Diaspora ist der Name für ein neues Konzept von Sozialen Netzwerken. Aus einer Kritik an Facebook starteten vier Studenten in New York ein neues Programm. Jetzt ist Diaspora in der Alpha-Phase und beginnt mit seinen verschiedenen "Pods" zu wachsen.
Diaspora ist ein Open Source-Programm, kann kopiert werden und läuft bereits auf verschiedenen Servern. Meine Prognose ist, dass die sogenannten Diaspora-Pods sich in nächster Zeit sehr schnell vermehren werden. In der Verfilmung der Facebook-Geschichte wurde dargestellt, dass Facebook erst das soziale Netzwerk an einer bestimmten Uni war, dann kam die nächste Uni hinzu und so weiter.
Wie Kritische Masse entstehen könnte
Mit Diaspora könnten bspw. die Hochschulen nun selber Diaspora-Pods anlegen: jeder neue Student, jede neue Studentin erhält mit Studienbeginn nicht nur eine Mail-Adresse ihrer Uni, sondern auch einen Diaspora-Account im Pod ihrer Hochschule und eine Einladung in die verschiedenen "Aspekte" (das ist das, was bei Facebook "Gruppe" heißt) des Hochschul-Diaspora-Pods, also der Studienberatung, der Presse-Abteilung, des Studentenwerks, des Fachbereichs und der jeweiligen Fachschaft. Der Vorteil für die Uni läge klar auf der Hand. Warum sollten die Studierenden aber dort mitmachen? Weil die verschiedenen Pods untereinander kompatibel sind. Sie könnten sich mit ihrer Uni-Pod-Adresse auch an anderen Pods beteiligen, so zum Beispiel an verschiedenen "Aspekten" des Pods ihrer Lieblingszeitung. Zu dem kann man sich pod-übergreifend finden lassen, wenn man möchte.
Durch diese Kombination von Dezentralität und Kompatibilität kann genau das entstehen, was Diaspora zum Funktionieren braucht: eine kritische Masse von Teilnehmer_innen.
Diasporas Dezentralität: ein Vorbild für Wikis?
Hier sehe ich ein Vorbild für die verschiedenen Wikis, die jenseits von Wikipedia ein Schattendasein fristen. Wikipedia ist oftmals kritisiert worden, es finden bereits unregelmäßig CPOV-Tagungen statt, die vor allem das Konzept des neutralen Standpunkts (NPOV) kritisieren, da es diese Neutralität nicht gibt, sondern NPOV unkritisch nur einen Mainstream wiederspiegelt. Auch hier könnten Gemeinschaften entstehen von Wikipedianer_innen, die ihre eigenen Wikis haben, gemeinsame Ideen aber unterschiedliche Schwerpunkte. Vielleicht fördert die Dezentralität von Diaspora die Vernetzung von Wikipedia-unabhängigen Wikis.
Eine Freitag-Community in Diaspora?
Wer sich in einem oder mehreren Diaspora-Pods anmelden möchte, der sei gewarnt: es ist dort noch so leer wie im Facebook vor zwei, drei Jahren in Deutschland. Die Bekannten sind alle noch bei Fb und lassen sich nicht gerne rüberziehen. Noch ist die Kritische Masse nicht vorhanden. Die Leute gehen rein, stellen fest: "Keiner da", und gehen wieder raus. Es braucht so eine Art Anker. Daher habe ich einen "Aspekt" namens "Freitag" gebastelt. Hier können sich zumindest die Schreiber_innen, Leser_innen und Blogger_innen vom Freitag treffen und diskutieren. Ihr findet mich unter andreaskemper@diasp.org. Unter https://diasp.org könnt Ihr Euch bei Diaspora anmelden, aber wie gesagt auch bei den inzwischen vierzehn anderen pod-adressen.
Frage an die Redaktion: Plant auch der Freitag ein eigenes Diaspora-Pod?
Kommentare 13
wie soll das auch gehen? momentan kann man sich nicht mal richtig anmelden, jedenfalls warte ich seit monaten auf eine reaktion auf meine registrierung.
Hallo m_for_manu,
du wartest wahrscheinlich auf die reaktion vom pod "joindiaspora". da warte ich auch schon seit wochen.
nimm doch einfach ein anderes pod. in deutschland gibt es geraspora. oder nimm das pod https://diasp.org
ich bin jetzt in drei pods angemeldet und es läuft sehr gut.
Guter Beitrag und möglicherweise ein zukunftsträchtiges Konzept.
Dezentralität und offener Standard als Gegenpol zu staatlichem Überwachungswahn und privater Gewinnmaximierung. Das wird in der praktischen Umsetzung nicht einfach werden, die genannten Gegner sind mächtig, haben keine Skrupel, auch Arm in Arm gegen ein derartiges Projekt vorzugehen - soweit es "notwendig" werden sollte.
Habe mich ehrlich gesagt, bislang nur rudimentär mit diesem Projekt namens Diaspora beschäftigt, dennoch kann der Name in mehrfacher Hinsicht Programm sein oder werden. Nutze selbst keine Accounts bei Facebook oder Twitter etc. eben wegen dem dahinter stehenden Big Brother. Gerade die jüngsten, weltweit beinahe konzertierten Aktionen gegen Wikileaks sollten - neben dem heimlichen Löschen von E-Books - deutlich gezeigt haben, wer wo, auf welcher Seite der Barrikade, und nicht nur im Zweifelsfalle, im Ernstfall steht. Und für das remote Manipulieren und/oder Löschen von E-Books braucht es nicht einmal die Feuerwehr aus Fahrenheit 451; das geht subtiler...
Danke daher für diesen Beitrag, den Anstoß auch dahingehend über den fürsorglich belagerten, eigenen Tellerrand zu schauen, diejenigen, die nur "unser Bestes" zu wollen vorgeben, mit Alternativen zu konfrontieren.
Vielleicht kein Mainstream-Thema, noch nicht bzw. das wird es wohl auch nicht werden. Kein vordergründiger Aufreger ala Sarrazin, zu technikzentriert eventuell, die perspektive Dimension nicht plakativ vor sich her tragend. Dennoch gab es allein in den letzten Tagen mehrere Beiträge mit einer, im weiteren Sinne ähnlicher Thematik hier, an denen ich mich - zugegeben subjektiv und mit eigener Intention - gern beteiligt habe:
www.freitag.de/community/blogs/cms/den-freitag-auf-dem-handy
www.freitag.de/community/blogs/globi09/usa-wollen-verschluesselung-einschraenken-
www.freitag.de/community/blogs/tsckaer/neues-aus-eskapistan
wenns nicht geht, ich hab noch ne Einladung :)
klingt gut. habe ins gästebuch geschrieben. :)
Hallo Andreas,
ich habe leider noch nicht so viele Erfahrungen mit Diaspora. Habe vorhin den Aspekt 'Freitag' angelegt, Deinen Kontakt herausgesucht und Dich für den Aspekt freigeschalten. Bin ich so weit richtig vorgegangen oder muss ich anders vorgehen?
Grüße
Sascha
Viel Erfahrung hat da keiner, weil das ja noch neu und in der Alpha-Phase ist. Du hättest keinen Aspekt freischalten müssen, es reicht aus, wenn ich dich in "meinen" reinhole. Ist so ähnlich wie bei den Aspekte Familie und Arbeit. Wenn du einen Aspekt Familie hast und ich auch, dann haben wir nicht denselben, sondern nur einen mit den gleichen Namen.
Aber es scheint ja alles geklappt zu haben. Zumindest hat dort ein "Sascha" einen Kommentar geschrieben ;-)
In Diaspora? Unter welchen Namen?
Ah, okay, jetzt habe ich dich an deinem Avatar, an deinem Bildchen wiedererkannt. ;-)
Lieber Andreas,
vielen Dank für den Bericht!
Wir haben uns bisher noch zu wenig umgeschaut, um Konkretes für Diaspora zu planen.
Herzliche Grüße
Maike
Sich selbst von Hochmut und Gewohnheiten befreien, ist eine sehr drastische, aber unumgängliche Maßnahme, wenn man fähig werden soll, anderen zu helfen.
Chögyam Trungpa
In diesem Sinne, alle Gute für Diaspora und ihren Mitgestaltern.
Liebe Maike
Diaspora ist ja auch noch in der Alpha-Phase. Aber es funktioniert. In meinem Aspekt "Der Freitag" sind jetzt seit gestern ein Dutzend Freitag-Leser_innen und weitere sind angemeldet.
Überlegt mal, ob ihr einen Pod startet. Sowas würde ja auch mit dem Guardian oder der taz zusammen gehen.
Liebe Grüße,
Andreas