Das Treffen in Berlin – die besprochenen Inhalte

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Von einigen Blogger/innen eingeladen, trafen sich am Samstag d. 21.1.2012 einige Vertreter/innen des Freitag und Blogger/innen auf das freundliche Angebot des Freitag unterm Dach am Hegelplatz.

Das Treffen war aus der „Wir müssen reden“-Aktion entstanden, und den daraus folgenden ersten kleinen Treffen kurz vor dem Freitags-Salon mit Jakob Augstein und einigen Redakteur/innen im Dezember und einen Tag danach noch einmal mit Jan Jasper Kosok. Es sollte dazu dienen, den begonnen Dialog zwischen Blogger/innen und der Redaktion bzw. dem Verleger weiterzuführen und zu vertiefen.

Im Vorfeld war besprochen worden, dass es wenig Sinn macht, über die neue / angestrebte Technik zu reden, solange die noch nicht im Ansatz da ist. Deshalb sollte der Schwerpunkt auf der Verzahnung von Redaktion und Bloggern liegen, welche Ideen, Erwartungen und Einstellungen es gibt.

Welche Themen?


Wir haben mit einer kleinen Vorstellungsrunde begonnen, wo jede/r sagen sollte, was er /sie jetzt in dem Rahmen besprechen will. Gleich zum Anfang machte Jakob Augstein seinen Wunsch deutlich, dass dies der Beginn von regelmäßigen Treffen wird, um so die Einbeziehung der Blogger/innen in die anstehenden Entscheidungen zu erleichtern. Viele der anderen Teilnehmer/innen äußerten auf die eine oder andere Art Interesse an einer Verbesserung der Verzahnung von Online und Print, Blogger/innen und Redaktion, der Themen. Interesse bestand auch an neuen Formen der Kommunikation und der Gestaltung des Kommunikationsprozesses untereinander. Einige wünschten mehr Einblicke in Vorgänge und Transparenz, oder wollten einfach wissen, wie die Freitags-Redakteur/innen so „ticken“.

Während Michael Angele zu einem späteren Zeitpunkt ein glühendes Plädoyer für das gedruckte Blatt, die Zeitschrift an sich hielt, äußerten einige der „Kommunarden“ vorrangiges Interesse am Online-Freitag und auch technischen Verbesserungen dort, andere an beiden Formen. Angesprochen wurde von Calvani, dass die Orientierung an den Vorgaben der Printzeitung möglicher weise die Möglichkeiten der Online-Zeitung ausbremse. Umgekehrt forderte Philip Grassmann neue, oder diversere Formate innerhalb der Blogs neben den „klassische“ Blogs und Kommentaren – wie sie ebenso auch in der Printzeitung gefordert wurden. Über beide Formate müsse neu nachgedacht werden. Auch Michael Angele forderte später noch einmal, dass die Stilformen in den Blogs breiter werden müssten, z.B. vermisste er Interviews, die sowohl im Blog als auch im Print funktionierten. Helena Neumann und andere Blogger/innen vermissten diese Bandbreite aller journalistischer Stilformen in der Printzeitung, sehr viele fast blogartige Kommentare und Berichte enthielte, wo die Recherche fehle.

In der folgenden Diskussionsrunde ging es vorrangig um Dinge, Ideen und weniger um die ganz konkrete Umsetzung, auch wenn es einzelne Vorschläge dazu gab. Von beiden Seiten wurde nochmal betont, dass es um „gute Texte“ aus der Community gehe, ohne zu konkretisieren, was unter „gut“ zu verstehen ist. Zur formalen Verbesserung der Struktur schlug Blogger „ich“ ein Pflichtfeld für einen Inhaltsangabe zu Beginn vor, um bei den Nutzern ein Bewusstsein für eine bestimmte Struktur zu schaffen und Texte leichter zugänglicher zu machen. Eine weitere Möglichkeit wäre das gemeinsame Verfassen von Beiträgen mehrerer Blogger als Wunsch, was später auch als Möglichkeit nach dem Relaunch benannt wurde.

Verzahnung von Themen / Print / Online / Blogger/innen und Redaktion

Weiter wurde von Jan Jasper Kosok berichtet, dass dann mehrere Blogs besser zu einem Themenkomplex zusammen zu bringen sein werden und Beiträge schneller in den redaktionellen Teil kommen können. Es soll eine redaktionell gepflegte Startseite der Community geben, aber weiter eine separate für den Freitag an sich. Beide sollen aber übersichtlicher werden und auch Community und Redaktion sollen stärker gemischt werden. Ziel ist es, gute Texte systematisch sichtbarer zu machen, so dass sie nicht im großen Chaos untergehen.

Miauxx bemängelt, dass es manchmal einen Wust an Blogs zu einem Thema, wie jetzt z.B. Wulff, gäbe, die dann Redundanzen erzeugten. Jan Jasper Kosok betonte daraufhin, dass es eben nicht um einzelne Blogs gehe, sondern ein soziales Netz, wo man wisse, wer zum gleichen Thema schreibe, z.B. über zu erwartende neue Möglichkeiten der Artikelverknüpfung. Während Jakob Augstein und Philip Grassmann sich journalistischeres Denken bei den Blogger/innen erhoffen, meint Jan Jasper Kosok sinnbildlich, dass das Netzwerk wie die Muschel ist, in der dann Perlen wachsen. Generell scheint der Wunsch zu bestehen, dass die Blogger/innen ein Bewusstsein dafür entwickeln, wie sie schreiben. An anderer Stelle wurde die Idee eines Patensystems für Themen / Qualitätssteigerung ins Spiel gebracht. Angeregt wurde interdisziplinäre Teamarbeit Online / Print, Community / Redaktion, journalistische Betreuung von Blogs und eine Schreibwerkstatt.

Michael Angele warnte indes vor zu viel Erwartungshaltung, was das Verhältnis Blogger und Redaktion angeht. Es gäbe in der Community z.B. sehr viel Selbstreferentialität, was kein Vorwurf sei, aber eben schwierig beim Stichwort „Verzahnung“, wo man andere Texte braucht. Zudem sei mehr Energie von Seiten der Redakteure notwendig, und die Blogger an solche Texte heranzuführen und zu helfen, sie handwerklich zu optimieren, als für so eine kleine Redaktion möglicherweise leistbar. Helena Neumann wies darauf hin, dass sich die Formate Online/ Print ruhig unterscheiden dürften. Es entspräche den unterschiedlichen Reflexions-Kommunikationsformen und Leserschaften, ohne dass das eine das andere verdrängt. Uwe Theel sprach die Möglichkeit der Verbesserung der Darstellung von Online-Dialogen im Print an, wie er z.B. im Zuge der Wulff-Debatte geführt wurde. Zum Thema Printtexte – Online-Texte und wie man die besser zusammenführt wurde von Popkontext ein Workshop angeregt, in dem man die Details vertiefen und konkrete Ideen entwickeln kann.

Community-Vertretung

Jakob Augstein sprach von der schon länger existierenden Idee, die verschiedenen Bereiche beim Freitag besser zu verbinden, sich ein neues Statut zu geben und die Verhältnisse neu zu klären. So sei ein Ausschuss angedacht für jeweils Redaktion und Verlag. Dann will man mit verschiedenen „Räten“ arbeiten. Die Frage sei, wie sich hier die Community einbringen kann, in welcher Form, mit welchen Mitwirkungsmöglichkeiten. Er schlug einen Community-Rat als gewähltes Gremium vor, das dann auch bindende Entscheidungen treffen kann. Es ging ihm um ein Gleichgewicht von Community und Redaktion.

Während einige Community-Mitglieder die von Augstein vorgeschlagene Gremien-Form befürworteten, weil sie Struktur schaffe, weil sie eine Vertretung der Community gegenüber Redaktion und Herausgeber ermögliche und auch als Korrektiv funktionieren könnte, oder eine notwendige Form für Beschlussfähigkeit darstelle, lehnte z.B. goedzak jede Form festerer Struktur ab, weil sie so einer „wirren, wolkigen Community“ nicht entspräche. Andere schlugen flexible Formen vor, wie offene Arbeitsgruppen, Online-Diskussiongruppen oder Einladungen durch die Redaktion / den Verleger zu bestimmten Themen oder allgemeinen Treffen. Maike Hank verwies auf das Liquid Democracy-Modell.

Die Möglichkeit eines Wahlverfahrens in der Community, das Jakob Augstein z.B. über IP-Registrierungen o.ä. vorschlug, wurde aufgrund der Struktur der Community von einigen als schwierig bis unmöglich angesehen und auch die Frage aufgeworfen, ob das überhaupt gewollt ist.

Jakob Augstein redete im Zusammenhang mit der Blogger/innenvertretung von „Demokratie“, und sagte, in der Zukunft sollen sich nach seinem Wunsch auch die Eigentumsverhältnisse ändern. Eine glaubhafte linke Zeitung könne eigentlich auch nicht dauerhaft inhabergeführt sein. Er könnte sich eine Genossenschaft wie bei der taz oder der Jungen Welt vorstellen, brachte aber auch das Mitarbeiter-Modell des „Spiegel“ ins Spiel. Es gehe auch darum, eine Übernahme des Blattes zu verhindern. Dabei betonte er, dass das Blatt jedoch erst in den schwarzen Zahlen sein müsse und solide dastehen, was noch einige Jahre dauern könne. Er sprach dabei von den drei Säulen des Freitag: Redaktion, Verlag und Community.

Jakob Augstein und Jan Jasper Kosok sagten, dass die Beta-Phase auf Einladung demnächst kommen würde, und dann der „richtige“ Relaunch definitiv noch dieses Frühjahr. Jakob Augstein wünschte sich ein ähnliches Treffen wie dieses im März, wozu dann der Freitag einladen würde.Workshops und Arbeitsgruppen und ein größeres Treffen sind angedacht, aber noch nicht konkret geplant.

Persönliches Fazit

Es war sehr schön zu sehen, dass dieser Dialog in erster Linie stattfindet, dass anscheinend von beiden Seiten mit Interesse Meinungen und Erwartungshaltungen ausgetauscht wurden, kommuniziert und vielleicht ein wenig Vertrauen aufgebaut wurde.

Was zu kurz kam, waren konkrete Lösungen – aber dafür sollen dann ja weitere Treffen und vielleicht spezielle Arbeitsgruppen und Workshops dienen. Ich würde für mich persönlich einen Workshop zur Verzahnung von Print und Online sehr interessant finden, das Sprachliche, aber auch das Organisatorische, die Gestaltung der Zusammenarbeit auch zwischen Blogger/innen und Redakteur/innen.

Zu kurz kamen auch Themen wie Community-Betreuung, z.B. Umsetzung der Nettikette und Verfahren bei Sanktionierungen. Weiterhin wurde nicht näher über eine politische Ausrichtung gesprochen.

Interessant ist sicher auch die technische Weiterentwicklung in vielerlei Hinsicht, aber dazu muss der sagenumworbene Relaunch erstmal stattgefunden haben.

Derzeit wichtig finde ich, technische Wege zu finden, solche Treffen auch online zu gestalten, um diejenigen, die nicht in Berlin sind auch einzubeziehen.

Als Formen der Community-Vertretung halte ich offene Arbeitsgruppen ggf. mit Workshops für die beste Lösung, und vielleicht ein Gremium, was die Kommunikation zwischen Community und Redaktion übernimmt, aber nicht für die gesamte Community spricht, entscheidet oder weisungsberechtigt ist. Das wäre zwar aus pragmatischen Gründen praktisch, aber mE. nicht umsetzbar und auch dem Charakter einer so losen Online-Community widersprechend. Oder man müsste die Community ganz neu (oder überhaupt) strukturieren. Eine hierarchische Struktur der Community hält aber wahrscheinlich niemand für erstrebenswert.

Die konkreten inhaltlichen Angaben beruhen auf dem Protokoll von Magda, auf meinen eigenen Aufzeichnungen und meinen Erinnerungen. Falls ich jemanden versehentlich falsch wiedergegeben habe, korrigiere ich das gern.

Update (da Fragen aufkamen): Dieser Text war bis auf das persönliche Fazit als Vorschlag zu einer leichter lesbaren und nachvollziehbaren Zusammenfassung des Protokolls gedacht, da es aber zu aufwendig gewesen wäre, dass alle noch einmal drüber schauen, korrigieren und ergänzen habe ich ihn hier veröffentlicht, um meine Notizen und mein Fazit ergänzt.

Jakob Augsteins Bericht über das Treffen.

Protokoll

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Popkontext

Journalistin, Bloggerin, DJ, Fotografin - Kultur, Medien, Politik, Sprache // Websites: popkontext.de / wortbetrieb.de

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