Macht und Widerstand

- Einladung - Widerstand unter den Bedingungen der totalen Überwachung im Rahmen der neuen Kriegs- und Aufstandsbekämpfungsdoktrin "Gezieltes Töten - Kill or Capture“

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Autonomes Seminar an der Humboldt-Universität zu Berlin – seit 1998 - Ehrenamtlich und offen für alle - Verantwortlich: Wolfgang Ratzel, Tel. 030-42857090 – eMail: autonomes.seminar@t-online.de - Website: http://autonomes-seminar-humboldt.webs.com/

Berlin-Pankow, den 2. Juli 2013

Liebe Mitlesende und Interessierte,

(1) Vorab: Aus Zeitnot bleiben die Zusendungen erneut liegen. Wie Rainer schon vorgeschlagen hat, wäre es sinnvoll, wenn wir hinsichtlich der verschiedenen Infos und Link-Empfehlungen so etwas wie eine interaktive Website hätten, in die solche Links direkt eingestellt werden könnten. Diese Website müsste aber jefraud oder jemannd übersichtlich gliedern und pflegen; aber wer?

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(2) Einladung zum Diskussionsvortrag in der Reihe „Erscheinungsformen des vollendeten Nihilismus, Part IV“ - (in memoriam Heidegger, Nietzsche, Foucault).

Wolfgang Ratzel spricht zum Thema:

Macht und Widerstand im Zeitalter der Vollendung des Nihilismus - Widerstand unter den Bedingungen der totalen Überwachung im Rahmen der neuen Kriegs- und Aufstandsbekämpfungsdoktrin "Gezieltes Töten - Kill or Capture“

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Die Debatte über das gigantische Ausmaß der staatlich-geheimdienstlichen Überwachung der Kommunikation verschweigt das Entscheidende: Dass sie nämlich der neuen Kriegs- und Aufstandsbekämpfungsdoktrin „Gezieltes Töten (Kill or Capture)“ dienen.

Der Vortrag stellt diesen Zusammenhang her und fragt, welche Auswirkungen diese neue Bedrohungslage auf die Formen gesellschaftlichen Widerstands hat.

Genauer noch: Ist die Orientierung auf Widerstandshandlungen überhaupt die Lösung – oder nicht eher Teil des Problems? – Der Vortrag stützt sich auf die Machtanalysen Michel Foucaults (im Lichte der Auseinandersetzung Heidegger-Nietzsche) – Bitte Merkblatt anfordern.

Do, 4. Juli 2013, 18:00 c.t. – 20:30 Uhr

Seminargebäude der Humboldt-Uni, Invalidenstr. 110, Raum 293

(beim U6-Bf Naturkundemuseum)

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(3) Davor um 17:00 bis 18:00 Uhr: Kirsten Reuthers „Osteopathisches Yoga“ für eingerostete DenkerInnen! Raum wie oben. Bitte wenn möglich eine Unterlage und zwei Yoga-Blocks mitbringen. Ansonsten warten auch Euch unsere Not-Unterlagen und AutS-Küchenrollen!

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Voraussichtlicher Ablauf des Diskussionsvortrags

1. Der Vortrag vertritt folgende These:

- Die westlich-abendländischen Herrschaftszentren dehnen die Freiheitsrechte ihrer Bürgerschaften und die Möglichkeiten von Meinungsäußerung, Mitbestimmung und Systemkritik in Richtung direkte Demokratie aus und werden sie weiter ausdehnen.

- Gleichzeitig wird jede Person „deaktiviert“ (notfalls durch „Gezieltes Töten“), sofern sie eine „rote Linie“ der Kritik überschreitet.

- Diese „rote Linie“ wird von den Herrschaftszentren entschieden und bezieht sich auf ein bestimmtes Handlungsmuster, das als staatsfeindlich definiert wird. Das kritische Denken und die Meinungsäußerung durch Wort, Schrift, Medien und Versammlungen bleiben also geschützt – aber nur solange sie nicht in eine Handlungsweise umschlagen, die als Gefährdung der Sicherheit und Ausdehnung der Herrschaftszentren gilt.

- Ausführendes Organ der gezielten Deaktivierung (notfalls auch Liquidierung) von einzelnen Handelnden ist der „tiefe Staat“; das ist ein Dispositiv von Grundüberzeugungen, internen Vernetzungen, Sondereinsatzkommandos, Geheimdiensten und geeigneten Waffensystemen („u.a. Drohnen). Dieser „tiefe Staat“ kann als „permanenter Ausnahmezustand auf dem Sprung“ bezeichnet werden. Er funktioniert anonym und verdeckt im Schatten des freiheitlichen Rechtsstaats. Er funktioniert punktuell und situativ und verschwindet spurenlos dorthin, woher er kam, und wo er auf seinen nächsten Einsatz wartet.

2. Situationsbeschreibung

Die heutigen Widerstandsformen entsprechen nicht mehr der Art und Weise, wie spätmoderne Machtverhältnisse funktionieren. Sie sind auf dem Niveau des späten 20. Jh. stehen geblieben, teilweise sogar im 19. Jahrhundert. Deshalb muss sich das Nachdenken auf die Frage fokussieren, wie sich spätmoderne Machtverhältnisse organisieren, um dementsprechende Widerstandsformen hervorbringen zu können.

3. Jede Epoche hat ihren Leitbegriff: Was verbindet und unterscheidet „Revolution“ von „Widerstand“? Gibt es einen „dritten Weg“ jenseits von Revolution, Widerstand und Revolte?

4. Wortherkunft - Was sagt das Wort Widerstand?

5. Das Wort „Widerstand“ als abendländisches Mantra

6. Wie hängen Macht und Widerstand zusammen (siehe Merkblatt „Macht und Widerstand“)

7. Über die neueste Funktionsweise der Machtverhältnisse – Über die Gleichzeitigkeit von Freiheitsrechten und der Perspektive der Deaktivierung (notfalls des „Gezielten Tötens“) einzelner „gefährlicher Individuen resp. „Hochwertzielen“ (CIA-O-Ton)

8. Summa summarum: Wenn die Macht die Widerstandspunkte hervorbringt, die sie zu ihrer Erhaltung und Entfaltung braucht – wäre dann die Orientierung auf Widerstand nicht die Falle der Macht? Ist die Orientierung auf Widerstand etwa das PROBLEM und NICHT die Lösung?

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Ich freue mich auf die Diskussion! ciao, Wolfgang Ratzel

Kleine Literaturliste zur Funktionsweise von Macht- und Widerstand

1. Der Vortrag gründet sich maßgeblich auf die Auseinandersetzung Martin Heideggers mit Friedrich Nietzsche über den „Europäischen Nihilismus“.

- Friedrich Nietzsche: Der Wille zur Macht. Versuch einer Umwertung aller Werte.“ (Insel)

- Martin Heidegger: „Der europäische Nihilismus.“ In: Nietzsche, Band II, S. 23- 230

- Martin Heidegger: „Nietzsches Wort >Gott ist tot<“ In: Holzwege, Ffm 1994, S. 205-263

- Martin Heidegger: „Was heißt denken?“ (Reclam)

2. Moderne Funktionsweise der Macht:

- Michel Foucault: „Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit, Band 1“ (Suhrkamp)

- Michel Foucault: Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit. (Merve)

3. Über das allerneuestes Paradigma der Kriegführung und Aufstandsbekämpfung

Armin Krishnan: „Gezielte Tötung. Die Zukunft des Krieges“ (Verlag Matthes und Seitz)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Wolfgang Ratzel

Aus einem drängenden Endbewusstsein entsteht der übermäßige Gedanke an einen anderen Anfang.

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