Wenn Giganten sterben

Zukunft: Stadtluft macht frei – gilt seit dem Mittelalter

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Nein, warum die mächtigen Saurier ihr Reich verloren, wissen wir nicht. Wir können auch nicht mit Sicherheit sagen, ob das Ende der alten Echsen das Debüt jenes kleinen, etwa rattengroßen Säugetieres ermöglichte, dessen genetische Brut Millionen Jahre später alle Lebensräume des Planeten prägt oder vielleicht gar zerstört. Nur gelegentlich finden sich noch zertriebene Knochentrümmer in alten Sedimentschichten, rätselhaft wie Ruinenfragmente.

Der Abschied der legendären Maya lädt heute noch zu neuen Theorien ein, Ermüdung und Dekadenz Roms stürzte die Stämme Europas in ein „finsteres Mittelalter“, und nicht immer findet das Schlüsselereignis einen Archivplatz im kollektiven Gedächtnis wie der Prager Fenstersturz, der den dreißigjährigen Krieg eröffnete. Zwischen Märtyrern und Helden kann erst die Nachwelt unterscheiden, und nicht jeder Querulant wird so erfolgreich wie Martin Luther, dessen Wirken die Hegemonie der päpstlichen Machthaber beendete und dadurch mittelbar die großartigste Bauruine des deutschen Mittelalters, den Kölner Dom, evozierte.

Wie ein frühes Menetekel ragt das mächtige Heck der sinkenden Titanic in eine eisgekühlte Polarnacht am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, das dank ungeahnter Kriegsgewalten und apokalyptischen Waffensystemen eine neue Eskalationsstufe auf dem Weg zur Überwindung der Menschlichkeit erreichte.

Was Menschen schaffen, wird durch Menschen gefährdet.... das gilt auch für das größte soziale Kunstwerk, das unsere Gesellschaft kennt, für die Stadt. Wir kennen die Eroberer von Karthago ebenso wie das Datum von Hiroshimas Vernichtung, und wir können den Krebs erkennen, der die verwüstete Metropole Detroit zerfrisst.

Was auch immer Anlass einer Ansiedlung, wer auch immer Begründer einer Stadt war, die Stärke der Stadtgemeinschaft, der Erfolg des Modells Stadt liegt im Ausgleich der verschiedenen Interessen, in der Verheißung bürgerlicher Freiheiten, in der Erwartung von Solidarität und in der berechtigten Hoffnung, in der Kommune seiner Wahl eine lebenswürdige Existenz führen zu können.

Wenn also jetzt eine verwirrte, einsame alte Frau im Tod vermutlich mehr mediale Aufmerksamkeit erfährt als in 67 Lebensjahren davor, wenn sie ungeahnte Solidarität erlebt in den letzten Tagen ihres öffentlichen Sterbens, können wir uns gerne fragen, ob wir nicht das Ende der Stadt erleben, wie wir sie kennen.

Der Kampf um die politische Deutung beginnt, mit diesen Worten endet ein Artikel in der taz, und dieser Satz klingt nicht hoffnungsvoll.

Hier Link zur Seite des Bündnisses gegen Zwangsräumung

http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/

Blick in die Presse

http://www.taz.de/Tod-nach-Zwangsraeumung/!114524/

http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/nach-zwangsraeumung-verstorbene-rentnerin-friedliche-mahnwache-fuer-rosemarie-f-/8056826.html



Nachtrag zum 296. Eintrag vom 20.04.2012: Hinter uns liegen die Chronolysen (in vier Akten)... die Timeline im Blog archinaut: ist inzwischen justiert. Dieser Blog berichtet aus Deiner Welt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

Ich werde Euch nicht schonen. Öffne Deine Augen.

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Geschrieben von

archinaut

Ein Blick weitet den Horizont: Dieser Blog zieht um die deutschen Häuser

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