Der kalte Krieg wird angeheizt

Die Russen kommen Russland soll mit geheimdienstlichen Mitteln die öffentliche Meinung in Deutschland beeinflussen. Belegen sollen dies der BND und der Verfassungsschutz.

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Das berichtet die ARD unter Berufung auf NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung. Was heißt berichtet? Der frühere Spiegel-Chef Georg Mascolo ergeht sich eher in Vermutungen, wenn er schreibt: "Vor allem osteuropäische Regierungen behaupten, dass Moskaus Staatsmedien gezielt eingesetzt würden, um Zwietracht unter den ohnehin zerstrittenen Europäern zu säen." Wir wissen doch, dass osteuropäische Staaten wie Polen oder Ungarn mit der Freiheit zur Information nicht gerade liebäugeln. Der Aufruf der "Reporter ohne Grenzen", die EU möge die Presserepressionen Polens verurteilen, nützte nichts. Der Geschäftsführer der ROG sagte zu den polnischen Pressegesetzen: "Das ist eine Ungeheuerlichkeit, die europäischen Werten aufs Schärfste widerspricht." Zu den presserechtlichen Einschränkungen durch den ungarischen Staatschef Viktor Orbàn meinte der Sozialdemokrat Martin Schulz vor fünf Jahren, das Land sei dabei, die Grundwerte der EU zu zerstören. Das scheint Mascolo nicht zu stören. Hauptsache er hat irgendwelche Belege, die den kalten Krieg anheizen.

Seine weiteren Quellen sind, ohne sie näher zu benennen, "Russlandexperten", die eine größere Sorge hätten: "Hier gehe es nicht um einzelne Sticheleien, sondern um die systematische Destabilisierung Deutschlands, das als belastbarer Pfeiler in der westlichen Gemeinschaft gilt." Dann lässt er einen nicht näher benannten "hohen Beamten" zu Wort kommen, der über Russland gesagt haben soll: "Wer ein neues System in Europa will, der muss an Deutschland und seine Kanzlerin ran."

Dann, so Mascolo weiter, solle geklärt werden "ob Russland sich um einen Schulterschluss mit rechtsradikalen und rechtspopulistischen Bewegungen in Deutschland bemüht. In anderen europäischen Ländern, etwa Frankreich und Ungarn, gibt es dies bereits. Schon vor Monaten stellten Verantwortliche im Kanzleramt deshalb die Frage, ob in Deutschland nicht ebenfalls extreme Gruppierungen unterstützt würden. Es sei doch kaum vorstellbar, dass die russische Regierung ausgerechnet um Deutschland einen Bogen mache, hieß es."

Dass es den "Schulterschluss" Russlands mit Rechtspopulisten und Rechtsradikalen in Frankreich und Ungarn gebe, belegt Mascolo nicht. Er behauptet einfach, dass es so sei. Anschließend bezieht er sich auf "Verantwortliche im Kanzleramt", ja welche denn?, die schon vor Monaten Vermutungen angestellt hätten, dass es eine Kooperation der Russen mit deutschen Rechtsradikalen geben müsse.

Betreibt Mascolo mit seinem Artikel Journalismus der redlichen Art? Das ist zu bezweifeln, da er keine echten Quellen nennt, die verifizierbar wären. Er transportiert indirekt, dass er, der Journalist, seinen angeblichen Informanten Vertrauensschutz zu gewähren habe, denn sonst gäbe es für seine Leser gar keine Informationen mehr.

Dass die Russen keine Waisenknaben sind, wenn es um PR-Arbeit geht, ist unbestritten. Was Mascolo betreibt, ist um keinen Deut besser. Nein, eher schlitzohriger, weil er gleichzeitig mit auf den Weg gibt, der Nato-Westen hätte keinen Propaganda-Apparat am Laufen, sondern trüge eine unbefleckte die Unschuld spiegelnde Weste.

Wenn in naher oder etwas fernerer Zukunft der BND und der Verfassungsschutz zur Erkenntniss gelangt sind, dass die Russen so böse sind wie vermutet, wissen wir dann tatsächlich Bescheid? Was wir wissen ist: Der Verfassungschutz und der NSU waren von Anfang an kooperationsfähig. Eine Hand wusch die andere.

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Geschrieben von

Achtermann

Ich lass' mich belehren. Jedoch: Oft wehre ich mich dagegen.

Achtermann

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