Die große Ablenkung von den Problemen der einkommensschwächeren Menschen

zunehmende Armut Wo bleibt der Blick auf die auf die Probleme der einkommensschwächeren Bevölkerung?

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"der Freitag" ist eine Wochenzeitschrift, in welcher über sehr viele Themen geschrieben wird. Doch für meinen Geschmack bleiben innenpolitische Themen derzeit etwas zu unterrepräsentiert.

Ein Blick in die heutige Online-Ausgabe zeigt Themen, wie den Karlspreis für den Selenskyj, die prekäre Lage im Sudan, 75 Jahre Linke in Israel und die Wahl in der Türkei. Alles Themen, die nicht unwichtig sind, deren Priorität für die eigenen Menschen im Land nicht so hoch angesetzt wird.

Es gibt jedoch noch äußerst fragwürdige Themen, die sich vielleicht in einem Boulevard-Blatt recht gut machen, aber meines Erachtens nicht zum "Freitag" passen. Wen interessiert eine Heidi Klum oder eine Schwedin Loreen im ESC-Halbfinale?

Gestern Abend konnte ich in den Nachrichten vernehmen, dass der Streik der EVG nun doch stattfinden wird, weil die Vertreter der Deutschen Bahn nicht bereit sind, den 3.000 Angestellten im Niedriglohnbereich eine tarifliche Lohnerhöhung zuzustehen. Die Deutsche Bahn ist ein bundeseigener Konzern und trotzdem gab es bisher Angestellte in diesem Konzern, welche die 12 Euro Mindestlohn nur deswegen erreichten, weil man ihre Zulagen mit hinzugerechnet hat.

Jetzt könnte man es sich leicht machen und dies dem Wissing von der FDP ankreiden, weil dieser das Verkehrsministerium leitet. Aber die Ausnahmen in Sachen Mindestlohn wären ohne einen Hubertus Heil von der SPD gar nicht möglich gewesen. Und auch den Grünen muss doch schon aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes daran gelegen sein, die Beliebtheit der Deutschen Bahn zu fördern.

Dazu muss aber auch jener bei der Bahn ordentlich bezahlt werden, der die Waggons sauber hält. Denn selbst das 9-EUR-Ticket nutzt niemanden etwas, wenn die Waggons der Bahn verdreckt und die Toiletten nicht nutzbar sind.

Heute Morgen lese ich aber im Gegenzug, dass genau jene Regierung, welche den 3.000 Menschen nicht einmal einen vernünftigen Lohn zugesteht, 2.700.000.000 EUR für den Krieg in der Ukraine sponsert.

Seit Jahren verzeichnet der Reallohn für die meisten Menschen in diesem Land einen Rückgang, wobei sehr viele Dinge des täglichen Bedarfs immer teurer werden. Damit sind immer mehr Menschen darauf angewiesen, auf ihren Dispo-Kredit zurückzugreifen. Warum komme ich zu diesem Thema? Weil ich letztens aus reiner Neugier einmal bei meiner Hausbank nachgeschaut habe, wie hoch die derzeitigen Zinsen sind, wenn ich den Dispo nutzen wollte. Wenn ich meiner Hausbank mein Geld überlasse, dann bekomme ich etwas unter einem Prozent an Zinsen. Wollte ich mir aber über den Dispo etwas Geld von meiner Hausbank borgen, würde mich das fast 13 Prozent an Zinsen kosten. Und da nennt sich meine Hausbank öffentlich-rechtliches Kreditinstitut mit kommunaler Trägerschaft.

Wohl dem, der in diesem Land nicht darauf angewiesen ist, seinen Dispo nutzen zu müssen. Wobei man auch hier ganz laut die Frage stellen muss, warum begrenzt diese Regierung die Zinsen für den Dispo per Gesetz nicht auf deutliche niedrige Sätze? Wenn man sich doch schon vor die eigene Bevölkerung stellt und dieser mitteilt, dass der Klimaschutz für alle erst einmal "Opfer" fordert, warum darf dann selbst ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut erst einmal kräftig die Hand aufhalten?

Wer in den letzten Jahren umziehen musste und auf eine Mietwohnung angewiesen war, hat die deutlichen Mietsteigerungen der Kaltmiete deutlich zu spüren bekommen. Hinzu kamen ab dem letzten Jahr die enorm gestiegenen Nebenkosten durch die sich extrem verteuerten Energiekosten. Für viele Haushalte nimmt die Miete samt den Nebenkosten bereits die Hälfte des Nettoeinkommens in Beschlag. Auch hier konnte ich heute Morgen lesen, dass jetzt nicht nur die Umrüstkosten für Wärmepumpen und Co. hinzu kommen, nein auch die Grundsteuer wird erheblich mehr Nebenkosten verursachen. Diese darf vom Eigentümer auf die Nebenkosten des Mieters umgelegt werden.

"Kritiker hatten es schon befürchtet, nun kommen offenbar auch die ersten Finanzämter zu einem ähnlichen Urteil: Die neue Grundsteuer bedeutet für Wohneigentümer eine höhere Belastung. Gewerbeimmobilien hingegen werden im Bundesmodell günstiger."

Gewerbeimmobilien werden günstiger, Industriestrom soll auf 6 Cent je Kilowattstunde gedeckelt werden, Zufallsgewinne kann kein Regierungsmitglied bei den Konzernen entdecken, hunderte Milliarden fließen in die Rüstung, weitere Milliarden fließen an Pharmaindustrie für Impfstoffe, die man nicht mehr benötigt >>> Kurzum, all das Geld, welches man auf verschiedenen Wegen gerade der einkommensschwächeren Bevölkerung abnimmt, landet geradewegs in den Taschen des Kapitals! Dabei bekomme zumindest ich den Eindruck, dass diese Umverteilung unter der Ampelregierung noch deutlich schneller vonstattengeht. Denn zumindest medial wird der rot-grüne Anteil dieser Regierung als "links" bezeichnet, womit es keine Opposition mehr links neben ihr gibt, die dem zumindest etwas Einhalt gebieten kann.

Zum Glück verfügen meine Familie und ich über ein ausreichendes Einkommen, so dass zwar auch für uns alles teurer wird, aber wir sind beispielsweise nicht auf die Nutzung des Dispokredits angewiesen. Wir können zudem in preiswertere Energietarife wechseln, wo vielen anderen nur der mittlerweile wieder teure Grundtarif bleibt. Es gibt auch eine Rücklage, die zumindest in Teilen mit jährlichen Dividendenzahlungen die Inflationsverluste begrenzt.

Trotzdem ärgert uns diese unsoziale Politik in diesem Land. War man dieses Unsoziale von Schwarz/Gelb und Schwarz/Rot bereits gewohnt, so überrascht dessen erneute Fortsetzung durch Rot/Grün/Gelb umso mehr.

Bleibt die Frage, warum nimmt die Mehrheit in diesem Land diesen sozialen Raubbau so stillschweigend hin?

Wird der Großteil der Bevölkerung durch eher unwichtige Nachrichten zu stark abgelenkt oder haben die Menschen in diesem Land bereits resigniert? Wobei ich mir dies nicht so recht vorstellen kann, wenn ich mir die Aktionen der „Klimaaktivisten“ anschaue. Da ist genügend Potential zum gesellschaftlichen Dagegenhalten vorhanden. Leider haben diese Menschen zwar das 9-EUR-Ticket im Blick aber eben nicht den Mindestlohn jener, die ihnen saubere und pünktliche Züge ermöglichen. Was aber, wenn man die „Förderer“ hinter den Aktionen sieht, Philanthropen aus der Milliardärs Szene, nicht verwunderlich ist. Aber dies ist schon wieder ein eigenes Thema für sich.

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