Kein Ort, nirgends

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Seit Obama angekündigt hatte, er werde Guantanamo schließen, ist die Frage, was mit den dort Festgehaltenen passiert, vor allem mit denen, wo die USA trotz aller Bemühungen nichts fand, was man ihnen hätte vorwerfen können, außer, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Wir erinnern uns an Kurnaz.

Bei zu vielen steht zu befürchten, dass die eigentlichen Heimatländer sich nicht an die Unschuldsvermutung halten und die Freigelassenen auch wieder inhaftieren, auch foltern, könnten.

Das gerade in Diskussion viel verwendete Argument, das sei ein Problem, das die USA sich selbst geschaffen hätten, sollen sie doch die Männer aufnehmen, finde ich geradezu perfide: nach acht, neun Jahren Haft und Folter sollten die Menschen nun im Verfolgerstaat ansässig gemacht werden? Keine Nacht ruhig schlafen könne, bei jeder Polizeisirene zusammenzucken, man könnte sie ja wieder holen? Unmenschlich.

Aber in andere Länder?

Bei den Uighuren, deren Aufnahme in Deutschland zuerst angedacht gewesen war, merkte man schon an den chinesischen Drohungen, wie sehr man dort darauf erpicht war, sie in die Finger zu bekommen. Leider hat sich Deutschland da dem chinesischen Druck gebeugt – für diese Menschen wäre Deutschland wohl eher das Land der Wahl gewesen, da es dort bereits eine uighurische Exilgemeinde gibt.

Nun wird wieder über andere Häftlinge geredet, und ich frage mich, wie das ist, wenn man nicht nach Hause zurück kann, jahrelang unschuldig eingesperrt, misshandelt, isoliert wurde – und nun davor steht, wie ein Postpaket irgendwo hin verschickt zu werden. Keine Wahl.

Und wie wird das in Deutschland aussehen, wenn diese Männer einreisen? Residenz- und Meldepflicht, isolierte Wohnung außerhalb der Stadt, Handy- und Internetverbot? Unvorstellbar? Tatsache – in einem Fall eines sogenannten Gefährders, den man nicht in Haft nehmen konnte, weil ihm nichts vorzuwerfen war. Daher befürchte ich dieses Muster. Ist das dann der deutsche Umgang mit der Unschuldsvermutung?

Doch wohin sonst? Muslimische Flüchtlinge, Heimatlose. Kein Ort, nirgends.

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Geschrieben von

Alien59

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Alien59

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