"American Hero" von Larry Beinhart

Buchbesprechung Mit Vorwort zur Neuausgabe 2020 und neuem Schlusskapitel vom Autor. Beinharter Politthriller im Hardboiled-Stil mit erotischer Würze, der nach wie vor aktuell ist

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Im jungen Kindesalter glaubten viele von uns möglicherweise an den Weihnachtsmann, der Heiligabend Geschenke bringt. Vielleicht auch an den Klapperstorch und daran, dass, wenn wir ein Kandiszuckerl aufs Fensterbrett legen, der Vogel uns ein Schwesterchen oder Brüderchen bringen würde…

Und uns wurde ansonsten später noch so manches glauben gemacht. Beispielsweise, dass die USA allen möglichen Ländern – auch denen, welche gar nicht darum gebeten hatten – Frieden und die Demokratie brächten. Nun ja, betreffs dessen kamen meiner Generation, die seinerzeit etwas vom Vietnam-Krieg mitbekommen haben schon bald erste ernst stimmende Zweifel. Etwa wenn abends in der Tagesschau vom Napalm verbrannte nackte Kinder gezeigt wurden, die mit angstverzerrten Gesichtern davon rannten. Und bei so manch anderen schrecklichen Kriegsbildern, die später folgen sollten.

Und dann schließlich in den 1990er Jahren fielen gewiss immer mehr vom Glauben ab. In den Jahren also, in denen wir alle Chancen gehabt hätten eine Welt zu bauen, in der alle Menschen würden friedlich zusammenleben können. Auch dieser, mit berechtigter Hoffnung erfüllte Glaube wurde uns genommen. Das Zeitfenster – wie man damals zu sagen begann – schloss sich wieder. Die Hoffnungen zerstoben. Denn da „kam“ der US-Krieg von George Bush dem Älteren gegen den Irak, gegen Saddam Hussein.

Und dann „kamen“ weitere Kriege. In Jugoslawien, in Afghanistan und in Libyen. Am Krieg gegen den Iran wird noch gearbeitet …

Im Zweiten Irak-Krieg unter Bush dem Jüngeren ging es dann wieder gegen den zuvor propagandistisch zu einem neuen Hitler gemachten, um den Diktator, der gewiss kein Engel gewesen ist, entsprechend zu dämonisieren und ihn schließlich zur Strecke zu bringen. Das Syrien-Abenteuer ging in die Hose.

An was können wir noch glauben? Oder: müssen wir am Ende gar dran glauben?

„Wir leben in einer Welt mit zu wenig Wahrheit und zu vieler institutionalisierter Lügen. Das wiederum hat den Weg bereitet für Donald Trump, Boris Johnson, Viktor Orhan und ihresgleichen. Wenn sie lügen, an wen wenden sich die Menschen, wenn sie Wahrheit wollen?“ Der große Feind der Lügen ist die Wirklichkeit. Sie schlägt zu, sie beißt, sie bricht aus, sie vernichtet. Sie ist leider der schmerzhafteste Weg, zur Wahrheit vorzustoßen. Können wir Hüter finden, die uns zur Wahrheit führen, bevor es weh tut? Bis dahin hat dieses Buch eine Menge Spaß zu bieten.“

Das Buch von dem die Rede ist trägt den Titel „American Hero“, ein Roman von Larry Beinhart. Es ist kürzlich im Westend Verlag in einer Übersetzung aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger und Peter Torberg nun zum ersten Mal mit einem neuen Schlusskapitel auf Deutsch erschienen. Die etwas weiter oben zitierten Zeilen stammen vom Autor aus dem „Vorwort zur Neuausgabe 2020“ ab S. 8, das so beginnt:

„Die Wahrheit zu sagen ist harte Arbeit.

Und wird schlecht bezahlt.

Und oft will sie niemand wissen.“

Der internationale Bestseller liegt jetzt endlich zum ersten Mal mit einem weiteren Vorwort und allen Ergänzungen des Autors wieder in deutscher Fassung vor. Für einen Roman vielleicht etwas außergewöhnlich: Das Buch hat viele Fußnoten. In diesen Anmerkungen kann man jede Menge politische und historische Hintergründe nachlesen und etwas über im Buch erwähnten Personen, die tatsächlich existierten bzw. noch existieren erfahren. Larry Beinhart hat natürlich mit Fiktionen gearbeitet, aber diese mit wirklich Geschehenem unterstützt, was den Roman historisch interessant und authentisch macht.

Beinhart erzählte „Realsatire aus der Küche des 'großen Satans'“

Beinhart – Nomen est omen - erzählt der Schriftsteller „Realsatire aus der Küche des 'großen Satans'“, schreibt der Westend Verlag: „Es ist die Zeit von George Bush senior, der um jeden Preis wiedergewählt werden will. Sein Berater Lee Atwater, exzellenter Stratege und Machtmensch, entwickelt noch auf dem Sterbebett einen Notfallplan, der die Wiederwahl garantieren soll: die Inszenierung eines Kriegs auf Hollywood-Niveau, ein Krieg als Medienereignis, ein Medienrauschen, das wie ein zäher Brei alle Wahrheiten erstickt.“ Kommt Ihnen das vielleicht bekannt vor? Westend: „Der Thriller erschien 1993 in USA unter dem Titel American Hero und wurde ein internationaler Riesenerfolg. Unter dem Titel Wag the Dog, kongenial mit Dustin Hoffmann, Robert de Niro und Woody Harrelson verfilmt, kam eine stark veränderte Fassung 1997 ins Kino und wurde ebenfalls ein Welterfolg.“ Und kam uns damals der Beginn dieses Ersten Irak-Krieges, die im TV gezeigten grünstichigen Aufnahmen, nicht zunächst auch wie ein Film bzw. ein Videospiel vor?

Auch die Personage des Romans ist interessant. Um nur die wichtigsten Protagonisten zu erwähen. Der mit allen Wassern gewaschene

Securitymann Joseph Broz (entlehnt von Titos Name: Josip Broz Tito) mit Vietnam-Kriegserfahrung und die sexy Hollywood Schauspielerin Magdalena Lazlo. Ein paar, das uns im Roman einige erotische Momente beschert. Dazu reichlich vorhanden im Buch Freunde und Feinde. Und wir erhalten Einblicke die Politik und in das schillernde und weniger schillernde Treiben und Leben der Filmleute und Hollywoods. Da kommt keine Langeweile auf.

Im Schlusskapitel „Verschwörung“ lesen wir an dessen Ende (S. 429):

„Das Hauptargument für die offizielle Geschichte des Krieges ist unser Glaube, dass ein Präsident

der Vereinigten Staaten die hier erwähnten Dinge niemals tun würde. Ein Präsident würde keine Filmregisseure anheuern, um sich beraten zu lassen, was er sagen und tun soll. Präsidenten konstruieren keine Zwischenfälle, um einen Krieg auszulösen. Ein Präsident würde keine Entscheidungen über Leben und Tod treffen, nur um wiedergewählt zu werden. Unsere Staatsmänner sind Männer, die Ehre über Eigennutz stellen.“

Ja, mit dem Glaube ist es eben so eine Sache. Wenn wir als Leser*innen ein paar Jährchen auf dem Buckel haben wissen wir das ...

Lesen! Ein hochpolitischer, zuweilen spannender, abwechslungsreicher, mit Prisen von Erotik gewürzter Roman, der durchaus aktuelle Bezüge herzustellen vermag. Ein Roman auch, welcher nicht nur in seinem Schreibstil an die hardboiled Krimis/Thriller erinnert. Und aus diesem Grunde zu Lesen Spaß macht.

Larry Beinhart

American Hero

Übersetzt von Peter Torberg

Ausstattung:

Klappenbroschur

Artikelnummer:

9783864892912

Preis: 17,95 Euro

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

asansörpress35

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden