Längster Bahnstreik ever: Was Lokführer verdienen und wofür die GDL kämpft
Tarifstreit Der Lohn für Lokführer ist in den vergangenen Jahren langsamer gestiegen als im bundesweiten Schnitt. Wie viel verdienen Lokführer eigentlich? Ein paar Fakten zum Tarifkonflikt bei der Bahn
Nach oben oder unten? Gar nicht so leicht zu erkennen
Foto: Rainer Keuenhof/picture alliance
Es ist der zweite Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) im neuen Jahr. Dieser soll sechs Tage andauern und ist damit der längste in diesem Tarifkonflikt.
Was genau will die GDL damit erreichen?
Die GDL fordert, dass die Wochenstunden der Eisenbahner und Eisenbahnerinnen, die in Schichtarbeit arbeiten, von 38 Stunden auf 35 reduziert werden – bei vollem Lohnausgleich. Außerdem soll der Lohn um 555 Euro steigen, der von Azubis um mindestens 324 Euro. Aufgrund der hohen Inflation fordert die GDL zusätzlich eine Ausgleichsprämie von 3.000 Euro, steuer – und abgabenfrei. Bereits nach der zweiten Runde hatte die Gewerkschaft Anfang November 2023 die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn abgebrochen.
Was bietet die Deutsche Bahn an?
Die DB hatte a
sche Bahn an?Die DB hatte am Freitag vergangener Woche ein Angebot unterbreitet, um mit der GDL wieder an einen Verhandlungstisch zu finden. Darin heißt es, Lokführer:innen könnten ihre Arbeitsstunden von 38 auf 37 reduzieren, bei gleich bleibendem Lohn. Wer weiterhin 38 Stunden arbeiten möchte, bekommt 2,7 Prozent mehr Gehalt. Andersrum formuliert müssen Eisenbahner:innen also auf 2,7 Prozent Gehalt verzichten, wenn sie eine Stunde pro Woche weniger arbeiten. Die Option, als Lokführer:in Stunden zu reduzieren und dabei auf Lohn zu verzichten, besteht auch jetzt schon. Außerdem räumte das Bahnunternehmen den Streikenden ab August 4,8 Prozent mehr Gehalt ein. Weitere fünf Prozent sollen ab April 2025 folgen.Wie viel verdienen Lokfüher:innen?Laut dem Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit verdienen Lokführer:innen 2022 im Mittel 3.735 Euro Brutto, also vor Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Das Angebot der DB würde bedeuten: Ab August 179 Euro mehr Lohn, insgesamt 3.915 Euro Brutto. Ab April 2025 weitere 195 Euro mehr, auf 4.110 Euro. Im Mittel wäre das eine Brutto-Gehaltserhöhung von 374 Euro bei einer Wochenstunde weniger Arbeit. Eine weitere Reduzierung der Wochenstunden lehnt die DB aber ab, mit der Begründung, dass Personal fehle.Das tatsächliche Gehalt von Zugpersonal wird von verschiedenen Faktoren bestimmt. Mehr Geld gibt es mit zusätzlicher Berufserfahrung, und für höhere Qualifikation, zum Beispiel durch Fremdsprachenkenntnisse. Außerdem gilt nicht für alle Mitarbeitenden der DB der gleiche Tarifvertrag. Je nach Betrieb innerhalb der DB gilt der Tarifvertrag der Gewerkschaft, von der am meisten Mitglieder in dem jeweiligen Teil des Unternehmens arbeiten. Nicht zuletzt unterscheidet sich der Lohn auch aufgrund von Zuschlägen – vor allem ausgezahlt für Wochenend- oder Nachtschichten.So entsteht ein Lohn für Lokführer:innen, der laut Angaben der DB zwischen 3.700 Euro und 4.450 Euro brutto monatlich liegt. Für das Jahr 2022 lag der Median des Einkommens von Lokführer:innen bei 3735 Euro und damit 90 Euro über dem bundesweiten Durchschnitt. (Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit). Gleichzeitig ist der Lohn für Lokführer:innen langsamer als der bundesweite Schnitt gestiegen. Nach den Forderungen der GDL würden Lokführer:innen 4.255 bis 5.005 Euro brutto monatlich verdienen. Azubis bekommen aktuell 1.020 Euro bis 1.230 Euro Gehalt, plus ein 13. Gehalt zu Weihnachten. Ein Lokführer in der Funktionsausbildung erhält 2.650 Euro brutto monatlich.Warum hat die GDL das Angebot der DB abgelehnt?Die GDL schlug das Angebot aus und kündigte weitere Streiks an. Besonders die Reduzierung der Wochenstunden sei der GDL ein wichtiges Anliegen, das in dem Angebot nicht berücksichtigt wird. Um junge Menschen für die Branche zu gewinnen, sei es wichtig, die Schichtdienste attraktiver zu machen. Außerdem, so erklärte der Bundesvorsitzende der GDL, Claus Weselsky, auf einer Pressekonferenz am Montag, sei das Angebot der Reduzierung der Wochenstunden an die Bedingung gekoppelt, dass es genug Arbeitskapazität gibt. Die DB würde damit „tricksen und mogeln“, so der Vorsitzende der GDL. Im Angebot der DB sei weiterhin nur von Lokführer:innen die Rede. Gestreikt werde aber für „alle Eisenbahner:innen“. Also auch für Zugbegleitpersonal, Service und für Mitarbeitende an den Stellwerken.Was hat die GDL mit privaten Zugunternehmen verhandelt?Viele der Forderungen, die die GDL an die DB stellt, hat sie bereits mit 18 kleinen Eisenbahnunternehmen verhandelt. Die GDL selbst gewährt den Einblick in das Ergebnis der Verhandlungen, die laut Angaben von Weselsky für über tausend Mitglieder gelten. Martin Seiler, Personalchef der DB, nannte die Tarifabschlüsse mit den Unternehmen in der Süddeutschen Zeitung einen „PR-Gag“ genannt, der keinerlei Bedeutung habe. Weselsky schimpft in der Pressekonferenz am Montag darüber; Sieler habe „sie nicht mehr alle“.Die Wochenarbeitszeit soll in den abgeschlossenen Tarifverträgen bis Januar 2028 auf 35 Stunden pro Woche reduziert werden, der Lohn für Mitarbeitende zum ersten Mai 2024 um 240 Euro angehoben, zum ersten Februar 2025 dann um weitere 180 Euro. Menschen in Funktionsausbildung sollen 90 Prozent des Lohnes erhalten. Wenn sie die Ausbildung abschließen, soll die Differenz zu den 100 Prozent für den gesamten Ausbildungszeitraum ausgezahlt werden – als Motivation. Für Auszubildende soll der Lohn in zwei Stufen steigen. Final sind diese Erfolge trotz abgeschlossener Verhandlung aber nicht. Sollte die GDL mit einem anderen Arbeitgeber andere Konditionen aushandeln, könne man die Verträge nachkorrigieren, so steht es niedergeschrieben.Und worum geht es in der Sache FairTrain?Ein Nebenschauplatz im Streit zwischen GDL und DB tut sich am Landesgericht Hessen auf. Die Deutsche Bahn wirft der GDL vor, nicht tariffähig zu sein, etwa weil die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) als größere Gewerkschaft die Mehrheit in den meisten Betrieben der DB stelle. Nach dem Tarifeinheitsgesetz gelten für viele Beschäftigte die mit der EVG verhandelten Konditionen. Darüber hinaus stellt die DB die Rolle der GDL im Tarifstreit in Frage, weil sie sowohl als Gewerkschaft als auch als Arbeitgeber auftrete. Vergangenes Jahr gründete die GDL eine Genossenschaft, die FairTrain. Diese hat zum selbsterklärten Ziel, Lokführer der DB abzuwerben und für bessere Bedingungen an die DB zurück zu verleihen.In einer Klage, über die die FAZ am Dienstag, den 23. Januar berichtet, weist die DB personelle Verflechtungen zwischen GDL und FairTrain auf. Weiterhin wird der GDL vorgeworfen, die Forderungen im Tarifstreit sollen der FairTrain Genossenschaft einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Im Haustarifvertrag von FairTrain dürfen Lokführer:innen beispielsweise 40 Stunden arbeiten. Für viele Menschen ein attraktiver Vorteil gegenüber der DB, sollte diese einknicken und die Wochenstunden verpflichtend auf 35 reduzieren, so ein Argument in der Anklage. Die GDL fordert im Tarifstreit außerdem die Möglichkeit für Beschäftigte, schneller zu kündigen – Laut DB der Versuch, Lokführer:innen einfacher für FairTrain abzuwerben.
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