Olaf findet Otto gut

Hamburg Der 20ste Ehrenbürger seit 1948 soll der Unternehmer Dr. Michael Otto werden. Warum eigentlich?

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Das Ehrenbürgerrecht wurde ursprünglich an Nichthamburger verliehen, um sie so zu Hamburgern zu machen. Erstmals 1948 wurde ein Hamburger, der ehemalige Senator Henry Everling zur Feier seines 75. Geburtstages Ehrenbürger von Hamburg. Seitdem hat Hamburg weitere 18 Hamburgerinnen und Hamburger zu Ehrenbürgern gemacht, darunter waren vier Frauen. Zwei von Ihnen verheiratet mit Ehrenbürgern der Stadt, nämlich die beiden Hannelores, die eine Schmidt, die andere Greve.

Sieben dieser Ehrenbürger waren oder sind Politiker, sieben Unternehmer und drei Künstler. Einzig Hannelore (Loki) Schmidt bildet hier eine Sonderkategorie.

Nun soll also erneut ein Unternehmer Ehrenbürger werden, fehlen noch 1,5 Unternehmer um die 50 Prozent voll zu machen.

Dies ist sicherlich, denkt man daran welche Bedeutung Unternehmer für die Politik der Stadt Hamburg haben, nicht übertrieben. Nicht umsonst, wird Hamburg auch als die Stadt der Pfeffersäcke bezeichnet. Diese - ehemals - Spottbezeichnung auf die Kaufleute der Hanse, die ihr Geld häufig mit dem überseeischen Gewürzhandel machten, wofür Pfeffer pars pro toto stand, wird von Hamburgischen Kaufleuten eher als Ehrenbezeichnung, denn als Beleidigung verstanden.

Nun ist Michael Otto sicherlich nicht der typische Pfeffersack, dafür fehlt ihm der sprichwörtliche Geiz, der im protestantisch geprägten Hamburg bei vielen der Kaufleute nach wie vor als Tugend gilt. Gleichwohl ist auch er ein typischer Hamburger. Ein Teil seines Geldes hat er in Stiftungen und allerlei sinnvolle Projekte gesteckt. Auch dies eine Tugend Hanseatischen Geldadels, man hat es nicht nur, das Geld, es soll auch Gutes tun. Zumindest in feiner, manchmal auch in homöopathischer Dosierung.

Die Hamburger in Blankenese, Othmarschen, Nienstedten, Eppendorf und Harvesthehude sind verdammt stolz, dass es bei ihnen die meisten Stiftungen gibt und nennen sich deswegen auch stolz „Stiftungshauptstadt“. Das hören die Frankfurter und Würzburger Pfeffersackäquivalente nicht gerne, bezogen auf die Einwohner je Stiftung hätten sie mehr. Danach ist Frankfurt die Hauptstadt der Stifter. So mag es wohl sein und Hamburg kommt nur auf den dritten Platz. Dabei verfügen hier die annährend 1.300 Stiftungen über ein Gesamtvermögen von knapp 8 Mrd. Euro.

Michael Otto hat da schon noch ein bisschen mehr zu bieten, sein Vermögen beträgt lt. Hamburger Abendblatt (Oktober 2012) 8,2 Mrd. Euro. Damit steht er auf Platz 6 der Liste der reichsten Deutschen. Die Ottofamilie wird übrigens bei Forbes, dem einschlägigen Fachblatt für das Ranking der Reichen, in der Welt (2012) auf Platz 34, mit 17,6 Mrd. US-Dollar geführt.

Da kann schon `mal Sozialneid aufkommen. Olaf Scholz der Bürgermeister von Hamburg, der Senat und die Bürgerschaft fänden das aber falsch. Wobei die Bürgerschaft sich noch nicht geäußert hat, weil der Vorschlag des Senates erst am 18. Juni 2013 bekannt gegeben wurde. Es heißt in der entsprechenden Erklärung u.a.: „Dr. Michael Otto hat sich um seine Stadt verdient gemacht – als Unternehmerpersönlichkeit, als Stifter, als Kulturfreund und engagierter Bürger. Sein langjähriger und vielfältiger Einsatz im Sinne der Stadt Hamburg und ihrer Bürgerinnen und Bürger macht ihn zu einer herausragenden Persönlichkeit“.

Man könnte an dieser Stelle etwas zur ECE schreiben, in deren Stiftung Lebendige Stadt, Olaf Scholz Kuratoriumsmitglied war, oder zum Hermes Versand und den dortigen Arbeitsbedingungen. Beide Gesellschaften gehören zur Otto Group. Aber warum soll man die Person Michael Otto infrage stellen?

Jemand der über 8,2 Mrd. Euro Vermögen verfügt, wird dies nicht ohne die wertschöpfende Tätigkeit seiner Mitarbeiter(innen) geschafft haben. Das versteht sich doch wohl von selbst. Zugleich ist zu vermuten, dass er die diversen Möglichkeiten zur legalen Steuerverkürzung, die diejenigen, die jetzt Otto zum Ehrenbürger machen möchten, geschaffen haben, weidlich und klug genutzt haben wird. Er wird so mehr gespart haben, als er über Stiftungen etc. verteilt und trotzdem bleibt, dass er immerhin ein Teil seines unanständig großen Vermögens für gute Zwecke einsetzt. Das tun nicht alle Milliardäre.

Aber warum so jemand nun Ehrenbürger werden muss, erschließt sich eigentlich nur aus einer Tradition, die am sinnfälligsten durch Handelskammer und Rathaus, deren Gebäude zusammen stehen und die über einen gemeinsamen Innenhof verfügen, symbolisiert wird.

Brechts fragender und lesender Arbeiter wusste, dass die kleinen und arbeitenden Leute im Bewußtsein der Herrschenden nur da sind. Sie schaffen zwar die Werte, den Reichtum, die Elbphilharmonie usw. usf. aber erwähnt werden sie nie oder nur am Rande. Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?

Zumindest im Rahmen ihres Schulunterrichtes werden auch Sozialdemokraten davon gehört haben, dass es, wenn schon keine Klasse, so doch eine arbeitende Schicht gibt und dass die es ist, die dafür sorgt, dass die Dinge funktionieren. Das ist jetzt natürlich systemimmanent festgestellt.

Diese „Schicht“ besteht aus Menschen und diese haben Gesichter. Es sind zum Teil beeindruckende Persönlichkeiten, die sich in bewundernswerter Weise für das Gemeinwohl einsetzen. Das Eigentum was sie verpflichtet, sind sie selbst und sie machen nicht viel Aufhebens um sich und ihren Einsatz für das Allgemeinwohl.

Hätte man da nicht jemand finden können, der es verdiente Ehrenbürger der Stadt Hamburg zu werden. Wäre es nicht an der Zeit, dass außer Politikern, Unternehmern, Küstlern und Loki Schmidt auch einmal ein Mann oder eine Frau aus einfachsten Verhältnissen die höchste Ehre dieser Stadt zuteil wird?

So viele Fragen.

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