Putins Gespür für dunkle Wolken

DENKFEHLER? Hans Ulrich Jörges behauptet in seinem Zwischenruf des STERN "Betrogene Russen", der US- Aussenminister Baker, Aussenminister Genscher, haben am 9./10. Februar 1990

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Hans Ulrich Jörges behauptet in seinem aktuellen Zwischenruf des STERN dieser Woche unter dem Titel

"Betrogene Russen",

der amerikanische Aussenminister James Baker, der Aussenminister der Bundesrepublik Deutschland, Hans- Dietrich Genscher, haben am 9./10. Februar 1990 im Katharinensaal des Kreml dem damaligen Staatspräsidenten der UdSSR und Generalssekretär der KPdSU Michail Gorbatschow, dem sowjetischen Aussenminister Eduard Schewardnadse um den Preis der Deutschen Einheit unter dem Dach der NATO, einmütig in die Hand versprochen, die NATO werde sich nicht um einen Daumenbreite durch Mitgliedschaften neuer Bündnispartner bis an die Grenzen der UdSSR ausdehnen.

Die USA, Deutschland, die EU hätten dieses Versprechen gegenüber der UdSSR in Tateinheit der NATO- Mitgliedschaft Polens, Tschechiens, Ungarns 1999, Slowakei, Rumänien, Bulgarien 2004 fortgesetzt gebrochen.

2008 hätte allein Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der NATO- Tagung in Bukarest, nach dem unverantwortlichen militärischen Desaster in Georgien, verhindert, dass auch noch die Ukraine und Georgien Nato- Mitglied werden, wie es der US- Präsident George W. Bush gefordert, so Hans- Ulrich Jörges.

Das ist auch die Tonlage, die Gabriele Krone-Schmalz, ehemalige Russland-Korrespondentin der ARD, der Hamburger Bürgermeister a. D. Klaus von Dohnanyi in der Anne Will Sendung am 12. März 2014 kommunizieren.

Diese Tonlage, lautet, richtig ins historische Bild der Gegenwart gesetzt, dass der UdSSR 1990 durch die NATO vor dem Zerfall der UdSSR das Versprechen gegeben wurde, souveränen Staaten nach dem Zerfall der UdSSR 1991 auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR, einschließlich Russlands, Anträge auf Nato- Mitgliedschaft, grundsätzlich im Vorwege zu verweigern.

Liegt da nicht ein grundlegender Denkfehler mit verstörenden Folgen bis in unsere Gegenwart vor?

Macht nicht genau dieser Denkfehler es möglich, dass sowohl Hans- Ulrich Jörges in seinem Zwischenruf als auch Klaus von Dohnanyi bei Anne Will unwidersprochen, unwillentlich in "Kalte Kriegsszenarien" zurückfallend, behaupten können, die NATO würde im Fall der Nato- Mitgliedschaft der Ukraine die russische Schwarzmeerflotte 2047 nach dem Auslaufen des Pachtvertrages mit der Ukraine aus Sewastopol auf der Krim herausschmeißen?

Wie das?, gilt Russland nicht gemeinhin in diplomatischen G- 8 Kreisen als Sicherheitspartner der NATO und das nicht nur im Krieg gegen den Internationalen Terrorismus?

Russland würde es, dank dem Russen Boris Jelzin, ohne Auflösung der UdSSR heute so wenige geben, wie die Ukraine.

Im Budapester Abkommen von 1994 haben sich Russland und die Ukraine, unter Beistand der USA und Großbritanniens, gegenseitig die Wahrung der Integrität ihrer Hoheitsgebiete garantiert.

Die Ukraine hat, gemäß diesem Abkommen, anders als Russland, auf seine atomaren Waffenarsenale als sowjetische Hinterlassenschaft auf dem Boden der Ukraine vertraglich, gemäß Atomsperrvertrag von 1957, verzichtet,

Warum wird das heute, selbst hierzulande, als Niederlage Russlands kommuniziert?

Das Gegenteil ist der Fall.

Nicht Russland haben die USA, Deutschland 1990 das Versprechen gegeben, dass die NATO ihren Geltungsbereich als strategisches Wirtschafts- und Verteidigungsbündnis nicht weiter gen Osten ausdehnt, sondern der UdSSR als Garantiemacht des Warschauer Vertrages.

Der Warschauer Vertrag wurde auf Veranlassung seiner Signatarstaaten, voran der UdSSR, aufgelöst, die Mitgliedstaaten, samt den Autonomen Sowjetrepubliken wurden formaljuristisch völkerrechtsverbindlich in die absolute Souveränität entlassen.

Diese Staaten können souverän entscheiden, ob sie die NATO, der EU, einer Freihandeslzone von Lissabon bis Wladiwostock, Washington, einer Zollunion mit Russland, oder allen gleichzeitig beitreten, oder nicht.

Ich vermag da weder einen Bruch von gegebenen Versprechen, noch "Betrogene Russen" zu erkennen, wie es Hans- Ulrich Jörges u, a. immer noch allzu eilfertig, unreflektiert, nahelegen.

Gleichwohl enthebt das Fehlen von gebrochenen Versprechen nicht der dipomatischen Notwendigkeit, Russland sicherheitspolitisch, ökonomisch und währungspolitisch als Partner auf Augenhöhe anzusprechen und einzubinden.

Welches Gespür für dunkle Wolken hat Wladimir Putin?, wenn ja, sind es die dunklen Wolken über dem unfertigen Sarkophag des Block IV im AKW Tschernobyl in der Ukraine aus sowjetischen Tagen, der am 26. April 1986 mit einem weltweit gigantischen FALL- OUT an radioaktiv strahlenden Stoffen harvarierte?
JP

https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/merkel-obama-putin-in-anderen-welten-1
OBAMA, PUTIN, MERKEL die M.O.P. WELT?
JOACHIM PETRICK 11.03.2014 | 01:34 48

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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