Demonstranten bei 1.-Mai-Umzug verhaftet

LGBTI-Rechte: St. Petersburg--Die Polizei hat am Montag 17 LGBTI-Aktivisten festgenommen, die friedlich gegen die Verfolgung von Homosexuellen in Tschetschenien protestierten.

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Beim 1.Mai Umzug in St. Petersburg wurden nach Angaben der Menschenrechtsgruppe OWD-Info 17 LGBTI Aktivisten festgenommen, die gegen die Verfolgung von Homosexuellen in Tschetschenien protestierten.

Einige Demonstranten halten Regenbogenflagen und rufen "Kadyrow nach Den Haag", andere liegen auf dem Boden unter einer tschetschenischen Flagge oder eingewickelt in eine Regenbogenflage während sie symbolisch von ihren Mitstreitern mit Kunstblut besprenkelt und mit Erde begraben werden.

Als der homophobe Abgeordnete Vitaly Milonov, welcher 2013 unter anderem das umstrittene Anti-Gay-Propagandagesetz im russischen Parlament einbrachte, die Aktivisten an der Teilnahme hindern wollte, griff die Polizei ein und hielt ihn zurück. Sie hinderten Milonov und sein Gefolge daran, die Strasse zu blockieren und damit konnten die LGBT-Aktivisten zunächst ungehindert für ihre Rechte demonstrieren.

Doch kurz darauf verhaftete die Polizei einige Aktivisten und brachte sie in Bussen in die nahegelegene Polizeirevier. Zuvor wurden laut Berichten russischer Medien bereits sieben andere LGBTI Aktivisten auf einem anderen Abschnitt der Demonstration verhaftet und in eine andere Polizeistation transportiert.Von den 100 bis 150 schwul-lesbischen Teilnehmern hat sich die Polizei offenbar bewusst jene mit Regenbogenflaggen oder Schildern herausgepickt.

Der homophobe Milonov hat nicht nur das umstrittene Anti-Gay-Propagandagesetz ausgearbeitet, sondern, er forderte im vergangenen Jahr auch die Verhaftung sämtlicher LGBT-Sportler und Touristen der Olympischen Winterspiele in Sotchi. Weiter will er, dass sämtliche Gay Clubs im Land, sowie alle Social Media-Seiten mit LGBT-Inhalt geschlossen werden sollen, um das Böse aus dem Land zu vertreiben.

Es braucht mehr als nur Mut, um sich in Russland in der Öffentlichkeit hinzustellen und sich für die Rechte der Schwulen, Lesben und Transgender einzusetzen. Besonders schlimm ist die Lage für LGBTI-Menschen in der Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus. Dort sind Homosexuelle besonders im Visier der Behörden.

Behörden verfolgen und töten Schwule in Tschetschenien

Im vergangenen Monat berichtete die unabhängige russische Zeitung Novaya Gazeta, dass mehr als 100 Männer bei Razzien in Tschetschenien im Nordkaukasus festgehalten und gefoltert wurden. Drei starben, berichtet die russische Zeitung. Ihr Verbrechen: Homosexualität.

Präsident Ramzan Kadyrow leugnet, dass er gegen Menschenrechte verstossen hat. Der Novaya Gazeta teilte sein Sprecher mit "das ist eine absolute Lüge" und sagte weiter, dass es keine schwulen Männer , die in Tschetschenien verfolgt werden gebe.

Ein Aktivist auf der 1.Mai-Demo in St Petersburg sagte "am schlimmsten ist, dass es so gefährlich für Schwule und ihre Familien in Tschetschenien ist, deswegen sprechen sie meist mit niemandem über die brutale Gewalt, die ihnen widerfahren ist".

Mehreren Aktivisten droht ein Verfahren

Sechs Aktivisten, darunter Igor Koschetkow und sein Lebenspartner, befinden sich weiterhin auf der Polizeiwache 23 und könnten laut Informationen von OWD Info über Nacht festgehalten werden. Ihnen droht möglicherweise ein Schnell-verfahren wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte, was mit bis zu 15 Tagen Haft geahndet werden könnte. Eine minderjährige Person wurde den Eltern übergeben.

„Wir haben keine Slogans skandiert“, erinnert sich der schwul-lesbische Aktivist Igor, „sondern einfach nur unsere Regenbogenflaggen hochgehalten“.

Die zehn Aktivisten, die am Vormittag bei der symbolischen Aktion auf dem Nevsky Prospekt festgenommen wurden und zur Polizeiwache 43 gebracht wurden, sind nach über sieben Stunden freigelassen worden.

Merkel trifft am Dienstag auf Putin

Am Dienstag trifft sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in der russichen Stadt Sotschi mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Derzeit fordern Aktivisten in Berlin mit einer bis Dienstag durchgehenden Käfig-Mahnaktion vor dem Bundeskanzleramt #MerkelSPEAKOUT, dass sich Merkel für die verfolgten Schwulen in Tschetschenien einsetzen soll.

Bereits zuvor hatten der LSVD und eine Online-Petition von "Enough is Enough", Quarteera und dem Aktionsbündnis gegen Homophobie Merkel dazu aufgefordert, sich bei Putin für die sofortige Freilassung der inhaftierten Schwulen und eine Aufklärung der Taten einzusetzen. Die Unterschriften der Petition waren am Sonntag dem Bundeskanzleramt übergeben worden

Das russische LGBT Network ruft derweil weiter zu Spenden auf, um Betroffenen bei der Flucht zu helfen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Rossbach

Als freier Journalist schreibe ich aus Russland für russische und deutsche Medien über Politik, Kultur & andere Dinge, die mich interessieren.

Andreas Rossbach

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