Für eine Handvoll Euro (mehr)

Grüner Filz Längst hat der Alltag nicht sachgerechter Personalpolitik und persönlicher Vorteilsnahme auch die Grünen und damit die rotgrünen Regierungsbündnisse erreicht.

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Aktuellstes Beispiel: Ein von NRW nach Niedersachen eingewanderter grüner Hirsch der Extraklasse. Sein Name: Udo Paschedag.

Aber gönnen wir uns erst einmal noch einen Blick zurück nach NRW.

Anfang des Jahres beantwortet die Landesregierung von Nordrhein Westfalen eine Anfrage der Abgeordneten Christina Schulze Föcking und Josef Hovenjürgen beide CDU. Die Abgeordneten hatten sich nach dem Jagdverhalten des Leiters des Landesbetriebes Wald und Holz NRW, Andreas Wiebe erkundigt. Dieser war auffällig geworden, weil er bei Auslebung seiner Jagdleidenschaft mal die Schonzeit nicht beachtet und ein anderes Mal einem Jungtier die Mutter weggeschossen hatte. Schön zu lesen ist, wie die Verwaltung den Umstand beschreibt, dass der oberste Jäger des Landes einem stillenden Muttertier das Lebenslicht ausgepustet hatte:„Obwohl im Nachgang bei dem erlegten Sikaalttier eine Laktation festgestellt wurde, durfte aufgrund der Erlegungsumstände zum Zeitpunkt der Erlegung davon ausgegangen werden, dass das Sikaalttier nicht führend war“ (Drucksache 16/1975 Landtag NRW). Mit anderen Worten, der Jäger Wiebe hatte es so eilig beim Schießen, dass er das die Mutter begleitende, noch säugende Jungtier nicht wahrnahm. Kann ja `mal passieren.

Weswegen an dieser Stelle überhaupt die Sprache auf Andreas Wiebe kommt, liegt an der Art, wie er an das Amt des Leiters des Landesbetriebes Wald und Holz NRW kam. Denn eigentlich kommt der Mann von der Stadtreinigung Bielefeldt und ist gelernter Bauingenieur der Fachrichtung Wasserbau. Es muss also an etwas anderem liegen, dass ein Bielefelder „Müllmann“ in nordrhein-westfalens Wäldern wahlweise die Schonzeit missachten oder Muttertieren den Gar ausmachen kann. Die Antwort findet sich schnell, wenn man in die Regierungszeit von Wolfgang Clement bzw. Peer Steinbrück zurückspringt. Durch Koalitionsvertrag war dort geregelt, dass den Grünen (bereits seit 1995) ein Regierungspräsidium von fünfen zustand. Christa Vennegerts, die dieses Amt für den Regierungsbezirk Detmold innehatte musste 2001 aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten und so wurde Andreas Wiebe Regierungspräsident von 2001 bis 2005.

Steinbrück verlor bekanntlich die Wahl und damit Andreas Wiebe sein Amt. 2010 gab es wieder eine rotgrüne Koalition, aber noch nicht den entsprechenden Posten für Andreas Wiebe. Dieser musste sich aber nur knapp ein Jahr gedulden bis Udo Paschedag, Staatssekretär im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen tatkräftig den Weg für Wiebe freimachte. Zwar wurde die Stelle erst einmal 2010 für einen ausgebildeten Forstwirt ausgeschrieben, woraufhin auch 18 Bewerbungen eingingen, aber gut fünf Monate später teile man den BewerberInnen den Abruch des Bewerbungsverfahrens mit. Man hatte zwischenzeitlich nämlich festgestellt, dass man gar keinen Forstwirt brauchte. „(A)ufgrund zwischenzeitlicher Entwicklungen, die uns zum Zeitpunkt der Regierungsübernahme im Juli nicht bekannt waren, (mussten) Entwicklungen feststell(t) (werden), nach denen nicht in erster Linie die Qualifikation einer forstwissenschaftlichen Ausbildung für die Wiederbesetzung der Stelle gefragt war, sondern Verwaltungsmanagementaufgaben im Vordergrund stehen“ (Ausschussprotokoll 15/256). So wusste es der Staatssekretär Paschedag im Ausschuss zu berichten.

Mittlerweile ist Paschedag nicht mehr im Landwirtschaftsministerium in Düsseldorf aber er ist nach wie vor beamteter Staatssekretär. Seit dem 19. Februar 2013 ist er Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung.

Paschedag der bevor er Staatssekretär wurde, Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium war und bis 2010 für die Grünen im Kreistag von Stade saß, kann jetzt also wieder häufiger seine Familie sehen, was man dem Mann ja auch unbedingt gönnen möchte, nur gibt es da ein Problem. Staatssekretäre werden nicht in allen Bundesländern gleich entlohnt. In NRW gibt es mehr Geld als in Niedersachsen. Da lag es offenbar nahe, statt der privaten dienstliche Gründe zu bemühen, um den Wechsel zu begründen.

Zwar scheint es nach vernünftigem Ermessen nahezu ausgeschlossen zu sein, dass das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium aus dienstlichen Gründen einen Staatssekretär nach Niedersachen beordert, aber da es dafür ein paar hundert Euro mehr gibt, macht man dass dann schon `mal so. Erstaunlich ist das auch schon deswegen, weil man sich die Ausbildung des Staatssekretärs Paschedag in NRW einiges kosten ließ. Eigens für seine Nachschulung beschäftigte man die Opus Consulting Team Unternehmensberatung GmbH aus Bielefeld, um ihn und sein Team zu schulen.

Aber wenn es um das Wohl von Parteifreunden geht, kann das Landeswohl schon einmal hinten anstehen. Dann gilt auf einmal nichts mehr von dem, was man gegenüber anderen gerne einfordert. Dann versagt jede Kontrolle und wegen nicht einmal 9.000 Euro im Jahr wird Kredit in ganz anderer Höhe verspielt. Wie wenig Kontrolle und vor allem Selbstkontrolle bei den Grünen herrschen, machen auch andere Dinge im Zusammenhang mit Paschedag deutlich. So konnte er sich in Niedersachsen einen Audi A 8 als Dienstwagen bestellen, obwohl Staatssekretären höchstens ein Audi A 6 zustehen würde. In diesem Fall besonders peinlich, sein Minister, Christian Meyer fährt einen VW Jetta als Dienstwagen. Nachdem bekannt wurde, dass er in einen Besprechungsraum eine Klimaanlage hatte installieren lassen, ruderte Paschedag zurück und erklärte dies sei auf seine Kosten geschehen und auch die Kosten für den Unterhalt werde er tragen, worauf hin sich nun nicht nur der Norddeutsche Rundfunk fragt: „Warum das Ministerium diese Investition nicht trägt, ist unklar. Immerhin ist es ein Besprechungsraum, in dem auch Gäste empfangen werden. Offen ist auch die Frage, wann Paschedag die Idee kam, selbst zu zahlen. Vor oder nach dem Einbau, vor oder nach der Geschichte mit dem A 8(?)“ (http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/hannover/paschedag103.html).

Morgen steht jedenfalls auf der Tagesordnung der Sitzung des Niedersächsischen Landtages:

Wie steht die Landesregierung zum Verhalten des in der öffentlichen Berichterstattung als „Luxus-Staatssekretär“ bezeichneten Staatssekretärs Udo Paschedag (Bündnis 90/Die Grünen)?“ Es dürfte spannend sein, wie sich die Landesregierung hier verhält. Im Kern dürfte es um die Frage der Mehrbesoldung gehen. Die Opposition vertritt die Meinung, dass der Zuschlag von B 9 nach B 10 rechtswidrig war und dass es der entsprechende Kabinettsbeschluss ebenfalls ist. Damit geraten auch der Ministerpräsident Weil und die Justizministerin Niewisch-Lennartz ins Kreuzfeuer der Kritik.

Es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange Paschedag noch im Amt verbleibt? Politisch sind seine Tage längst gezählt.

Ministerpräsident Weil entlässt grünen „Luxus Staatssekretär“ Paschedag am 29.08.2013. Die Erklärung vor dem Landtag in Niedersachsen im Wortlaut:

"Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich darf Ihnen, auch vor dem Hintergrund der noch anstehenden Tagesordnung, Folgendes vortragen.

Ich werde der Landesregierung vorschlagen, Herrn Staatssekretär Udo Paschedag in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.Wir sind beide der Auffassung, dass vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit nicht mehr gegeben ist. Dieser Vorschlag erfolgt auch im Einvernehmen mit Landwirtschaftsminister Christian Meyer. Ich danke Herrn Paschedag für seine in den vergangenen Monaten für das Land Niedersachsen geleistete Arbeit.

Meinerseits darf ich hinzufügen, dass ich heute im Laufe des Tages davon Kenntnis erlangt haben, dass Herr Staatssekretär Paschedag im April dieses Jahres handschriftlich vermerkt hat, der Ministerpräsident habe der Beschaffung dieses A 8 zugestimmt. Das trifft nicht zu, worauf ich im vorliegenden Zusammenhang Wert legen muss.

Unabhängig davon bekunde ich Herrn Staatssekretär Paschedag meinen Respekt für seine Haltung und wünsche ihm und seiner Familie für die Zukunft alles Gute."

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