorsitzender der europäischen Liberalen, reagierte wütend und enttäuscht auf das Nein der Christdemokraten: „Mit der Ablehnung der transnationalen Listen haben sie auch dem Spitzenkandidatensystem den Todesstoß gegeben. Ganz klar: Sie waren diejenigen, die dieses System getötet haben.“ Denn nur mit transnationalen Listen hätten die Spitzenkandidaten in allen 28 Ländern auf den Wahlzetteln gestanden. Zugespitzt könnte man sagen: Manfred Weber wurde von seinen Parteifreunden erledigt, noch bevor sie ihn im November 2018 auf den Schild gehoben hatten.
Tolerierte Übergriffigkeit
Am 28. Mai 2019, zwei Tage nach der Europawahl, bekräftigte die „Simbabwe-Gruppe“ der Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament (EVP, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale), dass jede Anwärterin und jeder Anwärter auf das Amt des Kommissionspräsidenten zuvor „eine EU-weite Wahl-Kampagne“ geführt haben müsse, in der das „Programm und die Persönlichkeit bekannt gemacht“ wurden. Während sich die Liberalen – unter dem Einfluss Emmanuel Macrons – bereits ein Stück weit distanzierten, bekannten sich die Christdemokraten unter Weber noch unverdrossen zum Spitzenkandidaten-Modell. Doch in den Wochen danach kündigte die EVP die informelle Große Koalition mit den Sozialdemokraten heimlich, still und leise auf, sodass Grüne, Linke und Sozialdemokraten mit der Ablehnung jeder Regierungseinmischung plötzlich allein dastanden. Das war der zweite Sündenfall der Union.
Als Donald Tusk dann die Personalie Ursula von der Leyen am Abend des 2. Juli 2019 verkündete, gab es aus der EVP keinerlei Proteste gegen die Übergriffigkeit des Europäischen Rats und den offenen Bruch des Wahlversprechens. Auch die Aufkündigung der informellen GroKo mit den Sozialdemokraten wurde nicht thematisiert. Man verteidigte sich mit dem Argument, das EU-Parlament sei nicht in der Lage gewesen, eine fraktionsübergreifende Lösung zu finden. Doch wann hätte eine solche erarbeitet werden sollen? Das neue Parlament trat am 2. Juli, wenige Stunden vor Bekanntgabe des Personalvorschlags, erstmals zusammen. Unter den 751 Abgeordneten, die 190 nationale und regionale Parteien vertreten, befinden sich 420 Neulinge. Die mussten sich erst mal orientieren. Das Parlament hätte nach dem 2. Juli ausreichend Zeit für Verhandlungen gehabt, denn Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker amtiert noch bis Ende Oktober. Bis dahin hätte man sich auf Weber oder Timmermans (oder die Liberale Margrethe Vestager) einigen können. Der Grund, warum der Europäische Rat das Parlament überrumpelte, war offensichtlich. Die Spitzenkandidaten waren vielen ein Dorn im Auge. Die Interessen der Osteuropäer auf eine ungestörte nationale Innenpolitik spielten dabei eine unrühmliche Rolle. Das war der dritte Sündenfall der Union.
Denn am 1. Juli hatte sich Emmanuel Macron am Rande des EU-Gipfels mit den Regierungschefs der vier osteuropäischen Visegrád-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei getroffen. Bereits bei einem Vortreffen der Visegrád-Gruppe Mitte Juni in Budapest hatte Ungarns Staatschef Viktor Orbán die Gruppe auf die Parole eingeschworen, es gelte die Kandidaten Weber und Timmermans um jeden Preis zu verhindern. Sie seien Feinde Zentraleuropas und der osteuropäischen Auffassung von Demokratie. In Orbáns Umgebung wird Timmermans als „Marionette von George Soros“ verunglimpft.
Die „Liquidierung“ von Timmermans und Weber im Europäischen Rat meldete als Erstes Zoltán Kovács, Staatssekretär und Pressesprecher Viktor Orbáns. Am 2. Juli um 15.41 Uhr twitterte er: „Nachdem wir Weber besiegt und Timmermans abserviert hatten, haben wir ein Personalpaket auf den EU-Tisch gelegt, das sich wachsender Zustimmung unter den Mitgliedsstaaten erfreut: Die vier Visegrád-Staaten unterstützen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als nächste Kommissionspräsidentin.“ Als kurz darauf der BBC-Reporter Gavin Lee den „Knock-out“ der Spitzenkandidaten durch die Visegrád-Staaten verkündete, antwortete ihm der ungarische Regierungs-Account „AboutHungary“ stolz: „Und wir haben Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin nominiert.“ Orbán feiert seinen Husarenstreich bereits als Beginn einer neuen europäischen Ära.
Wichtigtuerei
Natürlich kann man das als Wichtigtuerei abtun, aber es zeigt doch, auf wen sich Ursula von der Leyens Präsidentschaft stützen wird. Selbst der zurückhaltende Manfred Weber sprach entsetzt von einer „Achse Macron–Orbán“ und fügte frustriert hinzu: „Das ist nicht das Europa, das ich mir vorstelle.“
Mit diesem Makel wird die Kommissionspräsidentin von der Leyen nun konfrontiert werden müssen. Es sei denn, Sozialdemokraten und Grüne helfen ihr noch aus der Klemme.
Kommentare 22
ja, ein hick-hack, der dramatischer wäre,
wenn gewählte den wählern streng-verpflichtet wären.
also UvL den visograd-staaten.
aber ist/wäre das so?
Herr Michal verrät uns aber nicht, wer denn Kommissionspräsident werden soll, falls Frau v.d.Leyen im EU Parlament scheitert. Die drei "Spitzenkandidaten" sind ja bereits verbrannt. Also müsste es jemand werden, der ebenfalls nicht am EU Wahlkampf beteiligt war. Welcher Unbekannte dann bessere Karten hätte als Frau v.d.Leyen, ist mir ein Rätsel.
Wer durchsetzen will, dass nur Spitzenkandidaten des EU Parlaments Kommissionsvorsitzender werden dürfen, muss die EU Verträge VOR der nächsten Wahl zum EU-Parlament rechtsgültig umschreiben. Dieses Prinzip den Wählern ohne Rechtsgrundlage einfach versprochen zu haben, ist der eigentliche Skandal. So werden Fake-News in die Welt gesetzt!
Dass Herr Orban und die Visegrad Staaten gleichberechtigt an der Kandidatenfindung beteiligt sind, ist nicht zu beanstanden. Schließlich repräsentieren sie ordentliche Mitglieder der EU. Nur weil uns deren politischer Stil nicht gefällt, können wir sie nicht wie Mitglieder minderer Ordnung behandeln. Nein, am deutschen Wesen muss die Welt nicht schon wieder genesen. Insbesondere, wenn uns alle Mitgliedsstaaten der EU freiwillig den Gefallen tun und einstimmig eine Deutsche für das Amt des Kommissionsvorsitzenden vorschlagen.
Die SPD soll sich mit ihrem Rigorismus in der Spitzenkandidatenfrage an die eigene Nase fassen. Hat sie schon vergessen, wie Martin Schulz öffentlich versprach, niemals einem Kabinett von Angela Merkel angehören zu wollen und dann fröhlich herausposaunte, er werde nun Außenminister?
Jens Geier von den deutschen Sozialdemokraten drückte es so aus: Es gehe jetzt um die Frage "Wer hat die Hosen an?" Der Rat oder das Parlament. Ist ja ein Klassiker. Siehe preußischer Verfassungskonflikt. Was damals die Lückentheorie war, ist heute die Meinung, Spitzenkandidaten stünden nicht in den EU-Verträgen. Ein Parlament, das etwas auf sich hält, entscheidet das einfach. Ein Parlament, das sich nie als Souverän konstituiert hat wie - sagen wir - die Nationalversammlung von 1789, hat natürlich ein Problem. Juncker sagt, dieser Machtkampf müsse ausgetragen werden. Da hat er Recht.
Auf Vestager könnte man sich immer noch einigen. Oder auf 2,5 Jahre Weber, 2,5 Jahre Timmermans. Man müsste das Parlament halt erst mal verhandeln lassen. Es hat sich ja gerade erst versammelt.
Es bleibt eine bittere Nebenerscheinung, dass nichtmal die Verbreitung antisemitischer Klischees die Konservativen von einer Zusammenarbeit mit Orbán abschrecken konnte. Mehr noch zeigt genau dieses Detail, in welch erbarmungswürdigen Zustand sich die demokratischen Insitutionen der EU befinden. Nicht der größtmögliche Zynismus reicht aus um zu beschreiben, mit welcher Selbstverständlichkeit und in welcher Offenheit hier demokratische Standarts gebrochen werden. Die Verachtung weiter Teile der Bevölkerung gegenüber der Union dürfte das weiter bekräftigen - vollkommen zu Recht. Sie wurde in einer Weise betrogen, die selbst unter Berücksichtigung der undemokratischen Gepflogenheiten in Brüssel und Straßburg, sprachlos macht. Am Ende werden sowohl die Grünen als auch die Sozialdemokraten sich den nationalistischen Mediendiktat beugen und Von der Leyen absegnen -die schonmal durchblicken ließ, wo ihre Prioritäten liegen: Aufrüstung - wahrscheinlich vor allem an den Außengrenzen - und Umweltschutz. Damit können sich doch alle Seiten anfreunden.
Stimme der Analyse voll zu. Traue vdL, wenn sie gewählt wird und die Grünen -halb zieht sie sie halb sinken sie nieder- Orbán in die Suppe spucken wird, allein schon, um als Meisterin der Imagebildung ihr Bild aufzupolieren.
Erinnert sich noch jemand, als bei den LINKEN auf betreiben des linken halbgottes Gysi aus der päambel des EU-Wahlprogramms die einschätzung der EU als „neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht“ gestrichen wurde?
Das war, wie sich jetzt zeigt, eine völlig richtige einschätzung der situation! Aber was macht die LINKE? Sie entkernt ihr eines programm und setzt auf eine verbesserung und demokratisierung des offenkundig nicht verbesserbaren und grundlegend anti-demokratischen, nämlich der EU!
Wenn es noch eines beweises dieser grandiosen fehleinschätung bedurft hätte, dann wurde er mit der nominierung von UvdL geliefert. Die Linke indes ist zu recht dort wo sie jetzt ist - auf dem steil absteigenden ast (wegen nachgewiesener politische unfähigkeit)...
Diese Analyse findet meine volle Zustimmung.
Das EU-Wahlspektakel 2019 wird durch das Verhalten der Politiker des Europäischen Rats wieder einmal mehr zur unverbindlichen Unterhaltungsveranstaltung für die doofen Bürgerinnen und Bürger degradiert.
Das Entscheidende liefert uns die After-Wahl-Party, die von Nichtwahlkandidatin Ursula von der Leyen und Emmanuel Macron orchestriert wird – immer schön am Volk vorbei.
Irgendwo habe ich gelesen, Ursula von der Leyen habe während ihrer gegenwärtigen PR-Show-Veranstaltung versprochen, sich als Präsidentin der Europäischen Kommission für das Spitzenkandidatenprinzip stark machen zu wollen und merkt nicht einmal, dass sie es soeben unterläuft.
Die EU ist nichts anderes, als ein Kartell der beteiligten europäischen Regierungen, das ihren Bevölkerungen seinen Willen aufzwingt.
Warum erwähnen Sie nicht, dass das "Spitzenkandidaten-Prinzip" in 2014 von Martin Chulz und Jean-Claude Juncker erfunden wurde, um sich gegenseitig an die Fleischtöpfe zu bringen?
Ein EU-Parlament, in dem die Stimme eines Abgeordneten aus Malta 12 x mehr wert ist, als die Stimme eines Abgeordneten aus Deutschland hat keine demokratische Legitimation.
>>Ursula von der Leyen habe während ihrer gegenwärtigen PR-Show-Veranstaltung versprochen, sich als Präsidentin der Europäischen Kommission für das Spitzenkandidatenprinzip stark machen zu wollen und merkt nicht einmal, dass sie es soeben unterläuft.<<
Das sie es nicht merkt kann ich mir nicht vorstellen. Eher schon dass sie einfach weiss wie der Laden läuft.
Die E.U. wird nicht abgeschafft - obwohl Nationalisten und Brexit sich ereigneten - der Laden läuft wie man ihn kennt. Wie ich hier wohl noch traurig schreibe - dass sich die E.U. erübrigen wird. Wir haben in einer Welt von 7 Mrd. nur diese Konstruktion zur Stimmenerhebung - für den Fall eben auch einer Gemeinsamen. Hier schreibe ich am 22.11.18 über "Vote EU - Vote Peace" mit einem Bild auf dem ich Großbritannien verabschiede - zu früh wohl - dort etwas am trauern - kam das Bild doch in einer Zeitung dort. Meinen Anteil als Europäer werde ich wohl damit auch erfüllt haben...
Frau Barley, die jetzt gegen Frau vdLeyen Position bezieht, war jahrelang in der gleichen Regierung wie diese. Bisher habe ich nicht gehört, daß da die Fetzen flogen !!!???!!!
orbán möchte im vermuteten glauben an den wichtigsten wunsch der ungarn, diesem land u seinen bewohnern wieder zu geltung zu verhelfen, auf internationalem parkett aufsehen erregen.
er versucht es mit anachronistischem handeln (illiberale demokratie) u widerspenstigkeit. bei der besprochenen wahl hat es ihm gereicht, stärke durch ablehnung zu demonstrieren.
das war eigtl schon erfolgserlebnis genug. zu einem eigenen vorschlag ist man da, vor lauter abwehrkampf, nicht mehr gekommen.
Tinder-X - Tolle Dating-Site für Erwachsene mit Suchsystem der nächsten Generation, um einen Sex-Partner zu finden!
Tinder-X - Tolle Dating-Site für Erwachsene mit intelligentem Suchsystem der nächsten Generation, um einen Sex-Partner zu finden!
Da frage ich mich, welche Fähigkeiten die Visegrad-Quadrille da im Auge hatte. Ist es von der Leyens effizienter Umgang mit der Bundeswehr? Spekuliert man so auf die Auflösung der EU? Da wurde die Rechnung aber ihne den Wirt gemacht. Also den Finanzfachwirt Schäuble, der in den letzten Jahren jegliche Investition in die Infrastruktur zugunsten seiner schwarzen Null unterbinden konnte. Ob das in Europa auch klappt, bleibt dahin gestellt. Der Bund hat es geschafft. Sieger bei den Europameisterschaften im Mauscheln ist eine Pentika (nicht Troika) aus Visegrad und dem großen Unbekannten. Ihr wisst schon wen ich meine.
Das Spitzenkandidatenmodell war von Anfang an Quatsch. Es war ohne jede EU-vertragliche Grundlage. Zudem ohne jede politische Mehrheit. Auf dem Weg zur Spitzenkandidatur wurde von den Liberalen noch der Zirkus um Ungarn und die EVP inszeniert. Mit einem extrem formal schwachen Case gegen Ungarn Sanktionen gefordert, nämlich mit Forderungen, die auch von vielen anderen Mitgliedstaaten gerissen werden, bzw. Akteuren aus Drittstaaten Rechte zubilligen. Weber bekannte sich zum größten Verdrus auch noch gegen Nordstream 2, was ihne für jeden Deutschen außer Rebecca Harms unwaählbar machen sollte.
Es ist fantastisch, wenn das Parlament keine Mehrheit in der Kommission stützt. Das wirklich Problem ist die Machtfülle und Gewaltenverschränkung der Europäischen Kommission. Frau von der Leyen ist eine ideale Kandidation durch die Art und Weise wie sie Politik macht, wie sie alles auf eine Dorfebene herunterbricht. Das wirkt disruptiv in Brüssel. Das ist gut für die Fortentwicklung der EU. Weber usw. hätten das alles nicht hingekriegt.
Entweder wird von der Leyen gewählt. Das wäre schlecht, weil es den Verrat der Staats- und Regierungschefs am Spitzenkandidatenprinzip sanktionieren würde.
Oder sie wird nicht gewählt. Das wäre besser, weil die Parteien der "Mitte", die jenes Europa hypen das von einer sowjethaften Bürokratie gelenkt wird und ein entfesselter Markt voller Jugendarbeitslosigkeit und überhaupt entstelltem Sinnhorizont ist, eingestehen müssen, dass sie nicht mehr mehrheitsfähig sind und entweder die richtig Linken oder die richtig Rechten einbinden.
Nicht zufällig ist die taumelnde EU ein Gebilde, als wären die Amerikaner und die Russen auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges gezwungen gewesen, einen schnellen "Systemkompromiß"zu finden. Wenn von der Leyen durchfällt, erleidet dieser bürgerferne Sowjet-Turboliberalismus, der alles dirigistisch und technokratisch auf einen entfesselten Markt hin normiert, einen ziemlich schweren Schlag.
Es wäre zu schön, wenn die entfesselte "Mitte" sich neue Freunde suchen müsste, mit denen entweder das Vorantreiben der südeuropäischen Jugendarbeitslosigkeit zugunsten einer fehlkonzipierten Währung (was mit den richtig Linken nicht zu machen ist) oder aber die weitere Normierung im Namen der Vielfalt (mit den Rechten nicht zu machen, die Neusprech ablehnen) unmöglich sein werden.
In jedem Fall wird es sehr knapp für von der Leyen, wobei es immer noch möglich ist, dass eine hinreichende Zahl von EVP'lern, Liberalen und Sozis sie wählen.
Aber ist es auch wahrscheinlich? Jedenfalls werden die Linken, Grünen, EKR'ler und die identitäre Fraktion sie nicht wählen, die deutsche SPD auch nicht und bei den Liberalen scheint es offen.
Und selbst in der EVP ist die Sache doch komplizierter als es aussieht. Dass die Fidesz-Abgeordneten sie wählen, muss man in Frage stellen - ob Orban nun öffentlich für vdL trommelt oder nicht. Das ist so ein bisschen wie bei Barzel und Strauß vor 50 Jahren. Selber Trick. Der wird im Leben keine Merkelisten aus einem Land, das er für verrückt hält, auf den Thron heben.
Dass er sagt: Timmermans verhindert: Check. Weber verhindert: Check. von der Leyen verhindert: Check. Liberalismus geschwächt: Check, das ist deutlich wahrscheinlicher.
Die Wahl dieser Frau U.v.d.L. macht erneut deutlich – die EU ist eine marode Bretterbude und demokratisch offensichtlich auch nicht! Sorry! Lobby – Interessen und Absprachen, Strippenzieher und Brunnenvergifter! Saftladen! “Sie hatte nicht unbedeutende Erfolge…“
Hiermit nachgetragen auch meine Zustimmung zu der treffenden Analyse Michals!
Nicht nur, da nun doch das Befürchtete eingetreten ist, hätte es auch mehr zu Person von der Leyens sein können. Sicher, der Weber war, ist viel zu blass. Das wusste man aber vorher. Wie nun mit ihm umgegangen wurde, ist schäbig. Was von der Leyen anbetrifft, musste ich an Gauck denken. Ohne rot zu werden sich als top Kandidaten/in feiern zu lassen, obwohl es von vorne bis hinten an Substanz, Kompetenz und Wahrhaftigkeit mangelt. Von der Leyen hat nichts vermocht, außer stets nur nach oben zu fallen und könnte besonders durch ihre Bilanz als Wehrchefin nicht belasteter sein. Nunja, so schafft man sich Probleme vom Hals. Oder doch gerade nicht? Denn es kommt hinzu die Krise, die gravierenden Wählerverluste, der großen Parteien und nicht zuletzt der EU. Wer angesichts dessen noch solche antidemokratischen Kabinettstückchen dreht, hat tatsächlich den Schuss nicht gehört. Jetzt wissen wir auch, dass es relativ wurscht ist, ob einem EU-Parlament mehr an Entscheidungsgewalt zu kommt oder nicht. Wer noch Zweifel daran hatte, dass es nicht allein nur um Postengeschacher und Karrieren geht, dürfte spätestens mit der Aufstellung von der Leyens als Kommissionspräsidentin und allerspätestens mit ihrer heutigen Wahl als solche endgültig eines besseren belehrt sein.
ja, militärisch ist das wohl so.
Wieso sollte sie irgendeinem Faschisten in die Suppe spucken? Sie trägt das Erbe des Franz Joseph Strauß unter dem Herzen. Ich rechne mit einer europäischen Atombombe so dicht wie nur irgendwie möglich an der russischen Grenze.
Sie hat Jens Weidmann als EBZ-Chef verhindert, denn das war der Deal. Weidmann als EZB-Chef hätte die deutsche Austerität verschärft. Notwendig aber ist eine Ausweitung der monetären Staatsfinanzierung durch eine Ausweitung des Anleihekaufprogramms.
In übrigen bin ich der Meinung, die EU ist eine Veranstaltung, die mit Demokratie nichts zu tun hat.