Die US-Linke vor der Spaltung ?

Bericht: In der US-amerikanischen Linken tobt ein Konflikt zwischen Radikalen und dem konstruktiven Lager – lachende Dritte könnte die Rechte sein.

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Die politische Linke der USA findet in den Augen der europäischen Presse traditionell kaum Beachtung, zu fokussiert ist der Blick auf die zentralen Lager der Republikaner und Demokraten. Ein Blick auf die politischen Ränder beschränkt sich im Regelfall auf die rechtspopulistische 'Tea.Party', das linke Spektrum wird nur sehr wenig beleuchtet, was dem Potenzial der US-Linken allerdings in keinster Weise gerecht wird.

Durchaus bekannt ist das linke Lager der Demokraten um Bernie Sanders, welcher als Senator von Vermont und mehrfacher Vorwahl-Kandidat der Demokraten über ein beachtliches Netzwerk in der US-Politik verfügt. Allerdings ist Sanders kein Ideologe, seine Überzeugung folgt im Grunde den sozialen Defiziten der USA, er sieht sich in erster Linie als Repräsentant einer Arbeiterschaft, deren Interessen in vielen Bereichen der US-Gesellschaft nur wenig bis gar nicht beachtet werden, sei es bei der Gesundheitsversorgung, der Alterssicherung oder der Möglichkeit, ein Studium zu finanzieren. Und unverdrossen kämpft er gegen die asozialen Praktiken der allmächtigen Konzerne, in welcher er die Ursache dieser Defizite erkennt, ohne allerdings eine Systemfrage zu thematisieren.

Und es war Bernie Sanders, der Joe Biden vor den Mid-Terms geraten hatte, sich nicht auf republikanische Wahlkampf-Slogans einzulassen, sondern im Gegenteil einer eigenen Agenda zu folgen, welche die Republikaner als Anti-Arbeiterbewegung entlarvt. Auch müsse man den Mut haben, die Gier der Versicherungskonzerne, der Pharmakonzerne und der Wall Street zumindest politisch anzuklagen. Wenn das ankomme, würden sich aufgrund dieser wirtschaftlichen Themen einige Wähler den Demokraten zuwenden. Der Erfolg Bidens gab ihm recht.

Nun hat auch Bernie Sanders die 80 überschritten, die designierte Nachfolgerin Alexandra Ocasio-Cortez wurde in ihrer Vita sowohl von Bernie Sanders als auch von Barack Obama unterstützt, die - obwohl mit 34 Jahren noch sehr jung - viel deutlicher und entschiedener polarisiert, als es der Agenda der 'Democratic Party' entsprechen könnte, dennoch sieht sie sich einer 'linken Position der realen Möglichkeiten' verpflichtet, und folgt damit letztlich dem bisherigen Referenzrahmen der demokratischen Linken.

Doch im Schatten dieses Referenzrahmens positionieren sich zunehmend aktivistische Gruppen in den urbanen Küstenzentren, welche sich als ideologische Elite verstehen und dogmatisch unterfütterte Grenzlinien definieren, der reale Primär-Bezug zur Arbeiterschaft wird dabei nicht mehr anerkannt.

Die resultierende Problematik wurde von Michael Kazin (Georgetown University) im US-Analyseportal 'The Liberal Patriot" beschrieben, der Artikel wurde inzwischen auch über das IPG-Journal der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlicht ( --> IPG: Gefährlicher Riss in der US-Linken)

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Geschrieben von

Zerberus

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