Suicide is painless

Silvia Seidel Mit dem Trost, den der Tod bedeutet, kann kein Leben mithalten

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Suicide is painless

Foto: picture alliance / KPA

Bis 25 haben die Leute bei mir Welpenschutz, d.h., eventuelle charakterliche Dummy-Zonen können sich noch festigen, Schwächen oder Stärken in jene oder diese Richtung manifestiert werden. Heißt auch, dass ich ab 25 jedem das Recht zugestehe sich zu entleiben.

Das davor ist das Elend. Wenn es denn eines ist. Die, die bleiben, fragen sich. Ob sie hätten helfen usw. - wenn denn Hilfe etwas ist, das gegriffen hätte, viele „hätte“, viele „wäre“, viele „wenns“.

Mit dem Trost, den der Tod bedeutet, kann kein Leben mithalten.

„Anna“, natürlich, ich gehörte zu den 13 Millionen, die die Serie erreichte. „Anna“ war nicht so meins wie „Silas“, weil ich eher Handball als Ballett. Na und, mitschwingen und eintauchen in die Weihnachtsduselei war eins, gerne doch, Verdrängung in Weichzeichnerkonturen. Uns, den Zuschauern, als klare Rechnung vorgelegt: „Träumereien? Hier!“ Wer macht wem einen Vorwurf, wenn Silvia Seidel die Anna spielt. Alles zuviel zu schnell zu berühmt, nie mehr allein, nie mehr Ruhe. Das andere Land, in das man dann wohl hätte gehen sollen, ist nicht eingefalllen, und überhaupt: Was ist denn das für ein Preis: Nach Drehschluss Freunde verlassen, gewohnte Umgebung usw., nur weil die Rolle an dir klebt wie Pech?

Das Über-die-Klinge-Springen von Personen zur Erheiterung / Unterhaltung anderer Personen kann verurteilt werden – längst, LÄNGST ist es eine gerechtfertigte Amusement-Herstellung in allen Bereichen, beginnend im Privaten, endend in Netz und TV.

(Am Montag dieser Woche wunderte sich jeder, den ich traf, über die anderen. Die seien so aggressiv, so entnervt. Autofahrer, Imbiss-Kunden, U-Bahn-Fahrgäste. Ein Wunder, so diese und jener, dass man nicht geschlagen / angebrüllt / angefahren wurde. Es gibt so Tage. Das Komische ist, dass sich dann eine Hälfte immer einig ist und, wie am Montag, ramentert, dass die Schwarte kracht. Und die andere Hälfte sich, irre kichernd, hinter vor den Mund gehaltener Hand hierüber austauscht, geht Ihnen das auch so, was ist denn nur los heute.)

Am Montag wurde Silvia Seidel tot in ihrer Wohnung gefunden.

Wer sich umbringt, hat das für sich entschieden. Das Problem derer, die bleiben, ist je nach Nähe und Beziehung die Nähe und Beziehung zur Todesentscheidung zu klären. Weil es immer, immer, „einer von uns“ ist, der geht. Was uns immer, immer, müde lächelnd oder mit vernichtender Kraft, in den Magen bufft. Weil – wir nicht geholfen haben.

Das total fiese Lustige an Silvia Seidels Tod ist der Umstand, dass sie nun in der Berichterstattung über diesen Tod mit dem beschrieben wird, das sie abzustreifen suchte. Wie dieser hier auch. We call it: Schicksal, das dir in den Rücken sch***.

Ich wünsche denen, die Silvia Seidel nah kannten, jetzt trauern, sich Vorwürfe machen, den Abschluss als Ende mit Schrecken sehen vielleicht, die Fähigkeit, sich den ungeheuren Trost vorzustellen, den Silvia Seidel bei Beschluss empfand. Schließlich war sie ein paar Jährchen älter als 25.

“Suicide is painless,
It brings on many changes,
And I can take or leave it if I please.”

Musik: Johnny Mandel / Text Mike Altmann

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Geschrieben von

Amanda

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