Olaf und die Gießkanne

Sozialpolitik Scholz ist schon wieder mit der Gießkanne unterwegs und es wird überall nass. Linke und Freie Demokraten sollten sich jetzt zusammenschließen.

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Im scheinbar nicht auszuschlafenden Rausch der Verteilung von öffentlichen Ressourcen und Steuergeldern als Reaktion auf die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie kam Olaf Scholz auf eine alte-neue Idee. Der Finanzminister hat vor, jede Familie mit 300,00 EUR pro Kind zu bereichern, was den Bund – so berichtet die ZEIT – zwischen 5.000,000,000 und 6.000,000,000 Euro kosten wird. Neu ist diese Initiative nicht: schon 2008-2009 wurde im Rahmen des Konjunkturprogramms zu dieser Maßnahme gegriffen. Die Logik dahinter ist leicht nachzuvollziehen: Je mehr Geld den Familien zur Verfügung steht, desto mehr werden sie konsumieren und so wiederum die Wirtschaft in Gang setzten. Die Durchschnittmenschen stecken ihr Geld bekannterweise nicht in irgendwelche Steueroasen oder in Briefkastenfirmen, die sich fiktiv auf Inseln ansässig machen, die auf keinem Atlas zu finden sind. Zu erwarten ist also, dass diese gigantische Summe früher oder später zurück in die Adern und Venen der deutschen Wirtschaft fließt. Dass aus NRW Stimmen zu hören sind, die den Betrag verdoppeln wollen, nämlich auf 600,00 EUR pro Kind, ist vor dem Hintergrund der innerparteiischen Aspirationen von Laschet nicht überraschend. Naja, soweit so gut.

Zu rechtfertigen ist in diesem Kontext die von Scholz als selbstverständlich verkaufte Korrelation bzw. der Automatismus zwischen „Kinder zu haben“ und Anspruch auf staatliche Unterstützung.

Ein Kind zu haben macht allein noch keinen moralischen Anspruch auf staatliche Hilfe aus – Armut hingegen doch. In der Bundesrepublik Deutschland sind aber nicht alle Kinder arm und nicht alle Familien hilfsbedürftig. Die vorprogrammierte Absurdität von Scholz Plan zeigt sich in folgendem Beispiel: Ein Gymnasiallehrer aus Berlin lebt glücklich verheiratet in einer Eigentumswohnung mit seiner Frau, die ebenso ihren Lebensunterhalt als Lehrerin bestreitet. Die beiden haben zwei Kinder im Alter von 13 und 16 Jahren. Zusammen – gemäß der Entgelttabelle der Senatsverwaltung – kassiert das Paar ca. 10.600,00 Euro brutto im Monat. Jährlich kommt dazu noch eine Jahressonderzahlung von 47,07% des durchschnittlichen monatlichen Entgelts der Monate Juli, August und September und natürlich noch Kindergeld in Höhe von 408,00 EUR monatlich für ihre beiden Kinder. Während der Corona-Krise wurden ihre Gehälter weitergezahlt. Dieser Familie will Scholz nun 600,00 EUR schenken. Aber was ist die moralische Erwägung dahinter?

Die Antwort liegt nah: Es gibt keine. Es fragt sich, warum ausgerechnet Kinder als Verteilungsschlüssel gelten? Warum bekommen nicht alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger eine solche pauschale Unterstützung, um die Wirtschaft nach vorne zu puschen? Es gibt schließlich auch Bedürftige ohne Kinder. Wäre es nicht besser gezielt zu unterstützen, anstatt mit der Gießkanne da zu bewässern, wo es schon geregnet hat? An dieser Stelle ist die Kluft zwischen Linken und uns, den Freien Demokraten kleiner als man denkt.

Interessanterweise scheint auch diese Initiative als „Familienbonus“ getauft zu werden. Familie beinhaltet scheinbar für die Bundesregierung per se Kinder. Wer aber den Terminus „Familie“ so versteht, der soll auch das Ehegattensplitting endlich abschaffen. Denn dieses kommt auch Paaren zugute, die keine Kinder haben. Bis zu einem jährlichen Gehalt in Höhe von 109.000,00 EUR macht sich das Ehegattensplitting bemerkbar. Familienbonus und Ehegattensplitten sind zwar zwei verschiedene Themen, eins haben sie gemeinsam: Sie zeigen uns, wie viele argumentative Leichtsinnigkeit Menschen sich erlauben, wenn es um die Verteilung von öffentlichen Ressourcen geht.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Dr. E. Yardeni

Im Zweifel liberal

Dr. E. Yardeni

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